Wie schon im Vorfeld der Partie befürchtet, erwies sich der TVB Stuttgart als Angstgegner für die MT Melsungen. Beim 21:26 (9:13) vermochten die Gastgeber lediglich in der Anfangsphase ein paar Akzente zu setzen, scheiterten dann aber sowohl an eigenen Unzulänglichkeiten als auch vor allem an TVB-Schlussmann Johannes Bitter. Der zog den MT-Angreifern schon vor dem Seitenwechsel den Zahn und avacierte wie schon im Hinspiel zum Matchwinner für die Schwaben. Vor 3.797 Zuschauern in der Kasseler Rothenbach-Halle war Marino Maric mit vier Toren bester Melsunger Schütze, für Stuttgart war Patrick Zieker sechsmal erfolgreich, davon dreimal per Siebenmeter.
Gegensätzlicher hätten die Nachrichten aus beiden Lagern unmittelbar vor dem Spiel nicht sein können. Während Stuttgart auf die Fingerverletzung von David Schmidt kurzfristig mit der Verpflichtung des ehemaligen Weltmeisters Christian Zeitz reagierte, der dann auch sofort in der Startformation auftauchte, mussten die Melsunger neben Felix Danner auch noch auf Michael Allendorf und Timm Schneider verzichten. Wodurch Youngster Fin Backs zwar als Backup für Yves Kunkel in den Kader rücken konnte, Marino Maric aber definitiv der einzige Kreisläufer im Aufgebot war.
Dennoch gehörten die ersten Aktionen dem Gastgeber. Gleich der erste Ballgewinn, gut gespielte erste Welle über Lasse Mikkelsen und Julius Kühn und weil Johannes Bitter dessen Wurf parieren konnte, Yves Kunkel im Nachfassen – 1:0 (1.). Danach allerdings erwies sich der TVB als der erwartet unbequeme Gegner. Dessen Star-Neuzugang gleich mal den ersten Ausgleich markierte und der gute Lösungen gegen Rot-Weiß sowohl in Verteidigung als auch Angriff fand und Melsunger Führungen jeweils ausglich. Dabei immer wieder in Fokus: Christian Zeitz, der zum 4:4 bereits zum zweiten Mal zuschlug (10.).
Es dauerte gar nicht lange, da waren die Schwaben sogar in Vorlage. Nachdem Julius Kühn neben den Kasten gezielt hatte, machte es Rudolf Faluvegi mit einem Wurf genau in den oberen Torwinkel besser. Und Kai Häfners Fahrkarte, bei der er allerdings ungeahndet regelwidrig behindert worden war, beantwortete Robert Markotic. Damit nicht genug: Häfners zweiten Fehlwurf hintereinander nutzte Sascha Pfattheicher zum 5:8 (15.). Erst Marino Maric brach den Bann, doch nach Dominik Weiss‘ unmittelbar darauffolgenden Schlagwurf ins Eck hatte Heiko Grimm Redebedarf: Auszeit MT (17.).
Spielerisch sah es dann mit der Hereinnahme von Domagoj Pavlovic für Julius Kühn besser aus. Jedoch: Jogi bitter entwickelte sich mehr und mehr zum Schreckgespenst der Nordhessen. Einen Wurf von Kai Häfner fing er sogar und der nächste des Linkshänders landete, weil er es besonders gut machen wollte, an der Unterkante der Latte (6:10, 20.). Johan Sjöstrand kam, nachdem der bis dahin glücklose Nebojsa Simic zum dritten Mal von Zeitz düpiert worden war und hielt prompt gleich dessen nächsten Versuch. Doch auch, dass Yves Kunkel vorgezogen die TVB-Angreifer störte, hinderte dir nicht daran, weiter das Geschehen zu bestimmen. Natürlich immer wieder glänzend unterstützt von Jogi Bitter, der gegen Lasse Mikkelsen nach 27 Minuten bereits seine zehnte Parade zeigte. So war der Pausenstand von 9:13 nicht weiter verwunderlich, sondern folgerichtig.
Die zweite Hälfte begann fast wie die erste: zunächst einmal mit einem Tor von Yves Kunkel. Nur die Antwort von Christian Zeitz verhinderte Johan Sjöstrand und vorn legte Marino Maric nach zum 11:13 (32.). Als Kunkel erneut traf und den Anschluss herstellte, wähnte man die MT endlich auf dem Richtigen Weg. Doch unsauber gespielte Angriffe mit Ballverlust und Pech im Abschluss (Pavlovic an den Pfosten) machten alles wieder zunichte. Dreimal in Folge hielten sich die Gäste schadlos und hatten nach Adam Lönns 12:16 den Pausenabstand wieder hergestellt. Natürlich mit der Folge der nächsten Auszeit durch Heiko Grimm (38.).
Es wurde nicht besser, eher im Gegenteil. Riesige Löcher in der Abwehr, durch die Max Häfner vollkommen unberührt spazierte (13:17, 39.) oder haarsträubende Fehler im Vorwärtsgang, die Pfattheicher im Tempogegenstoß nutzte (13:18, 40.). Und als der völlig indisponierte Kai Häfner für Stefan Salger Platz gemacht hatte, handelte der sich sofort eine Strafe ein. Den fälligen Siebenmeter verwandelte Patrick Zieker ebenso sicher wie den nächsten kurz darauf: die MT lag nach knapp drei Vierteln der Spielzeit mit 14:20 hinten (43.).
Der negative Höhepunkt folgte gut zehn Minuten vor Schluss. Marino Maric wollte im Abwehrzentrum einen Pass an den Kreis verhindern und boxte den Ball kurz vor Zarko Pesevski, dem das Tor offiziell zuerkann wurde, weg – am verdutzten Johan Sjöstrand vorbei ins eigene Tor zum 15:23 (48.). Den nächsten Nachweis, dass an diesem Abend wirklich gar nichts ging, lieferte Lasse Mikkelsen, der von der Siebenmeterlinie am glänzend reagierenden Jogi Bitter scheiterte (18:23, 53.). Und zu allem Überfluss, als Kunkel schon auf der Strafbank saß, wanderte Stefan Salger hinterher, weil ihn ein Stuttgarter auf Max Häfner draufgeschubst hatte. So war der Rest der Partie dann nur mehr statistisch von Wert, auch wenn sich Johan Sjöstrand noch mehrfach auszeichnen konnte. Weil es ihm jedoch auf der Gegenseite Jogi Bitter nachmachte, änderte sich an der ebenso klaren wie verdienten Niederlage Melsungens nichts mehr.
Stimmen zum Spiel
Heiko Grimm: Glückwunsch dem TVB und Jürgen zum absolut verdienten Sieg. Es ist schlimm, so etwas sagen zu müssen, aber wir waren über 60 Minuten chancenlos. Wir werden dieses Spiel mal wieder analysieren müssen. Wir haben vorn agiert ohne jegliche Intensität und uns hinten auseinander spielen lassen. Heute müssen wir uns bei allen entschuldigen für unsere Leistung, beziehungsweise unsere Nicht-Leistung. Aber wir gewinnen zusammen und verlieren zusammen. Übermorgen geht es schon weiter für uns und dann müssen wir Reaktion zeigen.
Jürgen Schweikardt: Sie alle können die Tabelle lesen und wissen damit, wie wichtig dieser Sieg für uns war. Wir haben diese Saisonschon viele gute Spiele gemacht, aber dann nicht zu Ende gebracht. Heute war unser Paket aus Abwehr und Jogi Bitter sehr gut. Melsungen hat sich dagegen schwer getan, weil wir alles uns Mögliche getan haben. Sicher hatte Melsungen heute auch einen schlechten Tag. Aber man sieht, was wir in der Defensive zu leisten imstande sind. Sehr froh bin ich über den Einstand von Christian Zeitz. Der Mann hat sicher alles erlebt, ist aber vor so einem Spiel dann auch etwas nervös. Insgesamt sind wir sicher glücklich über den Sieg.
Axel Geerken: Auch von mir Glückwünsche an Jürgen und den TVB. Das war eine riesige Enttäuschung und ich bin stinksauer. Weil ich nicht verstehe, wie wir uns nach dem guten Auftakt in den zweiten Saisonteil mit siegen bei den Rhein-Neckar Löwen und gegen Opole so präsentieren können. Heiko hat schon das Wort „Entschuldigung“ gebraucht und auch ich kann mich nur bei unseren Zuschauern entschuldigen. Gleichzeitig aber auch bedanken bei unseren Fans, die uns trotzdem noch fair weiter unterstützt haben trotz dieser schlechten Leistung. Ganz schlecht ist auch, dass wir uns unsere guten Leistungen von zuletzt so nun wieder selbst kaputt machen.
Statistik
MT Melsungen: Simic (1 Paraden / 11 Gegentore), Sjöstrand (9 P. / 15 G.); Maric 4, Kühn 3, Lemke, Reichmann 3/2, Ignatow 1, Kunkel 3, Mikkelsen 1, Sidorowicz 1, Häfner 2, Backs, Salger 2, Pavlovic 1 – Trainer Heiko Grimm.
TVB Stuttgart: Bitter (18 P. / 20 G.), Lehmann (bei einem Siebenmeter, 0 P. / 1 G.); Häfner 3, Asgeirsson, Weiss 2, Faluvegi 1, Späth 1, Lönn 3, Markotic 2, Röthlisberger, Zeitz 3, Foege, Zieker 6/3, Pfattheicher 5, Pesevski, Wieling – Trainer Jürgen Schweikardt.
Schiedsrichter: Jannik Otto (Syke-Barrien) / Raphael Piper (Kiel)
Zeitstrafen: 8 – 8 (Salger 40:57 53:26, Pavlovic 48:29, Kunkel 53:10 – Markotic 18:59 29:02, Lönn 48:01, Zieker 57:47)
Strafwürfe: 3/2 – 3/3 (Mikkelsen scheitert an Bitter 52:17)
Zuschauer: 3.797 in der Rothenbach-Halle, Kassel.
Das nächste Spiel:
Sa, 15.02.20, 17:15 Uhr, SL Benfica (POR) – MT Melsungen, Pav. Luz No. 2, Lisboa
[metaslider id=20815]
+ There are no comments
Add yours