Innovative Holzbautechnik der Universität Kassel gemeinsam mit Stadt Kassel erstmalig genutzt

Estimated read time 4 min read
[metaslider id=10234]
Im Rahmen der Ganztagserweiterung an der Ernst-Leinius-Schule wird auf 30 Quadratmetern eine neue, von der Universität Kassel entwickelte Holz-Beton-Verbundbauweise erstmalig in der Praxis erprobt. Die neue Technik wurde von der Universität Kassel mit dem Ziel entwickelt, die Qualität und Nachhaltigkeit des modernen Holzbaus weiter zu optimieren.
„Holz ist wesentlicher Baustoff für eine klimaneutrale Zukunft“, so Stadtbaurat Christof Nolda. „Wann immer es möglich ist, baut die Stadt Kassel inzwischen in CO2-sparender Holzbauweise. Ich freue mich dabei sehr über das Kooperationsprojekt mit der Universität Kassel, die ihren Ruf als nachhaltigen Innovationsschmiede wieder unter Beweis stellt. Als Stadt Kassel unterstützen wir angewandte Forschungsprojekte dieser Art nach Kräften, um das Bauen mit Holz noch weiter zu optimieren.“

 

Materialmix bringt die entscheidenden Vorteile

Verbundbauteile aus Holz und Beton kombinieren die Vorteile beider Werkstoffe: Holz bietet eine hohe Tragfähigkeit, bei gleichzeitig geringem Gewicht. Die Masse des Betons verbessert den Schallschutz und das Schwingungsverhalten. Diese Vorteile kommen besonders gut bei Deckenkonstruktionen zum Tragen, da auf diese Weise ein erheblicher Anteil des klimaschädlichen Betons eingespart wird. Zudem kann die Holzkonstruktion schnell und maßhaltig errichtet werden.

 

Diese geklebte Holz-Beton-Verbundbauweise wurde am Fachgebiet Bauwerkserhaltung und Holzbau der Universität Kassel im Rahmen unterschiedlicher Forschungsprojekte entwickelt und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. „Bisher wird bei der Herstellung von Holz-Beton-Verbunddecken der Beton auf der Baustelle mit dem Mischfahrzeug angeliefert und als Ortbeton, also als flüssige Masse vergossen. Dadurch gehen die Vorteile des Holzbaus teilweise wieder verloren“, so Professor Werner Seim, der die Praxisanwendung gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Jens Frohmüller vorbereitet hat.

 

Ermöglicht haben diesen wegweisenden Schritt hin zu mehr Qualität und Nachhaltigkeit beim Bauen die Stadt Kassel als Bauherr sowie die verantwortlichen Planer. Dr.-Ing. Johannes Hummel vom Tragwerksplanungsbüro EFG Beratende Ingenieure hat das Pilotprojekt angestoßen: „Durch den engen Kontakt zur Universität habe ich die Fortschritte der Forschung an der Holz-Beton-Verbundbauweise stets mitverfolgt und in dem Bauvorhaben der Ernst-Leinius-Schule die ideale Möglichkeit für eine Pilotanwendung gesehen. Der Bauherr und die Architekten waren sofort begeistert. Es wurde Hand in Hand gearbeitet und alle haben an einem Strang gezogen.“

 

Das Verfahren wurde entwickelt, um in Zukunft auf der Baustelle keinen Ortbeton, sondern Stahlbetonfertigteile verwenden zu können. Diese werden in der Werkhalle produziert und mit dem LKW direkt zur Baustelle transportiert. Dort erfolgt nochmals eine abschließende Qualitätskontrolle bevor die Fertigteile mit den bereits an Ort und Stelle montierten Holzbauteilen verklebt werden.

 

Bau wird wissenschaftlich begleitet

An der Ernst-Leinius-Schule wird diese neue Bauweise auf einen Teilbereich der Decke erstmalig in der Praxis angewendet, wissenschaftlich begleitet und über die nächsten Jahre mit besonderen Messverfahren beobachtet.

Manfred Lenhart vom Architekturbüro Baufrösche verantwortet als Architekt den Erweiterungsbau an der Ernst-Leinius-Schule: „Natürlich ist es nicht einfach bei der derzeitigen Baukonjunktur, wo alles schnell gehen muss und überall Kapazitäten fehlen, die praktische Erprobung eines Forschungsprojektes in ein Bauvorhaben zu integrieren. Aber genau das macht für uns den besonderen Reiz aus. Im modernen Holzbau steckt viel Potenzial, wir freuen uns als Architekten an der Weiterentwicklung teilzuhaben.“ Vor Ort wurde die Umsetzung vom Holzbaufachbetrieb „Langhuth Holzbau“ unterstützt.

 

Hintergrund:

Die Ernst-Leinius-Schule wurde 1960 als Grundschule in Pavillonbauweise in Harleshausen errichtet. Um der Ausweitung der Ganztagsangebote räumlich gerecht zu werden, wird ein zweigeschossiger Erweiterungsneubau und eine Erweiterung der Mensa gebaut. Hierdurch entsteht eine zeitgemäße „Clusterschule“ mit offener Lernlandschaft und themenbezogenen Lernräumen.

Das Gebäude wird außerdem als erste Schule in Kassel in einer besonderen Holzbauweise, dem Massivholzbau errichtet und stellt damit ein Kasseler Pilotprojekt dar. Nachdem Stadtbaurat Christof Nolda und das Hochbauamt für das Projekt die Umsetzung in Holzbauweise vorgegeben hatte, schlugen das Büro Baufrösche Architekten die Umsetzung in Massivholzbauweise vor, was das Hochbauamt ausdrücklich begrüßte.

Nachdem im Herbst vergangenen Jahres die für die Technik notwendige Teilunterkellerung und die Bodenplatte in Stahlbeton errichtet wurden, konnte Anfang Mai mit den vorbereitenden Arbeiten für den Holzbau begonnen werden. Am Montag, 16. Mai, wurden die in Süddeutschland hergestellten Wandelementen für das Erdgeschoss geliefert. Die Zimmerei Langhuth aus Lohfelden, die den Auftrag für den Holzbau nach europaweiter Ausschreibung erhalten hatte, montierte die Wandelemente in zwei Tagen. Innerhalb von fünf Tagen wurde das Erdgeschoss einschließlich der Deckenelemente errichtet. Die komplette Montage des „Holzrohbaus“ für die rund 3.000 Quadratmeter große Schulerweiterung wird innerhalb von zwei Wochen erfolgen.

Die Fertigstellung der Schule ist Mitte 2023 geplant.

documenta-Stadt Kassel


[metaslider id=20815]

More From Author

+ There are no comments

Add yours