Der Ukraine-Krieg und die neue Weltordnung

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14. November 2023

Stimmt die Annahme, dass die Gefahr eines direkten Zusammenstosses zwischen den Grossmächten ‒ USA und Russland ‒ und der Ausbruch eines Atomkriegs heute akuter sind als im Kalten Krieg?

Und wie ist der Krieg in der Ukraine diesbezüglich einzuordnen? Deshalb wage ich den Versuch, die ersten Schlüsse aus dem Ukraine-Russland-Konflikt zu ziehen.
Zunächst ein historischer Blick auf vergangene Kriege. Die hochintensiven Kämpfe in der Ukraine sind der grösste Konflikt seit dem Iran-Irak-Krieg von 1980 bis 1988. Vergleiche mit letzteren sind nur unter dem Gesichtspunkt des Massstabs legitim. Denn der politische Charakter der heutigen Ereignisse und die Vielzahl der mehr oder weniger involvierten Parteien machen den Ukrainekrieg allerdings einzigartig. Der Konflikt in der Ukraine ist ein Produkt der Widersprüche zwischen den beiden Grossmächten USA und Russland.

Ein weiterer historischer Präzedenzfall für den Ukraine-Konflikt ist der Koreakrieg, der vor fast siebzig Jahren endete. Er unterschied sich stark vom Konflikt in der Ukraine in Bezug auf Kampftaktik und militärische Ausrüstung, aber in politischen Aspekten ist er nahe an dem, was heute passiert. In beiden Fällen ist eine grosse Atommacht gezwungen, Truppen in einen langwierigen Feldzug mit einem nicht-nuklearen Regionalstaat zu entsenden, der militärische und militärtechnische Unterstützung von einer anderen, feindlichen Atommacht erhält. In beiden Fällen geht es nicht so sehr um das Schicksal des Landes, auf dessen Territorium sich das Kriegsgeschehen abspielt, sondern um die Zukunft der Weltordnung insgesamt.

Auch der Ausgang des Ukraine-Konflikts wird sich direkt auf die US-geführte Weltordnung auswirken. Noch vor Beginn der russischen militärischen Sonderoperation sagte Aussenminister Antony Blinken in einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat am 17. Februar 2022, dass in dem Konflikt „die Ziele weit über die Ukraine hinausgehen. Dies ist ein Moment der Bedrohung für das Leben und die Sicherheit von Millionen von Menschen sowie für die Grundlagen der UN-Charta und der regelbasierten internationalen Ordnung, die die Stabilität auf der ganzen Welt gewährleistet.“ Solche Aussagen heben die weltweite Bedeutung des Geschehens in der Ukraine hervor, was die USA zweifellos erkannt haben.

Wie die Sowjetunion in Korea engagieren sich die USA in der Ukraine mit ihren eigenen Streitkräften in begrenztem, aber bedeutendem Masse. Wie im Falle Koreas wird dieses US-amerikanische Engagement auf eine Weise durchgeführt, das die Wahrscheinlichkeit einer vertikalen Eskalation minimiert.

Solch hohe Einsätze, kombiniert mit dem Faktor Atomwaffen, bestimmen die Art des Konflikts damals wie heute. So war die strategische Bedeutung der Beteiligung der UdSSR am Korea-Krieg sehr gross. Es waren die sowjetischen Aktionen, die die von Washington geführten UN-Truppen daran hinderten, die Luftüberlegenheit auszuüben, die Nachschublinien der chinesischen und nordkoreanischen Truppen zu unterbrechen und das Gebiet der Feindseligkeiten zu isolieren. In der Folge entwickelte sich ein langwieriger Krieg mit erheblichen amerikanischen Verlusten ‒ 36.100 Tote, mehr als 100.000 Verwundete.

In der Ukraine sind US-Aufklärungssatelliten, Aufklärungsflugzeuge und Drohnen Teil eines gewaltigen Aufklärungs- und Angriffsszenarios, das auch ukrainisch kontrollierte Feuerkraft, wie z. B.
Raketensysteme, beinhaltet. Wahrscheinlich führen die Ukrainer nach amerikanischen Zielvorgaben die meisten Angriffe mit Langstreckenwaffen durch, was zu russischen Verlusten führt.

Wie in Korea ist auch für die andere Seite die begrenzte Beteiligung einer feindlichen Supermacht an Feindseligkeiten kein Geheimnis. Der Wunsch, eine Eskalation zu vermeiden, schreckte die Amerikaner in den 1950er Jahren ab und hält Russland auch heute davon ab, die in den Konflikt verwickelten feindlichen, nicht-ukrainischen Kräfte anzugreifen. Die Vereinigten Staaten haben damals keine sowjetischen Kampfstützpunkte getroffen und Russland hat heute noch keine amerikanischen Satelliten abgeschossen, die heute vom ukrainischen Geheimdienst-, Kommunikations- und Kontrollsystem aktiv genutzt werden.

Heute tragen die Supermächte und ihre engsten Partner, die nicht direkt an der Militäroperation beteiligt sind, die Hauptlast der Versorgung ihrer ukrainischen Verbündeten, die ihrerseits die Hauptlast des Konflikts an der Frontlinie und im ukrainischen Hinterland tragen. Hierfür werden erhebliche Ressourcen aufgewendet. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft belief sich die Auslandshilfe für die Ukraine von Januar 2022 bis Mai 2023 auf 165 Milliarden Euro.

Wie der Koreakrieg wird auch der Feldzug in der Ukraine im Schatten von Atomwaffen geführt, die nicht eingesetzt werden, sondern den Rahmen vorgeben. Ab einem bestimmten Punkt führt die Eskalation allerdings dazu, dass nukleare Optionen in Betracht gezogen werden. Während des Koreakrieges ersuchte General Douglas MacArthur Präsident Harry Truman um die Erlaubnis, Atomwaffen einzusetzen, um eine drohende Niederlage zu vermeiden. Obwohl der Westen heute Moskau vorwirft, „eine nukleare Keule zu schwingen“, hat Russland in diesen Tagen nie offiziell über seine Absicht gesprochen, Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen, oder angedeutet, dass ein solcher Einsatz ernsthaft in Betracht gezogen wird. Verschiedene Äusserungen russischer Politiker ‒ allen voran Medwedew ‒ über eine mögliche nukleare Eskalation zielen darauf ab, eine offene Intervention der NATO in den Konflikt zu verhindern und sie haben sich bisher als wirksam erwiesen.

Sowohl der Koreakrieg als auch der Krieg in der Ukraine fielen und fallen mit Perioden der strukturellen Umstrukturierung des Weltsystems der internationalen Beziehungen zusammen. Sie sind deshalb als ein Kampf um das Recht, eine Rolle bei der Gestaltung der zukünftigen Weltordnung zu spielen, zu betrachten.
Der Koreakrieg war ein wichtiger Schritt bei der Schaffung eines bipolaren Systems im Lichte des Trends zur amerikanischen Hegemonie nach dem Zweiten Weltkrieg. Wäre es den USA gelungen, einen Erdrutschsieg zu erringen, indem sie die kommunistischen Kräfte besiegten und die Halbinsel unter der Kontrolle des Regimes in Seoul vereinten, wäre das Aufkommen der Bipolarität verhindert oder auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Das Ausbleiben eines überzeugenden amerikanischen Sieges trotz erheblicher Anstrengungen seitens Washingtons bedeutete, dass Amerika einen vergleichbaren Gegner hatte. Spätere sowjetische Erfolge bei der Entwicklung der Wirtschaft, der Raketen- und Nukleartechnologien und der Herstellung der nuklearen Parität belegen diesen Trend. Auf der anderen Seite konnten die Vereinigten Staaten ihre globalen Ziele nicht erreichten, aber es gelang, eine schwere Niederlage zu vermeiden. Südkorea wurde gerettet, das System der amerikanischen Bündnisse gefestigt.
In den späten 1980er und frühen 1990er Jahren wurden grosse Veränderung der Weltordnung – der Übergang von der Bipolarität zur Unipolarität – aufgrund der einseitigen Aufgabe der
weltpolitischen Position der Sowjetunion und der anschliessenden Selbstliquidierung möglich.
Diese Veränderungen waren aber nicht von militärischen Aktionen begleitet, obwohl die Gefahr eines grossen Krieges während einer Übergangsphase in der Entwicklung der Weltordnung im-
mer besteht.

Im Kontext der Ukraine-Krise ist Russland, das direkt in die Krise verwickelt ist, nicht der Haupttreiber der Veränderungen des Kräfteverhältnisses in der Welt, obwohl es dazu beiträgt.
Dies ist wichtig zu verstehen! Die Veränderungen sind weitgehend auf die innere Schwächung der Vereinigten Staaten zurückzuführen, die sich in der Verschlechterung ihrer Rolle in der Weltwirtschaft, der raschen Anhäufung von Schulden, der Zunahme soziopolitischer Spannungen und der zunehmenden Dysfunktionalität der Innenpolitik widerspiegelt. Ein schwacher US-Präsident Biden gehört auch dazu!

Diese inneren US-amerikanischen Veränderungen wirken sich auf den gesamten „Westen“ aus. Zum Beispiel ist die Schwäche der EU an vielen konkreten Beispielen festzumachen. Vor diesem Hintergrund hat die Entwicklung Chinas zur Entstehung eines alternativen Wirtschaftszentrums geführt, das nicht zu ignorieren ist. Auch die Entwicklung anderer nicht-westlicher Mächte ‒ früher plakativ als Dritte Welt, heute als BRICS bezeichnet ‒ verlief nicht so schnell, aber sie hat auch Amerikas Position verkompliziert.
Die Ukraine wird von den Vereinigten Staaten als Instrument wahrgenommen, um Russland eine strategische Niederlage zuzufügen. Russland ist nicht der mächtigste, aber der härteste und ak-
tivste Gegner in der internationalen Arena. Zumindest soll eine Niederlage Russland als bedeutenden Teilnehmer an der internationalen Politik eliminieren und anderen potenziellen Gegnern eine Lektion erteilen. Ein Sieg über Russland im Ukraine-Krieg soll zu einem Regimewechsel in Moskau führen und gleichzeitig den Status der Vereinigten Staaten als unangefochtenen Hegemon für lange Zeit sichern.

Die wichtigsten Instrumente zur Erreichung dieser Ziele waren die militärische Unterstützung der ukrainischen Bemühungen und die massiven politischen und wirtschaftlichen Sanktionen ge-
gen Russland.
Nach Abschluss dieser Aufgabe in der Ukraine hofften die Vereinigten Staaten, alle Ressourcen ‒ ihre eigenen und die ihrer Verbündeten ‒ auf die wirtschaftliche Isolierung und den militärischen Druck auf China konzentrieren zu können. Ziel ist es, das Wirtschaftswachstum zu untergraben und die VR China intern zu destabilisieren, indem man China den Zugang zu ausländischen Märkten, Technologiequellen und strategisch wichtigen Ressourcen abschneidet. Die Grösse der VR China als Gegner erlaubt es, nur unter den Bedingungen einer vollständigen Konzentration aller den Vereinigten Staaten zur Verfügung stehenden Kräfte auf Erfolg zu hoffen.

Die Vereinigten Staaten haben bereits erhebliche Verluste erlitten, weil sie nicht in der Lage waren, Russland davon abzuhalten, eine militärische Operation zu starten, es zu einer schnellen
Niederlage zu führen und seinen Partner, die Ukraine, vor Verlusten und Zerstörungen zu bewahren. Die Sanktionen gegen Russland sind für den Westen mit hohen wirtschaftlichen Kosten ver-
bunden, die bereits beginnen, sich auch auf das Wohlstandniveau der eigenen Bevölkerung auszuwirken und dort weitere Verschärfungen zu erwarten sind. Die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte im Ausland hat den Prozess der Abkehr vom Dollar und westlichen Finanzinfrastrukturdienstleistungen auf der ganzen Welt vorangetrieben. Russland gelang es, eine wirtschaftliche und innenpolitische Destabilisierung zu vermeiden, seine eigene Wirtschaft zu militarisieren und seine Armee aufzurüsten.
Anders als in westlichen Staaten war es für Russland aufgrund der bestehenden politischen Situation viel einfachen, den militärisch-industriellen Sektor auf „Kriegsproduktion“ umzustellen.
Und es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Russland als Ergebnis des Krieges, wie immer er auch ausgehen wird, kein kleineres, sondern ein grösseres Problem für die Vereinigten Staaten sein wird als vor Beginn des Ukraine-Krieges.

Fairerweise muss man sagen, dass die Vereinigten Staaten in der Lage waren, ihre Kontrolle über Europa und einige wichtige Verbündete im asiatisch-pazifischen Raum zu festigen, ihre eigene Elite um strategische Aufgaben herum zu konsolidieren und den Prozess der Schaffung einer neuen Kriegswirtschaft in allen beteiligten westlichen Staaten einzuleiten. Westeuropa ‒ allen voran Deutschland ‒ sind wild entschlossen, nun doch wieder „kriegsfähig“ zu werden ‒ koste es, was es wolle! Ob das gelingt steht aber auf einem anderen Blatt…

Angesichts des Ausmasses der Zerstörung der ukrainischen Wirtschaft ist es möglich, dass sich die Ukraine in absehbarer Zeit für den Westen von einem strategischen Vermögenswert in
eine strategische Belastung verwandeln wird, deren Aufrechterhaltung jährlich Unsummen von Milliarden Dollar erfordern wird. In Anbetracht dieser realistischen Erwartungen ist es nur schwer
nachzuvollziehen, dass die EU-Kommission jetzt der Ukraine die Aufnahme von Gesprächen zum EU-Beitritt anbietet. Das kann nur politisch motiviert sein.
Innerhalb Russlands ist die Spezialoperation in der Ukraine zu einem Instrument für einen radikalen Wandel in der Innenpolitik, die noch engere Bindung der Eliten an den Staat und eine Revision der Grundlagen der Wirtschaftspolitik geworden. Höchstwahrscheinlich wären diese Veränderungen unter den Bedingungen staatlicher Stabilität nicht möglich gewesen.
Die USA bereiten den Boden für ein Ende des Konflikts in der Ukraine mit einem Waffenstillstand ohne eine umfassende politische Lösung nach dem Vorbild des Koreakriegs. Dies deckt sich nicht mit den Plänen Russlands, ihre Ziele der militärischen Spezialoperation zu erreichen. Wie dem auch sei, der Ukraine-Konflikt wird der Auftakt für die nächsten grossen militärischen Konfrontationen in anderen Teilen der Welt sein. Der Konflikt zwischen Palästina und Israel ist dabei nur der Anfang und China wird anhand des Ukraine-Krieges sehr wohl „studieren“, wie das „Taiwan-Problem“ gelöst werden kann…

Fassen wir zusammen: Die Neuverteilung von Macht und Einfluss in der Welt und die Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen den Grossmächten werden zum Katalysator für extrem
scharfe Widersprüche. Die Faktoren, die die Grossmächte in der Vergangenheit dazu getrieben haben, eine Eskalation zu vermeiden, schwächen sich ab. Zum ersten Mal seit den 1960er Jahren sehen sich diese Länder mit der realen Gefahr grossangelegter nicht-nuklearer Konflikte gegen einen vergleichbaren Gegner konfrontiert. Solche Zusammenstösse erhöhen die Gefahr eines nuklearen Konflikts, müssen aber nicht unbedingt mit dem Einsatz von Atomwaffen enden. Vielmehr legen Atomwaffen den geografischen und politischen Rahmen fest, innerhalb dessen Grossmächte solche Kriege führen, und  schränken auch den Einsatz bestimmter Arten von nicht-nuklearen Waffen ein.

Nach dem Ende des Kalten Krieges wird in vielen Staaten der Welt das Militär der neuen Stufe der militärischen Bedrohungen nicht gerecht. Ein erheblicher quantitativer Aufbau moderner Armeen ist erforderlich. Darüber hinaus können Konflikte wie der in der Ukraine, wie die Erfahrungen sowohl Russlands als auch der Ukraine gezeigt haben, nicht ausschliesslich von militärischen Formationen geführt werden, die auf freiwilliger Basis rekrutiert werden. Die Mobilisierung der Bevölkerung in die Streitkräfte wird unvermeidlich, ebenso wie die Beibehaltung und Ausweitung der Praxis der Einberufung von Bürgern. An dieser Stelle sei noch einmal auf meinen Artikel über den „Hybriden Krieg“ verwiesen.

Die Gefahr eines grossen Krieges und eines politisch motivierten Abbruchs der wirtschaftlichen Beziehungen wird unweigerlich zu einem Katalysator für die Diversifizierung des globalen
Finanzsystems und für das allmähliche Entstehen mehrerer, sich in ihrem Potenzial unterscheidenden, aber relativ unabhängigen Zentren des industriellen und technologischen Wachstums.
Jedes von ihnen wird ein Bündnis von Staaten verschiedener Mächte sein, die den Weg der wirtschaftlichen und industriellen Integration gehen und nach Expansion streben.
Für kleine und mittlere Länder wird es selbstverständlich sein, durch die grösstmögliche Diversifizierung der Aussenbeziehungen so lange wie möglich ein Höchstmass an politischer Autonomie be wahren zu wollen. Sie werden versuchen, Koalitionen zu bilden, um dem Druck der Grossmächte zu widerstehen, die sie zwingen, eine „Entscheidung für oder gegen sie“ zu treffen. Es ist möglich, dass solche „kleinen und mittleren“ Koalitionen sich irgendwann zu „militärisch-ökonomischen“ Bündnissen
entwickeln und gemeinsam mit den bestehenden Grossmächten konkurrieren.

Jedes Zentrum wird sich bemühen, seine eigene ausgeprägte ideologische und werteorientierte Plattform zu schaffen, die in verschiedenen Ländern und Ländergruppen eine Kombination von politischen Konzepten, Ideologien und Nationalismus in unterschiedlichen Ausprägungen bilden wird. Die zunehmende Rolle der Ideologie trägt zur Entfremdung der Zentren voneinander, zur Vertiefung der Trennlinien und zur Verkleinerung des aussenpolitischen Handlungsspielraums der herrschenden Eliten bei. Alle grossen Länder werden auf die Ideologisierung der Aussen- und Innenpolitik zurückgreifen müssen, verbunden mit Einschränkungen des Meinungsspektrums und der Meinungsfreiheit. Übrigens ein Trend, der bereits heute bei allen wichtigen Akteuren der Weltpolitik zu beobachten ist.

Die vorherrschende Form von Grossmachtkonflikten sind „Stellvertreterkriege neuen Typs“ (Hybride Kriege), bei denen eine nukleare Grossmacht ihren zumindest temporär Verbündeten
Zugang zu ihren Informationskapazitäten, wie Satellitenaufklärung und Zielbestimmung, Kommunikationsinfrastruktur etc. sowie zu militärischer Ausrüstung und Expertise verschafft und
gegebenenfalls selbst begrenzt in den Konflikt eingreift, immer darauf bedacht, keine nukleare Eskalation zu verursachen. Aber die Gefahr eines direkten Zusammenstosses zwischen den Gross-
mächten und eines Atomkriegs wird bestehen bleiben und wahrscheinlich noch akuter werden als während des Kalten Krieges. Die Hauptaufgabe der Diplomatie besteht darin, Instrumente zu entwickeln, die es ermöglichen, Jahrzehnte der Turbulenzen ohne Atombombenabwürfe zu überstehen. Dies ist nur im Rahmen eines harten aussenpolitischen Realismus und der schrittweisen Entwicklung von Regeln und Beschränkungen des Wettbewerbs möglich.

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