Mit dem Gedenken ist die Verantwortung für ein menschliches und demokratischen Miteinander verbunden

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FFM/Kassel – Am 19. Oktober 1941 fand die erste Massendeportation jüdischer Bürgerinnen und Bürger aus Frankfurt am Main statt. Aus diesem Anlass hat der Magistrat der Stadt im Rahmen einer Gedenkstunde an der Erinnerungsstätte an der früheren Großmarkthalle auf dem Gelände der Europäischen Zentralbank der Opfer dieses Verbrechens gedacht.

Bürgermeister Uwe Becker, der an der Erinnerungsstätte den Magistrat vertrat, sprach davon, dass „dieser Ort die Unmenschlichkeit des Naziterrors in seiner Kälte wie kaum ein anderer Ort in unserer Stadt zum Ausdruck bringt. Dass Frankfurterinnen und Frankfurter hier von Frankfurterinnen und Frankfurtern wie Vieh eingepfercht, gedemütigt, misshandelt und anschließend in die Arbeits- und Vernichtungslager abtransportiert worden sind, beschämt uns auch 77 Jahre nach der ersten Massendeportation. Wie sähe Frankfurt am Main heute aus, wenn die jüdischen Bürgerinnen und Bürger von damals weiter in unserer Stadt hätten leben dürfen, wenn jüdische Kinder die Chance gehabt hätten, selbst Familien gründen zu dürfen? Wer wären heute unsere Nachbarn, Freunde, Arbeitskolleginnen und -kollegen? Der Nationalsozialismus ist auch über Frankfurt nicht von außen hereingebrochen, sondern er ist aus der Gesellschaft heraus erwachsen und wurde von Frankfurterinnen und Frankfurtern an Frankfurterinnen und Frankfurtern verbrochen. Damit ist mit dem Gedenken an die Opfer von damals mehr als nur die reine Erinnerung an Geschehenes verbunden, sondern die Verantwortung dafür, dass die Gesellschaft unserer Stadt derartiges auch in seinen Ansätzen nie wieder geschehen lässt.“

Kulturdezernentin Ina Hartwig betonte: „Die Großmarkthalle ist eines der Wahrzeichen Frankfurts. Die Tatsache, dass sie während des Nationalsozialismus Schauplatz barbarischer Verbrechen war, darf nicht in Vergessenheit geraten. Über 10.000 Menschen wurden von hier in den Tod geschickt – die Erinnerung daran wachzuhalten und weiterzuentwickeln, ist unsere Verpflichtung für Gegenwart und Zukunft. Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Stimme der Opfer nicht verstummen zu lassen, gerade weil es immer weniger Zeitzeugen gibt, die als Überlebende vom Holocaust berichten können. Ich bin daher sehr froh, dass die Zitate dieser Menschen als erschütterndes Zeitdokument und ständige Mahnung ein wesentlicher Bestandteil der Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle sind.“

„Doch leider spürt und sieht man 77 Jahre nach der ersten Massendeportation aus Frankfurt am Main, dass der Ungeist von damals längst wieder aus den Geschichtsbüchern gekrochen kommt und sich über die gezogenen Lehren hinweg wieder neu zu etablieren sucht. Dem Versuch bestimmter Gruppierungen und Parteien in unserem Land, erneut Menschen ob ihrer Religion, Hautfarbe oder Herkunft zu Menschen zweiter Klasse zu degradieren, Hass und Angst zu säen und unsere Gesellschaft auseinander zu treiben, müssen wir entschieden entgegentreten. Ob die Kälte, die man auch heute noch hier an dieser Erinnerungsstätte spürt, auch die Herzen der Menschen erneut einfriert oder nicht, liegt an uns allen. Unsere Verantwortung ist es, für ein menschliches, offenes und demokratisches Miteinander einzustehen, heute und in der Zukunft. Dies sind wir auch den entrechteten und ermordeten Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt schuldig“, sagte Bürgermeister Becker

 

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