Der Traum vom grünen Wasserstoff für die Energiewende in Deutschland läuft schleppend – seit dem 14. März sind aber zumindest die Regeln gesetzlich definiert. Für Elektrolyseanlagen gibt es noch keine Zertifizierung, Bio-Wasserstoff hingegen hat einfach das Regelwerk von Biomethan übernommen. So wurde gerade mal 4 Tage nach dem Beschluss auf dem Lefkeshof der Familie Schleupen in Krefeld der erste grüne Wasserstoff nach den neuen Regeln zugelassen. Weil er aus Gülle und Mist hergestellt wird, ist er sogar CO2-negativ.
Im Mai 2021 hat die Bundesregierung mit etwas Nachhilfe aus der Branche den Beschluss gefasst, dass Bio-Wasserstoff, also Wasserstoff aus biogenen Reststoffen wie Gülle, Mist oder Bioabfall in Deutschland als klimafreundlicher Treibstoff zugelassen werden soll. Fast 3 Jahre später wurden hierfür und für Wasserstoff aus erneuerbarem Strom am 14. März nun die Regeln in der neuen 37. Bundesimmissionsschutzverordnung offiziell festgelegt. Die lange Wartezeit ist hauptsächlich darin begründet, dass für Elektrolysewasserstoff ein sehr kompliziertes Regelwerk von der EU geschaffen wurde, dass in der Verordnung mit umgesetzt werden musste. Viel einfacher hat es hier die Biobranche – Verwertet werden darf, was nicht stofflich verarbeitet oder verfüttert werden kann. Gülle, Mist, Bioabfall, Restholz aus Forstwirtschaft und Industrie sind jetzt folglich die attraktiven Stoffe, die auf dem CO2-Markt der Treibstoffindustrie finanzielle Vorteile genießen.
Wie wird grüner Wasserstoff zugelassen?
Die Frage nach der Farbe ist beim Wasserstoff verwirrend, vor allem weil sich die Zuordnungen je nach Quelle teilweise widersprechen.
„Wasserstoff hat keine Farbe, er hat nur einen CO2-Fußabdruck und nur dieser zählt für unseren Planeten“, so BtX-Geschäftsführer Andy Gradel. Seine kleine Belegschaft von nur 3 festen Mitarbeiter:innen hat innerhalb der letzten Jahre die gesetzliche Grundlage mitgestaltet, die Anlagentechnik aufgebaut und innerhalb von 4 Tagen nach dem Beschluss das sogenannte REDcert-EU Audit erfolgreich abgeschlossen. Das REDcert-EU System ist eines der führenden und vom Gesetz anerkannten Zertifizierungssysteme für nachhaltige Kraftstoffe. Es wird die CO2-Bilanz ermittelt und dann beim Audit auf Korrektheit geprüft. Abgenommen wurde der erste für den Quotenhandel zugelassene grüne Wasserstoff der Republik von Carmen Jeddeloh, Geschäftsführerin, Umweltgutachterin und Auditorin der Normec Zertifizierung Umweltgutachter GmbH.
Regional und klimafreundlich aus der Landwirtschaft
Das Ganze fand und findet am Hof der Familie Schleupen statt, ein in 6. Generation geführter Familienbetrieb mit Milchviehhaltung. Die Biogasanlage wurde 2001 in Betrieb genommen und lief demnach 2021 aus der EEG-Vergütung, direkt im Folgejahr wurde dank einer Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Projekt „BioH2Ref“ der Reformer installiert. Durch die Vermeidung von CH4-Emissionen der Gülle bei der Verwendung als Dünger erhält der Treibstoff wie Biomethan negative CO2-Werte. Das bringt durch den jetzt zugelassenen Treibhausgas-Quotenhandel einen ansehnlichen Wirtschaftlichkeits-Boost.
„Ich bin froh, dass wir eine weitere wichtige regulatorische Hürde genommen haben. Das freut die Umwelt – und ich freue mich schon aufs Anzapfen“, sagt Projektleiter Leon Müller-Noell, während er die letzten Arbeiten an der Wasserstofftankstelle erledigt. Gerade einmal 20 Meter von der Kuh entfernt, die den Rohstoff liefert.