Nordfriesland statt Mallorca und Côte d’Azur

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NABU – Juni 2018 – Da staunten die Biologen der Schutzstation Wattenmeer und des Michael-Otto-Instituts im NABU nicht schlecht: Kürzlich entdeckten sie an der nordfriesischen Wattenmeerküste zwei „fremde“ Seeregenpfeifer-Weibchen aus dem Mittelmeerraum unter den einheimischen Artgenossen. Beide waren durch ihre farbigen Ringe an den Beinen aufgefallen, durch die ihre Herkunft geklärt werden konnte. Das eine Weibchen hat ein Nest am Strand von Sankt Peter-Ording, wo der Bestand des Seeregenpfeifers in den letzten Jahrzehnten leider stark abgenommen hat. Der andere Vogel brütet im Beltringharder Koog nördlich von Husum. Dieses Naturschutzgebiet beherbergt mit 169 Brutpaaren (2017) den größten Bestand der Art im gesamten Nordseeraum.

Das Besondere: Das erste Regenpfeifer-Weibchen wurde im vergangenen Juni auf Mallorca im Rahmen eines Forschungsprojektes im Feuchtgebiet Salobrar de Campos beringt. Seeregenpfeifer werden europaweit beringt, um mehr über die Ökologie der Art herausfinden, die in vielen europäischen Ländern in ihrem Bestand stark abnimmt.

Der zweite Vogel brütete ebenfalls im vergangenen Juni noch am Mittelmeer in Gesellschaft von Rosaflamingos und Dünnschnabelmöwen. Er wurde in den Salinen von Pesquiers in Südfrankreich durch Aurélien Audevard vom französischen NABU-Partner LPO/BirdLife beringt. Nun hat er sich mehr als 1.300 Kilometer entfernt im tiefsten Norddeutschland niedergelassen. Nun brüten beide Weibchen in denselben Gebieten wie etwa die nordische Küstenseeschwalbe.

Ortswechsel über große Entfernungen sind bei Seeregenpfeifern keine Seltenheit. Zum Teil sind sie als Reaktion der Vögel auf verschlechterte Umwelt- und Brutbedingungen zu verstehen. Dennoch stellt eine Umsiedlung vom Mittelmeer an die Nordsee eine große Besonderheit dar. Für Deutschland handelt es sich um die ersten nachgewiesenen Fälle ihrer Art.

Zurück bleibt der alleinerziehende Papa

Möglicherweise wird die Liaison zwischen den Seeregenpfeifer-Damen vom Mittelmeer und ihren mutmaßlich aus Norddeutschland stammenden Männchen jedoch nicht mehr lange andauern. Denn weibliche Seeregenpfeifer verlassen oft wenige Tage nach dem Schlupf der Küken ihre Jungen, die in diesem Fall vom Vater alleine großgezogen werden. Die Weibchen unternehmen dann oft einen weiteren Brutversuch, teilweise mehrere hundert Kilometer entfernt. Damit tragen sie wesentlich zum genetischen Austausch innerhalb des riesigen Verbreitungsgebietes der Art bei. Dieses erstreckt sich (abgesehen von einigen atlantischen Inseln) vom Mittelmeerraum und den westeuropäischen Küsten über Osteuropa und Zentralasien bis an den Pazifik.

In Westeuropa brüten Seeregenpfeifer, wie ihr deutscher Name vermuten lässt, entlang der See, also an der Meeresküste. Da das Wetter in diesem Sommer erfreulicherweise besonders schön ist, halten sich mehr Menschen als sonst üblich an den Stränden auf. Die wichtigsten Brutgebiete für Strandbrüter wie den Seeregenpfeifer sind vor Ort durch Schilder gekennzeichnet. Um die Gelege von Seeregenpfeifer & Co. zu schützen, ist es deshalb besonders wichtig, dass sich alle an die Beschilderung halten und kleine Teilbereiche der Strände für Strandbrüter ungestört bleiben.

 

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