von Sascha Rauschenberger
Heimat ist ein Gut, das in den Herzen der Menschen immer einen Platz hat. Und das wird in erster Linie auch immer auf den Ort bezogen, wo man geboren wurde. Wo man aufwuchs, einen bedeutenden Teil seines Lebens verbracht hat und den man als seine Wurzel ansieht. Selbst dann, wenn man fortging. Oder fortmusste. Das kann jeder nachvollziehen, der selbst seinen Geburtsort verlassen hat.
Manchmal hat dieser Ort auch dann eine Bedeutung für die, die dort nicht groß wurden, ihn aber aus Urlauben der Eltern her kennen. Weil man dort auch noch Familie hat, die man regelmäßig besucht.
Unsere ältere Generation kennt das noch von den Orten her, von denen sie nach 45 vertrieben wurden. Und sie weiß auch wie schwer es war in der neuen Heimat Fuß zu fassen. Denn das war selbst für Deutsche in Deutschland nicht leicht. Flüchtlinge und Ostvertriebene waren auch nicht gern gesehen. Das wird heute gern vergessen oder verdrängt.
Ähnlich schwer hatten es die zugewanderten Gastarbeiter. Sogar noch schwerer, da sie noch nicht mal die Sprache sprachen. Und Integration war noch nicht mal vom Wort her ein Thema. Die waren in aller Regel „integriert“, wenn sie aus dem Zug stolperten, ihr Übergangsquartier (oft nur eine üble Bruchbude als Massenunterkunft) bezogen hatten und den Weg zum zukünftigen Arbeitgeber gefunden hatten. Und das war’s dann auch schon. Der Einmillionste Gastarbeiter erreichte uns 1964 in Köln. 1964!!!
Seither leben hier Millionen Menschen verschiedener Nationalitäten, Rassen, Ethnien und Religionen unter uns. Lange Zeit ohne Probleme, denn Sie machten eben keine gravierenden Probleme. Sie haben sich nach außen hin angepasst. Lebten ihre Traditionen in der Familie und mit ihren Freunden. Bemühten sich im Gastland zurechtzukommen. Sich anzupassen. Sich neudeutsch „zu integrieren“ wo immer es ging. Zumeist ohne jede staatliche Hilfe.
Das ändert sich seit ein paar Jahren gravierend. Auch durch die ungeregelte Massenzuwanderung kamen viele Menschen zu uns, die weder gebraucht noch wirklich erwünscht waren. Bejubelt ja. Sogar frenetisch. Aber wirklich gebraucht? – Eher nicht.
Und hier fällt dann Integration schwer. Zum Teil prasseln Welten aufeinander. Verschiedene Kulturkreise, wie sie gegensätzlicher kaum sein könnten. Wo es nicht nur offene Bruchlinien zu uns gibt, sondern auch untereinander. Sogar zu denen, die inzwischen hier leben und aus gleichen Ländern, Regionen und Kulturen kommen. Eben weil sie hier angepasst unter uns und mit uns leben.
Und manchmal war auch das schwerer als man als von außen zuschauender „Eingeborener“ so denkt. Denn was hier als Türke gilt, ist oft ein Kurde, Armenier oder Jeside oder auch Georgier oder Syrer mit türkischer Nationalität und Pass. Und gerade die Auseinandersetzung zwischen Türken und Kurden hat viele Kurden hierher verschlagen. Sie flohen mitunter hierher. Daher sind die statistisch erfassten Türken hier zu einem großen Teil ethnische Kurden. Eine Bevölkerungsgruppe, die sich im Mittleren Osten geographisch auf bis zu sechs Länder erstreckt. Und von denen herrschen in vier Krieg, Bürgerkrieg oder Repressalien…
Dass in einer solchen Situation jede hier lebende kurdische Familie nun auch Familienangehörige hat, die davon vor Ort betroffen sind ist wohl klar. Besonders dann, wenn wir von Großfamilienverbänden ausgehen. Die Betroffenheit steigt halt mit der Anzahl der Verwandten recht schnell.
Dass die Türkei mitunter hegemoniale Pläne verfolgt und an Zeiten anzuknüpfen bereit ist wie es einst Italien auch tat, das unter Mussolini das „Imperium Romanum“ neu beleben wollte, ist offensichtlich. In der Türkei kursieren offizielle Landkarten, die ein Staatsgebiet zeigen, das etwas größer ist als das, was die Vereinten Nationen als Türkei auf ihren Landkarten sehen. Gern allseits ignoriert.
Dass Erdogan sich gern vor historisch osmanischen Kulissen zeigt, ist nicht einem Faible von ihm für Trachten und volkstümlicher Kostümierung geschuldet. Es ist ein Signal nach außen und nach innen. An Türken, aber auch an all die, die sich seiner Idee folgend den türkischen Interessen unterzuordnen haben. Im Inland, wie auch dem Ausland.
Dafür bemüht er dann die Idee von Kemal Pascha, genannt Atatürk – dem Vater der modernen Türkei. Dass diese die Trennung von Staat und Kirche rigoros durchgesetzt hat, was Erdogan recht fern liegt, stört ihn dabei nicht. Selbst das biegt er sich seiner Intention folgend zurecht. Und die sieht nun mal eine zunehmend konservativ ausgerichtete Islamisierung der Türkei und ihrer geographischen Umfelder als finales Ziel an. Gern mit militärischen Mitteln nach außen und notfalls auch durch Massenverhaftungen innerpolitisch Andersdenkender. Auch gern vom Westen übersehen…
Dass man in diesem Zusammenhang seine Landsleute im Ausland unterstützt ist klar. Man baute und unterhielt Moscheen. Damals vordergründig muslimischen Türken Glaubenshäuser zu stellen. Nicht aus Selbstlosigkeit, sondern zur besseren Bindung an die alte Heimat. Die Türkei lebte damals nicht unwesentlich von den Geldüberweisungen eben dieser Menschen.
Heute ist das immer noch so. Gerade in der wirtschaftlichen Flaute werden die Devisen benötigt. Sogar aktiv eingefordert um die völlig marode türkische Lira zu stützen. Hinzu kommt aber das Propagandainstrument des Moscheenvereins an sich, der vom türkischen Religionsministerium geführt wird. Hier predigen nun Imame linientreu türkische Propaganda und lassen für den Sieg beten, was man aber tunlichst bestreitet – trotz Tonbandmitschnitten.
Darüber muss man als Normaldeutscher erst mal nachdenken. Das gab es auch hier. Damals geführt von Reichsbischof Müller. Liebevoll damals als ReiBi bezeichnet. Für die „deutschbekennenden Christen“ und immer mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse auf der Soutane…
Natürlich wurde damals wie heute auch gern der Sport als PR-Mittel genutzt. 1936 zeigten recht viele Nationalmannschaften bei der Eröffnung der Olympischen Spiele den Hitlergruß. Feierten Hitlers Einfall folgend den heute noch ausgeführte Einlauf des olympischen Fackelträgers ins Station. Groß in Szene gesetzt von der ersten wirklich visierten Expertin für mediale Propaganda Leni Riefenstahl.
Klar, dass in diesem Zusammenhang nun auch türkische Sportler gern mal militärisch grüßend der türkischen Invasionsarmee Tribut zollen, die völkerrechtswidrig den zur Ruhe kommenden Regionalkonflikt mit ihrer Anwesenheit bereichern und befeuern. So geistig beflügelt lassen sich Trikotübergaben und Hochzeitseinladungen noch toppen. Von angeblich voll integrierten Bürgern, wie uns gern vorgemacht wurde – und immer noch wird.
Warum? Weil Heimat halt Heimat ist. Und das ist nicht unbedingt da, wo man lebt. „Heimat ist da, wo das Herz ist“. Und diese Weisheit ist ein urdeutsches Zitat mit allgemeingültigem und zeitlosen Anspruch.
Leider gilt das auch für die, die keine Türken sind. Die ggf. dem faschistoiden Anspruch eines Erdogan nicht folgen wollen oder können. Vielleicht auch seine umstrittenen Äußerungen zum Völkermord an den Armeniern im und nach dem ersten Weltkrieg im Ohr haben, die schon mal zu politischen Irritationen im Westen geführt hatten. Die im Übrigen in einem Gebiet stattfanden, das gerade wieder überrollt wird und auf offiziellen Landkarten als türkisches Hoheitsgebiet markiert ist. Was für ein komischer Zufall…
Natürlich sollte man im Westen und gerade in Deutschland nun ein paar deutliche Worte dazu finden können. Die türkische Idee zusätzlichen Lebensraum im Südosten zu suchen kann nicht wirklich begeistern. Zumal man die dort lebenden Menschen als eher überflüssig anzusehen bereit ist. Sie als Terroristen bezeichnet.
Was werden wohl die hier lebenden Menschen darüber denken, dass ihre Verwandten nun Terroristen sind, die man gern, häufig und gezielt mit Artillerie und Bomben belegt? Verwandte, die im Übrigen für den Westen gegen die Mörderbanden des Islamischen Staates kämpften. Eben mit Unterstützung des Westens. Sogar mit Bundeswehrhilfe und damit offizieller direkter Unterstützung des deutschen Staates. Eines Staates, der nun das macht, was unter der Regierung Merkel zum Mantra wurde. Abwartend, Worthülsen produzierend und das Beste hoffend.
Hier sogar vertreten durch einen Außenminister, der schon optisch als „abgebrochener Meter“ seinen eingeschränkten Horizont aufgrund verkürzter Sichtweite durch mangelnde Größe, zum Besten gibt. Nun auch von Erdogan im Fernsehen verhöhnt.
Auch wenn Maas der wohl schlechteste Außenminister Deutschlands seit der Reichsgründung 1871 ist, sollte aber auch er merken, zu was für einer Lachnummer deutsche Außenpolitik verkommen ist.
Natürlich mag das an der politischen Erpressbarkeit liegen, die man eingegangen ist, als man Erdogan dazu überredet hatte das Flüchtlingsproblem fern der Heimat beizulegen, damit das mantraartige „Wir schaffen das“ vor der Bundestagswahl 2017 auch zu schaffen war. Ohne neue Gäste, die unsere politische Landschaft vor einer Wahl(!) bereichern konnten.
Wie mögen nun Kurden und Armenier darüber denken, die hier leben. Nun auch in zweiter und dritter Generation hier leben, aber durchaus familiäre und traditionelle Wurzeln dort haben, wo man ihre Verwandten plattbombt? Während man überall sichtbar hier bei uns für den Sieg beten lässt und Sportmannschaften zu grüßenden PR-Affen mach? – Toleranz???
Wie es unterschwellig kocht sieht man an diversen Vorkommnissen, die als Demonstrationen anfingen und dann mit massivem Polizeieinsatz endeten. Ein paar Scheiben gingen zu Bruch, ein paar Fäuste flogen und es gab ein wenig Tumult. Nichts Besonders könnte man sagen. Nur es passiert hier auf unseren Straßen. Auf Straßen, die für jene zum Schlachtfeld werden können, die hier friedlich gelebt haben, bis Demagogen von außen sie instrumentalisiert haben. Aufgehetzt haben. Denn zur Eskalation kam es Berichten zu Folge durch nationalistische Türken, die Demonstrationszüge angriffen oder störten.
Das passt natürlich alles nicht in eine links-grüne Idylle, deren Ideologie davon ausgeht, dass nicht sein kann was nicht sein darf. Und an dieser Stelle hat dann diese Regierung und unsere gesamte politische und mediale Landschaft ein Problem. Besonders dann, wenn man bedenkt, dass die Kontrahenten nicht gleichverteilt in Deutschland leben, sondern gerade in Ballungsgebieten bedeutende Bevölkerungsanteile dicht auf dicht stellen. Wo man sich eben kaum bis gar nicht aus dem Weg gehen kann. Und das bei einer staatlich gelenkten, medial verbreiteten und religiös unterstützten Agitation aus Ankara, die täglich neue Eskalationsstufen schafft.
Machen wir uns nichts vor. Diese Art von Salamitaktik samt verbaler Beschwichtigung gepaart mit „Ihr könnt mich mal“ hatte auch Hitler schon parat. Und wohin das geführt hat wissen wir. „Peace in our times“ war ein Auslaufmodell von denen geschaffen, deren Sichtweise wie bei Maas und Merkel von 1,50m bis 1,60m Höhe beschränkt waren und immer noch sind.
Was aber jeden normal denkenden Menschen stört, der gerade in Deutschland aufgewachsen ist, ist der schon als heuchlerisch zu nennende Zug der wattierten Berichterstattung über das, was anderswo schon längst zur medialen Raserei geführt hätte. Richten wir einmal unseren vergleichenden Blick in Richtung Krim und Putin.
Sollte das der Maßstab für einen bewusst provozierten und getätigten Angriffskrieg sein, wie man uns politischer- und medialerseits weißgemacht hat, dann fehlt hier irgendetwas. So sagt das Bauchgefühl. Genauso wie es uns sagt, dass wir uns durch Merkels ausgeprägte Unfähigkeit langfristig planen zu können oder auch nur zu wollen, nun massivste innerpolitische Konsequenzen erwachsen, die zusätzlich das bereichern, was wir als demographischen Wandel verstehen könnten. Oder als Grundlage für unseren sozialen Frieden sehen. Oder auch nur, was dieses Land zu dem gemacht hat, was andere angezogen hat hier friedlich wenn auch fern der Heimat leben zu können. Einer Heimat, die die Kurden verlassen mussten, weil auch damals schon keiner da war, der gewisse Staatsmänner daran erinnert hat, dass ethnische Säuberungen mehr als nur unschön sind. Vertreibungen Unrecht sind und Völkermord eine Straftat ist. Das haben gewisse Despoten vom Balkan herausgefunden, die einmal genauso dachten wie ein Herr Erdogan. Sie träumten von Großserbien, wie er nun vom neuen Osmanischen Reich faselt.
Hier könnte unser recht kleingewachsene Außenminister einmal ansetzen und in die Schuhe hineinwachsen, die sein Posten eigentlich gebietet. Das Außenministerium ist keine Spielwiese für Zwerge mit Napoleonkomplex. Schon gar nicht, wenn sie nicht Napoleons Kompetenz haben. Es wird Zeit Flagge zu zeigen. Eine Flagge, die bis vor ein paar Wochen stets an der Seite derer wehte, die für uns vor Ort die bekämpften, die hier bei uns zu Terroranschlägen aufriefen oder sie begingen. Diese Menschen nun allein zu lassen ist eine Schande, die an Ehrlosigkeit nicht zu überbieten ist.
Es wird Zeit eine klare rote Linie zu ziehen und diese zu verteidigen. Oder aber sofort alle Russlandsanktionen zu beenden. Denn diese wären dann auch falsch. Oder wollen wir dann Ehrlosigkeit auch noch mit Heuchelei bereichern?
Es gibt viel zu tun – und nun schafft es endlich!
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[…] Dennoch war es ein schönes Beispiel dafür, dass der Kampf für ein Anliegen auch friedlich lösbar ist. Integrierbar in das was wird hier leben. Trotz aller Spaltungsversuche eines Herrn, der den Preis seiner verfehlten Politik noch einfahren wird. Wir berichteten (HIER)… […]