Persönliche Stellungnahme von Landrat und Erstem Kreisbeigeordneten zur ungeplanten Schutzimpfung gegen COVID-19 am 27.12.2020

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Am 27. Dezember 2020 begannen in Deutschland die Impfungen mit dem Biontech-Impfstoff deutschlandweit und im Werra-Meissner-Kreis im Seniorenheim Birkenhof in Neu-Eichenberg-Hermannrode. Dieses Seniorenheim wurde ausgewählt, weil es schnell und gut vorbereitet die notwendigen Einverständniserklärungen der Bewohnerinnen und Bewohner und Pflegekräfte vorweisen konnte, so dass die am 26.12.2020 gelieferte Impfstoffmenge komplett verplant werden konnte. Ein  reibungsloser Impfverlauf konnte vorgenommen werden. Für 105 Personen, sowohl Bewohner, als auch Mitarbeiter des Seniorenheimes und das mobile Impfteam wurde der genau vorgeplante Impfstoff nach Hermannrode gebracht.

Zu Beginn des Impftages waren wir vor Ort, um damit deutlich zu machen, dass wir – entgegen den zahlreichen Impfkritikern – das Impfen zur Eindämmung der Corona-Pandemie als sehr wichtig erachten. Nach unserem Dank an das Seniorenheim und das erste Impfteam für ihren Einsatz, haben wir uns wieder verabschiedet.

Im Verlauf der Impfprozeduren, insbesondere beim Aufziehen der Impfdosen aus den Vials, wurde deutlich, dass bei vorsichtigem Aufziehen und bei Einsatz von Spritzen mit besonders geringem sogenannten Totvolumen statt nur fünf bis zu sechs Impfdosen je Vial gezogen werden konnten. Damit standen fast 20% mehr Impfstoff zur Verfügung, als geplant. Ein Erfolg des Impfteams, der vor dem ersten Impftag so nicht absehbar war.

Denn zu diesem Zeitpunkt war die Zulassung des Impfstoffes Biontech auf nur fünf Impfdosen pro Vial beschränkt. Es wurde durch die Task Force Impfen des Landes Hessen und durch das Bundesgesundheitsministerium argumentiert, dass sogar die Staatshaftung in Frage steht, wenn mehr als fünf Dosen je Vial gezogen werden.

Es lag nun in der Entscheidung der ärztlichen Leitung vor Ort, ob Impfstoffmengen verworfen,  oder die sechste gezogene Impfdosis, die inhaltlich absolut identisch zu den anderen fünf Impfdosen war, ebenfalls eingesetzt werden sollte. Aufgrund der klar vorgegebenen  Transporteinschränkungen und der zeitlichen Verwendungsbegrenzung des Impfstoffes Biontech (1 Stunde nach Aufziehen der Spritze muss verimpft werden) musste kurzfristig entschieden werden, wer – nachdem alle Heimbewohner und Pflegekräfte geimpft waren – kurzfristig für die Verimpfung des Restmaterials herangezogen werden und insbesondere innerhalb der vorgegebenen Zeit für die Verwendung zur Verfügung stehen konnte. Es wurden daher weitere Bewohner und Mitarbeiter des Birkenhofs überzeugt, sich doch impfen zu lassen, obwohl sie sich nicht angemeldet hatten.

Nachdem auch dies geschehen war, waren noch immer einige wenige Impfdosen übrig.

Die Ärztliche Leitung entschied, mehrere Personen anzurufen, die nach ihrer Kenntnis sehr kurzfristig zur Verfügung stehen könnten. Darunter waren auch wir. Wir lehnten das Ansinnen ab und empfahlen, andere Personen anzufragen.

Nachdem die Kette abgearbeitet war, standen noch immer zwei Impfdosen zur Verfügung, die innerhalb kurzer Zeit verimpft werden mussten. Da wir im erweiterten Umkreis des Birkenhofs wohnen, wurden wir erneut kontaktiert und uns die Problematik des anstehenden Verwurfs eindringlich deutlich gemacht. Zugleich wurden wir erneut aufgefordert, auch vor dem Hintergrund, als Kreisspitze in der Gefahrenabwehr an exponierter Stelle zu stehen, uns diesen Impfstoff verabreichen zu lassen.

Wir haben uns daraufhin erneut auf den Weg nach Hermannrode gemacht und haben die Impfung erhalten.

Am 8. Januar 2021 hat Biontech von der EU-Kommission mitgeteilt bekommen, dass die sechste Dosis je Vial offiziell verwendet werden darf, wodurch dafür dann auch die Staatshaftung bestand.

Wir bedauern, dass wir in einem Moment schnell notwendiger Entscheidungsfindung und der vorherrschenden positiven Stimmungslage vor Ort über den erfolgreichen Ablauf des Impfstarts, aus heutiger Sicht nicht konsequent bei unserer ablehnenden Haltung geblieben sind und dies nicht früher öffentlich bekannt gemacht haben. Uns ist bewusst, dass dies dem Vertrauen in die Politik schaden kann und entschuldigen uns dafür.

 

Für uns war von Anfang an klar, dass wir niemandem eine Impfung wegnehmen, oder uns vordrängeln werden.

 

Wir haben daher die Zweitimpfung abgelehnt, die für den Impfschutz 21-42 Tage später hätte erfolgen müssen, da dieser Impfstoff planmäßig und zu diesem Zeitpunkt auch die sechste Dosis ohne formale Einschränkung im Sinne der Impfverordnung eingesetzt werden konnte.

Wir selbst gelten formal als ungeimpft und werden uns dann impfen lassen, wenn wir an der geplanten Reihe sind.

 

Stefan Reuß                                                     Dr. Rainer Wallmann

Landrat                                                               Erster Kreisbeigeordneter


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