NABU sichtet Planunterlagen zur Fehmarnbeltquerung

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Berlin  – Der NABU will gegen den Bau einer festen Fehmarnbeltquerung klagen, wenn im Zuge des Planverfahrens Naturschutzbelange nicht ausreichend geprüft und berücksichtigt wurden. Der rund 1200-seitige Planfeststellungsbeschluss zum Großprojekt Fehmarnbeltquerung liegt seit heute offiziell vor.  Anwälte und Experten des Umweltverbandes werden die behördliche Genehmigung von Europas größtem und teuerstem Infrastrukturprojekt binnen der rechtlichen Frist von vier Wochen eingehend prüfen. Der NABU geht davon aus, dass die zahlreichen im Verfahren eingebrachten ökologischen Einwände nicht sauber abgearbeitet wurden. „Ein 20 Kilometer langer, 60 Meter breiter und 20 Meter tiefer Graben ist mit den Zielen eines europäischen Meeresschutzgebietes nicht vereinbar. Offensichtlich hat das Schutzgebiet Fehmarnbelt nur theoretischen Wert für Politik und Verwaltung, wenn trotz fehlenden Bedarfs das größte Infrastrukturprojekt Europas genehmigt werden soll. Ein Armutszeugnis und sicher nicht im öffentlichen Interesse“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Wie fraglich das aus wirtschaftlicher Sicht vorgeschobene „öffentliche Interesse“ sein kann, zeige sich aktuell am mangelnden Bedarf für die Startbahnverlängerung beim Flugzeugbauer Airbus in Hamburg. Dort wurden unnötigerweise großflächig sensible Bereiche der Elbe für große Flugzeugtypen zugeschüttet, die entweder nie gebaut oder deren Produktion eingestellt wurde.

Um ein solches Szenario am Fehmarnbelt zu verhindern, sind aus NABU-Sicht stattdessen Maßnahmen in bereits bestehende Projekte sinnvoller wie die ohnehin anstehende Ertüchtigung des bestehenden „Jutland-Korridors“ von Hamburg über Flensburg und die Storebeltbrücke Richtung Kopenhagen. Die existierende Verbindung ist Teil des europäischen Transportnetzes TEN (Trans-European-Network) und erfüllt das europäische Ziel, Güterverkehr auf die Schiene zu bringen („From road to rail“). „Mit dem deutsch-dänischen Staatsvertrag wurde jedoch die rechtlich vorgeschriebene Prüfung einer machbaren, ökologisch wie ökonomisch sinnvollen Projektalternative, die sich mit dem Ausbau des Jütland-Korridors geradezu aufdrängt, zugunsten eines überdimensionierten Prestigeprojektes kurzer Hand ausgehebelt. Wenn wir klagen, werden neben zahlreichen ökologischen Punkten auch vertragsrechtliche Aspekte eine Rolle spielen“, sagt Malte Siegert, der das Vorhaben als Experte für den NABU seit 15 Jahren beobachtet und begleitet.

Der NABU setzt sich weiter dafür ein, dass Bundesverkehrsminister Scheuer das Projekt mit seinen dänischen Kollegen stoppt. Über 39.000 Menschen aus ganz Deutschland haben bislang eine NABU-Protestmail an den Bundesverkehrsminister gegen den Bau einer festen Fehmarnbeltquerung zwischen Deutschland und Dänemark unterzeichnet. Darin fordern die Absender Minister Scheuer auf , dass Projekt des Ostseetunnels endlich neu zu bewerten. Und zwar so, wie es im Staatsvertrag, den die Bundesrepublik Deutschland mit dem Königreich Dänemark geschlossen hat, in Artikel 22 vorgesehen ist. Dort ist verankert, dass bei wesentlichen Kostensteigerungen oder anderen neuen Entwicklungen, die bei Abschluss des Vertrages noch nicht bekannt waren, die Vertragsstaaten neu verhandeln müssen.

Hintergrund:

Dänemark plant, im Fehmarnbelt zwischen der dänischen Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn den Bau eines 20 Kilometer langen Absenktunnels. Dazu haben Deutschland und Dänemark 2008 einen Staatsvertrag geschlossen, der 2009 in Bundestag und Folketing ratifiziert wurde. Dänemark verpflichtet sich zum Bau und Betrieb der festen Fehmarnbeltquerung sowie dänischer Hinterlandanbindung. Deutschland garantierte im Staatsvertrag den zweigleisigen, elektrifizierten Ausbau der Bestandsstrecke zwischen Puttgarden und Lübeck sowie den durchgehend vierstreifigen Ausbau der E 47/B 207 auf dieser Strecke. Die schwache Verkehrsprognose rechtfertigt einen solchen Ausbau nicht. Der NABU befürchtet erhebliche Schäden im europäischen Meeresschutzgebiet „Fehmarnbelt“. Die Ostsee ist angesichts wirtschaftlicher Nutzung durch Gaspipelines, Fischerei, Schifffahrt, Offshore-Windparke und Brückenprojekte sowie Überdüngung durch die Landwirtschaft zudem bereits stark belastet. Fast alle dem Projekt zugrunde liegenden Annahmen haben sich verändert: Kosten (deutsche Hinterlandanbindung laut Bundesrechnungshof von 860 Millionen auf 4,5 Milliarden Euro), Bahngüterverkehrsaufkommen minus 70 Prozent gegenüber der ursprünglichen Prognose).

 

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