Der Künstler Hans Haacke hat am gestrigen Mittwoch, 30. Oktober, im Kasseler Kunstverein im Museum Fridericianum den Arnold-Bode-Preis 2019 der documenta Stadt Kassel erhalten. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wurde Haacke, der an der Kunsthochschule Kassel studierte und auf fünf documenta-Ausstellungen vertreten war, mit der Begründung verliehen, „dass der mutige und listenreiche Aufklärer es immer wieder verstand und versteht, mit oft wechselnder, aber thematisch stets angemessener Bildsprache Erkenntnisse über politische Missstände, nicht zuletzt im Kunstbetrieb, zu vermitteln – Skandale und persönliche Risiken nicht scheuend.“
Der Arnold-Bode-Preis wird vom Magistrat der Stadt Kassel als Vorstand der Arnold-Bode-Stiftung auf Vorschlag eines Kuratoriums verliehen. Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle sagte anlässlich der Verleihung: „Hans Haacke hat mit seinen Werken, die den Wunsch nach einer humaneren Welt widerspiegeln, oft den Finger in die Wunde gelegt und einen Nerv getroffen. Viele seiner Arbeiten, sei es der Schriftzug ,Der Bevölkerung´ im Bundestag oder die mahnende Erinnerung an die Todesopfer rechtsextremer Gewalt, haben – leider – nichts an Relevanz und Aktualität verloren.“
Kassels Kulturdezernentin Susanne Völker erklärte zu dem diesjährigen Arnold-Bode-Preisträger: „Mit Hans Haacke wird ein Künstler ausgezeichnet, der in seinen Arbeiten auf vielfältige Weise die Auseinandersetzung mit den politischen Entwicklungen seiner Zeit sucht und diese immer wieder hinterfragt. Es ist diese kritische Haltung gegenüber Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Kunstmarkt, die Haacke auszeichnet und die ihn zu einem der international bedeutendsten Konzeptkünstler macht.“
Professor Dr. Julia Voss, Kunstkritikerin, Wissenschaftshistorikerin und Journalistin, sagte in ihrer Laudatio: „Hans Haackes künstlerische Arbeit hat eine Bandbreite von Reaktionen hervorgerufen, die von Bewunderung bis zur Zensur reicht. Seine Zeitgenossen fordert er ästhetisch wie politisch immer wieder heraus, und in seinen Werken ergreift er Partei für diejenigen, deren Stimme nicht gehört wird. Als Künstler ist er damit zu einem wichtigen Vorbild für nachfolgende Generationen geworden.“
Haackes visuelle Mittel und Methoden, so formulierte es Heiner Georgsdorf als Vorsitzender des Kuratoriums der Arnold-Bode-Stiftung in der Begründung zur Preisverleihung, seien vielfältig: „Bilder, Objekte, Installationen realisieren sich medial je nach Kontext. Immer aber werden es Augenöffner von provokativer Sprengkraft und visueller Eindringlichkeit, um sich schließlich als nachhaltige Bilder in der Erinnerung festzuhaken. Unvergesslich zum Beispiel Haackes Dekonstruktion des Deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig (1993), was ihm den Goldenen Löwen einbrachte. Dass seine zielgenauen Provokationen stets auf intensiver, akribischer Recherche basieren, macht sie unangreifbar und stark in ihrer Argumentationskraft.“
Eine begleitende Ausstellung ist bis Sonntag, den 3. November 2019 im Kasseler Kunstverein zu sehen. Für diesen Anlass hat Hans Haacke Originale und eigene Fotografien ausgewählt, die seine bisherigen documenta-Beteiligungen in 1972, 1982, 1987, 1997 und 2017 dokumentieren.
Das Preisgeld übernehmen die Kasseler Sparkasse und die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.
Der Preisträger
Hans Haacke hat von 1956 bis 1960 an der Kunsthochschule Kassel studiert und war in den Jahren 1972, 1982, 1987, 1997 und 2017 documenta-Teilnehmer. Seit 1961 lebt der 1936 in Köln geborene Künstler in New York. 1961 bis 1962 war er Fulbright-Stipendiat an der Tyler School of Art der Temple University in Philadelphia, Pennsylvania. Von 1967 bis 2002 war Haacke Professor an der angesehenen New Yorker Kunstschule, der Cooper Union; die Bauhaus-Universität in Weimar hat ihm 1998 die Ehrendoktorwürde verliehen.
Zurzeit ist im New Museum in New York für Hans Haacke eine große Werkschau des Künstlers zu sehen.
In Deutschland wurde Haacke weit über die Kunstwelt hinaus durch seinen Beitrag im restaurierten Reichstag bekannt (1999). Dabei bat Haacke die Abgeordneten des Bundestages, mit einem Sack Erde aus ihrem Wahlkreis zu einer grünen Oase im Innenhof des Gebäudes beizutragen. Durchaus auch Unmut erregte er dabei mit dem Vorschlag, die ursprüngliche Widmung vom Reichstagsgiebel „Dem deutschen Volke“ in „Der Bevölkerung“ zu ändern, eine Formulierung, die so jetzt in Leuchtbuchstaben im Stil der Originalinschrift in der Erdarbeit eingebettet ist.
Der Arnold-Bode-Preis der documenta Stadt Kassel
Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird für Leistungen im Bereich Kunst der Gegenwart vergeben. Benannt ist die Auszeichnung nach Arnold Bode, dem Gründer der Weltkunstausstellung documenta.
Eine Sammlung von Kunstwerken, die documenta-Künstler dem “Vater der documenta” 1975 zum 75. Geburtstag schenkten, bildet das Grundkapital der Arnold-Bode-Stiftung. Sie wurde 1978, ein Jahr nach Bodes Tod, von der Stadt Kassel ins Leben gerufen. Der Zweck der Stiftung liegt in der Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere durch Vergabe des Arnold-Bode-Preises.
Der Preis wird seit 1980, zunächst jährlich, nach 1987 alle zwei Jahre, aber obligatorisch in einem documenta-Jahr, an Künstlerinnen und Künstler in Anerkennung ihrer herausragenden Leistungen für die Kunst der Gegenwart verliehen. Eine documenta-Teilnahme ist nicht Voraussetzung, documenta-Niveau aber Maßstab der Entscheidung.
Das Kuratorium der Arnold-Bode-Stiftung
Dem Kuratorium gehören entsprechend der Stiftungsverfassung ein Mitglied der Familie Bode, ein Finanzsachverständiger sowie drei Kunstsachverständige an.
Die Mitglieder sind jeweils für fünf Jahre im Amt. Derzeit gehören folgende Persönlichkeiten dem Kuratorium an:
- Prof. Heiner Georgsdorf (Vorsitzender)
- Ingo Buchholz
- E.R. Nele
- Ruangrupa
- Prof. Dr. Julia Voss
Weitere Informationen zum Arnold-Bode-Preis unter www.kassel.de/arnold-bode-preis.
documenta-Stadt Kassel
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