Am 26. Juni gab es im Wattenmeer Grund zum Feiern. Seit 10 Jahren trägt die einzigartige Landschaft im Norden den Titel „Weltnaturerbe“ der UNESCO. Für den WWF ist dies Anlass für eine positive Bilanz. Die Auszeichnung „Weltnaturerbe“ führte nach Auffassung des WWF in den letzten Jahren zu einer verstärkten Anerkennung und Bereitschaft in der Gesellschaft, den Schutz der einmaligen Natur an der Nordseeküste zu unterstützen. „Dies ist entscheidend, denn nur mit breiter Unterstützung kann es gelingen, das Wattenmeer dauerhaft zu erhalten und wirkungsvoll zu schützen,“ sagt Hans-Ulrich Rösner, Leiter Wattenmeerschutz beim WWF Deutschland.
Das Weltnaturerbe Wattenmeer wurde 2009 von der UNESCO anerkannt und umfasst 11.500 Quadratkilometer Wattenmeer in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden. Die Auszeichnung bekam es nicht nur wegen seiner weltweiten Einzigartigkeit, sondern auch, weil die beteiligten Staaten das Wattenmeer in den vorangegangenen Jahrzehnten unter Schutz gestellt hatten. In Deutschland erfolgte das vor allem durch drei Wattenmeer-Nationalparks, die zu Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg gehören. Dank dieses Schutzes können die Bewohner der Küste und zahlreiche Urlauber heute eine vielfach noch intakte Landschaft, gut erholte Bestände an Seehunden und Kegelrobben, zahlreiche Küstenvögel sowie blühende Salzwiesen bestaunen.
Zur Freude über das Erreichte mischt sich dennoch die Sorge um die Zukunft. „Es bestehen weiterhin große Gefahren für das Wattenmeer und seine Natur, vor allem durch den künftig beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels, durch fehlenden Schutz der Natur unter Wasser und durch die nicht nachhaltige Schifffahrt“, äußert sich Hans-Ulrich Rösner besorgt.
Das Wattenmeer ist durch den Klimawandel und den damit verbundenen Meeresspiegelanstieg massiv bedroht: Wattflächen, Salzwiesen, Strände und Dünen, sogar ganze Inseln könnten mitsamt ihrer einmaligen Natur verloren gehen. Sturmfluten würden an den Küsten höher auflaufen und Menschen gefährden. „Der globale Klimaschutz ist auch Voraussetzung für die Erhaltung des Wattenmeeres“, so Rösner. Zusätzlich müssten die Möglichkeiten für eine naturverträgliche Klimaanpassung des Wattenmeeres erkundet werden. „Selbst bei wirksamem Klimaschutz wird der Meeresspiegel noch lange so stark steigen, dass Wattflächen und Salzwiesen in die Höhe wachsen müssen, um Schritt halten zu können“.
Auch die Lebewesen unter der Wasseroberfläche haben es im Wattenmeer nicht leicht. Einst lebten hier Arten wie Katzenhai, Seepferdchen, Nagelrochen, Stör und Sandkoralle. Diese Tiere sind heute durch den Einfluss der Fischerei, aber auch durch die Verbauung vieler Zuflüsse des Wattenmeeres verschwunden. Der WWF fordert, diesen Arten eine Rückkehr zu ermöglichen, indem man große Teile des Wattenmeer-Schutzgebietes nicht mehr befischt.
Zusätzlich sorgt die intensive Schifffahrt für Probleme in den geschützten Gebieten. Anfang des Jahres gingen hunderte von Containern des Frachters „MSC ZOE“ vor dem niederländischen Wattenmeer über Bord und tragen bis heute zur Verschmutzung des Meeres bei. Der Unfall war ein Symptom für die Devise „billig und groß“, die in der Schifffahrt kaum Raum für Rücksicht auf die Umwelt lässt. “Fast jedes Jahr havarieren Schiffe vor dem Wattenmeer. Die Gefahr einer Ölverschmutzung kann oft erst im letzten Moment abgewendet werden“, so Rösner. Auch die Vertiefung der Elbe erfolgt für eine Schifffahrt, die nicht nachhaltig ist. Dies hat schwere negative Folgen für die Elbe selbst, aber auch für das Wattenmeer nahe der Mündung und die dortigen Vogelbestände.
Der WWF setzt bei all diesen Problemen seine Hoffnung auch auf die Bedeutung, die das Wattenmeer als Weltnaturerbe bereits erlangt hat und weiter ausbauen wird. „Die Einsicht wird wachsen, dass wir in allen Bereichen mit mehr Rücksicht auf die Umwelt handeln müssen“, drückt Hans-Ulrich Rösner vom WWF seinen Optimismus für die Zukunft des Wattenmeeres aus.
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