Briten verhängen Strafen gegen Russland nach Gas-Attacke

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London/Moskau (Reuters) – Wegen des Giftgas-Attentats auf einen ehemaligen russischen Doppelagenten geht Großbritannien auf offenen Konfrontationskurs zu Russland und hat erste Strafmaßnahmen verhängt.

23 Diplomaten mit einem Geheimdienst-Hintergrund müssten binnen einer Woche nach Russland zurückkehren, sagte Premierministerin Theresa May am Mittwoch im Parlament. Grenz-Kontrollen würden verschärft und Vermögen eingefroren, wenn es für feindliche Aktionen genutzt werde. “Es gibt kein Platz für diese Menschen oder ihr Geld in unserm Land”, sagte sie. Kontakte auf Regierungsebene würden bis auf weiteres eingefroren. An Russlands Schuld gebe es keine Zweifel. Der UN-Sicherheitsrat wird sich in einer Sondersitzung noch am Mittwoch mit dem Fall befassen, die Nato am Donnerstag. Er wird auch Thema beim EU-Gipfel nächste Woche. Die USA, die Nato, die EU und Deutschland hatten sich hinter die Briten gestellt.

Die russische Botschaft in London erklärte, die alleinige Verantwortung für die Verschlechterung der Beziehungen trage die britische Regierung. “Wir betrachten diese feindselige Handlung als völlig unakzeptabel, ungerechtfertigt und kurzsichtig”, hieß es in einer Stellungnahme der Botschaft. Zuvor hatte Russland ein Ultimatum der Briten in der Nacht zum Mittwoch verstreichen lassen. Die britische Regierung hatte darin Aufklärung über den Anschlag verlangt. Russland hatte dies abgelehnt und stattdessen eine Probe des Gases gefordert.
 Der 66-jährige Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter waren Anfang März vor einem Einkaufszentrum in Südengland bewusstlos gefunden worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben. Bei dem Anschlag wurde nach britischen Angaben ein Mittel aus der Gruppe der Nowitschok-Nervengifte eingesetzt, die das sowjetische Militär in den 70er und 80er Jahren entwickelt hat.

Streit weitet sich zu internationalem Konflikt

Der Streit zwischen den Ländern hat sich inzwischen zu einem internationalen Konflikt ausgeweitet. Außenminister Sergej Lawrow hatte den Briten vorgeworfen, sie hätten nicht einmal eine Anfrage zu dem Nervengift gestellt. Russland forderte zudem konsularischen Zugang zu der ebenfalls schwer erkrankten 33-jährigen Julia Skripal. Sollten Sanktionen verhängt werden, werde man reagieren. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, die Attacke werde Thema beim EU-Gipfel der nächsten Woche. Auch die Nato zeigte sich in einer Stellungnahme der Mitgliedsstaaten zutiefst beunruhigt über den ersten Nervengas-Einsatz auf ihrem Gebiet seit Gründung des Bündnisses 1949. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte dem Sender ntv: “Jetzt ist entscheidend, dass wir fest an der Seite der Briten stehen.” Rückendeckung hatte May zudem bei Telefonaten unter anderem mit US-Präsident Donald Trump als auch Kanzlerin Angela Merkel bekommen.

Umfangreichste Ausweisung seit 30 Jahren

Großbritannien, das häufig Ziel russischer Geheimdienst-Aktionen war, schloss weitere Sanktionen gegen Russland nicht aus. Neue Provokationen würden diese nach sich ziehen, sagte ein Sprecher Mays. “Was wir heute vorgestellt haben, sind die Sofortmaßnahmen”, sagte er. “Wir gehen Schritt für Schritt vor.”

Schon die Ausweisung von 23 Diplomaten ist die größte derartige Aktion seit 30 Jahren. Die Leistungsfähigkeit der russischen Geheimdienste im Vereinigten Königreich soll zudem in den kommenden Jahren “grundlegend verschlechtert” werden. Sie sollen auch daran gehindert werden, sie wiederaufzubauen. Das Innenministerium will zudem prüfen, inwieweit die Gegenspionage verstärkt werden muss. Ziel soll sein, feindliche Aktivitäten ausländischer Agenten im Land einzudämmen. Zu den Strafmaßnahmen gehört auch, dass weder Minister noch Mitglieder der Königlichen Familie im Sommer zur Fußballweltmeisterschaft reisen werden, die erstmals in Russland ausgetragen wird.

Noch am Mittwoch wird sich auf Antrag der Briten der UN-Sicherheitsrat mit dem Anschlag befassen. Das Gremium solle über den Stand der Ermittlungen informiert werden, erklärte das Außenministerium. Großbritannien hat auch den UN-Menschenrechtsrat in Genf eingeschaltet und den Einsatz des Nervengifts beklagt. Der Einsatz sei ein dreister Bruch des Völkerrechts und eine Warnung für die Weltgemeinschaft. Russlands Botschafter bei dem Gremium ging in seiner Rede auf die Vorhaltungen nicht ein

 

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