Freitag 29. April 2022 Uraufführung/Tag des Tanzes im Opernhaus des Staatstheaters Kassel
i spadda lekko ciato moje
my body falls lighter
mein körper schwerelos
Maciel Kuzminski als Vertreter der jungen polnischen Tanzszene beschäftigt sich in seinen Werken wiederkehrend mit der Frage nach Identität. Wer sind wir, woher kommen wir und wo soll es hingehen.
Die Reise begann mit einem Bühnenbild (Markus Meyer) was sehr ausgeräumt daher kam. Ein schwarzer Kubus /Würfel der aus den Händen des Tänzers , langsam wie von Zauberhand gen Bühnenhimmel schwebte um dort dauerhaft den ersten Teil des Stückes zu verweilen.
Schwere und Zerfall unterstützt von den Sinfonien Lepo Sumera’s unter musikalischer Leitung von Mario Hartmuth aus dem Orchestergraben. Anzüglich schwarz die Uniformierungen des Kassel Tanz Ensembles, wie man es zum letzten Geleit bei Beerdigungen zelebriert wird. Manchmal mich erinnernd an Hüllen denen das Leben ausgehaucht worden ist. Nicht sein vor dem nichts sein?
Die Lichtführung von Stefanie Dühr ist es zu verdanken, dass im Zusammenspiel mit den Tanzenden sich eine zusätzliche Dynamik entwickelte. Gerade in Momenten der „Gruppierung“. Nur Hände & Gesicht (unbekleidet) reflektierten das Licht jedes einzelnen zu einem gefühlten Zusammengehören.
Nach einer Pause zum Luftholen/Sauerstoffreservat auffüllen ging es mit Minimal Music von John Adams maximal in den zweiten Abschnitt. War im ersten Teil nur eine Figur am äußersten hinteren Bühnenrand platziert, so gewann das Figürliche im 2. Teil dermaßen an Größe und Barock, als wäre das goldene Zeitalter greifbar.
Nature Morte /Stillleben. Die Tanzenden dagegen in der Blüte (bühnengerecht dahindrapiert) ihres Lebens, erst ausruhend/beinahe vereint in/mit selbiger und dann aus der Stille zu Bewegung erhebend .Nicht anders bei der Muschel (oder Buddha, mit abgewandtem Gesicht) Körperbewegungen die durch die mehr oder weniger Haut Farben Bedeckung/Dress, das Figürliche in den Bewegungen begleiteten.
In Zeiten wo alles vorwärts ausgerichtet ist, mutet es beinahe revolutionär an, das die Motorik des Körpers Rückwärtslaufen, noch im analogen Bewegungsapparat abrufen kann, ohne zu kollidieren. Auch ein Minuten langes Verharren auf der Stelle/menschliches Stillleben (Iris Posthumus) in Form einer weiblichen Statue kann dazu führen, das man bei näherer Betrachtung schon mal „Hin und weg“ ist.
So wie auf der Bühne geschehen, als Shafiki Sseggayi beim Anblick der Frau plötzlich vom Erdboden verschluckt, den Tanzboden entrückt.
Schon in den Anfängen des 2.Aktes war fortwährend die „Schwerelosigkeit der Körper“ zu bewundern, als diese kaum die Bühne im hinteren Teil seitwärts betretend wie von Zauberhand wenige Meter weiter in eine befindlichen Grube/Grab fielen.
Es folgte ein einziges, nein immer wiederkehrendes „Kommen + Gehen“. Schwereloses Fallen. Nicht unerwähnt bleiben sollte das Moment, als eine der Tänzerinnen in ihren Bewegungen/Ringen mit sich selbst den sie bekleiden Anzug immer so zu handhaben wusste, dass es vollherzig nach einem konsequenten halben Akt anmutete. Einfach genialer Einfall.
Auffällig das voneinander lassen/Abstand halten der Einzelnen untereinander, selten körperliche Berührungen. Der Inszenierung geschuldet, ein Zeitphänomen oder schlichtweg der Zeit Geist, der definitiv diesbezüglich nicht Covid19 heißt.
Finden Sie es heraus, bei einer der kommenden Vorstellungen. Trauen Sie sich.
Im Mai am 7./20./28. + am 8. Juni, jeweils um 19Uhr/Einführung + 19:30 Aufführung
p.brauer
Fotos : Karl-Heinz Mierke
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