Welch ein Krimi. Die MT Melsungen hat gegen den ThSV Eisenach in den Schlussminuten einen Rückstand gedreht und am Ende einen 27:26 (15:13)-Sieg gefeiert.
Puh. Nichts für schwache Nerven. Am 24. Spieltag der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga hat die MT Melsungen ordentlich gewackelt. Aber dank eines beherzten Schlussspurts bezwangen die Nordhessen die Gäste aus Eisenach vor 4.389 Zuschauern denkbar knapp mit 27:26 (15:13).
Damit hat die MT ihren Heimnimbus ein weiteres Mal gewahrt. Musste dabei allerdings mächtig viel arbeiten. Wie schon gegen den BHC übernahm Elvar Örn Jonsson in der Schlussphase Verantwortung und krönte seine Leistung mit dem Siegtreffer. Erfolgreichster Melsunger war Dainis Kristopans, der sechsmal traf. Für Eisenach machte Manuel Zehnder allein die Hälfte aller Tore.
Die Vorgabe war dabei eigentlich klar gewesen: Zehnder möglichst wenig Gelegenheit geben, sein Torekonto weiter auszubauen. Und doch war dieses Ansinnen bereits mit dem 0:1 das erste Mal ad acta gelegt. Er war einfach nicht zu kontrollieren, der Schweizer. Insgesamt vier Treffer zum 3:6-Fehlstart der MT (8.) gingen bereits auf sein Konto.
Zehnder war aber, neben der ohnehin als schwer zu spielenden offensiven Deckung der Wartburgstädter, nicht das einzige Ungemach, mit dem die Melsunger zu kämpfen hatten. Eine starke Vorstellung bot auch Rechtsaußen Moritz Ende. Fünfmal in den ersten zwanzig Minuten ganz stark freigespielt, fünfmal getroffen, davon einmal aber zum Glück für die Rot-Weißen abgestanden. Der Aufsteiger spielte ebenso frech wie erfolgreich mit.
Obwohl sich mit fortschreitender Spielzeit doch die individuellen Qualitäten der MT durchzusetzen begannen. Die hatten einen 5:0-Lauf genutzt, um die Partie zwischenzeitlich zu drehen. Und blieben anschließend über mannschaftlich geschlossenes Spiel konstant in Vorlage. Sehenswert wurde es meist dann, wenn das feine Händchen von Dainis Kristopans ins Spiel kam. Ob flach übers ganze Feld ins leere Tor zum 5:6 (9.) oder filigran aus dem Handgelenk an Mateusz Kornecki vorbeigedreht zum 14:11 (26.), es war fast immer zuerst ein Raunen aus dem Publikum dabei, bevor das dann direkt in Jubel überging.
Um ein Haar hätte sich der Spielbeginn nach dem Pausentee wiederholt. Manuel Zehnder setzte jedenfalls dazu an und traf ähnlich zuverlässig wie in den ersten Minuten. Viermal allein bis zum 19:17 (38.), was ihn schon früh in die zweistellige Trefferregion hievte. Diesmal allerdings verhinderte Nebojsa Simic, dass sich auch Moritz Ende wieder einbrachte, und Kristopans setzte beizeiten nun auch kraftvolle Akzente. Als Zehnder die Aufholjagd des ThSV zum 19:19 (40.) vorerst beendet hatte, markierte der Lette bei angezeigtem passivem Spiel die neuerliche Führung.
Trotz aller Bemühungen der Nordhessen – Eisenach wirbelte, dass einem schwindelig werden konnte. Kristopans war neben Adrian Sipos ins Abwehrzentrum gerückt, Jonsson und David Mandic machten daneben die Räume eng. Ein probates Mittel, um Manuel Zehner einzubremsen, was damit tatsächlich gelang. Einzig vorn fehlte die Konsequenz, aus der mittlerweile bärenstarken defensiven Vorstellung auch mit eigenen Toren Kapital zu schlagen. Der ThSV hatte mehrfach die Chance zur eigenen Führung, die besten per Siebenmeter von Zehnder (22:22, 48.) und Marco Grgic völlig frei vom Kreis (23:23, 52.) – beide Möglichkeiten vereitelte der eingewechselte Adam Morawski.
Es passierte dennoch, weil der nächste Grgic-Versuch saß. Und siebeneinhalb an Wahnsinn grenzende Minuten Schlussoffensive einläutete. Auf den Rängen saß längst niemand mehr auf dem Platz, es war ein Höllenspektakel. Blau-Weiß drehte durch, als Grgic auf plus zwei erhöhte, Rot-Weiß feierte Dimitri Ignatows ganz coolen Siebenmeter zum Ausgleich. Als dann Kristopans gegen Zehnder blockte und Jonsson die MT mit 90 Sekunden Rest auf der Uhr abermals in Führung brachte, bebte nicht nur die Halle, sondern vermutlich das komplette Messegelände.
Der letzte Aufreger sieben Sekunden vor Schluss bei Ballbesitz Eisenach: Unterbrechung durch den Technischen Delegierten, der bei den Thüringern einen Spieler zu viel auf der Platte zählte. Diskussionen, ungläubige Gesichter, aber es stimmte: Der Keeper war beim Spurt auf die Bank wohl nicht schnell genug hinter der Seitenlinie. Damit zwei Minuten Strafe und, viel wesentlicher, Wechsel des Ballbesitzes. Und damit die Entscheidung in einem ebenso spannenden wie mitreißenden Schlagabtausch.
Stimmen
Roberto Garcia Parrondo: Wir sind zufrieden mit dem Sieg. Am Ende haben wir zwei Punkte mehr auf dem Konto, und das ist das, was zählt. Heute haben wir gewonnen, weil jeder alles gegeben hat, was er geben konnte. In nur drei Tagen müssen wir schon wieder in Leipzig ran.
Misha Kaufmann: Gratulation der MT zu den zwei Punkten. Es ist so bitter. Ich denke, jeder kann heute ein wenig mit uns mitfühlen. Die Jungs spielen alle so gut, und am Ende mache ich einen Fehler, der die Mannschaft um ihren Lohn bringt. Das fühlt sich für mich gerade so richtig scheiße an. Wir hatten heute, glaube ich, einen Punkt verdient. Nur können wir uns davon leider nichts kaufen. Ich bin trotzdem richtig stolz auf meine Mannschaft.
Statistik
MT Melsungen: Simic (8 Paraden / 23 Gegentore), Morawski (2 P. / 3 G.); Kühn 1, Balenciaga 3, Mandic, Sipos 2, Kristopans 6, Ignatow 3/3, Moraes, Beekmann, Drosten 1, Jonsson 5, Arnarsson 2, Waldgenbach, Hörr, Kastening 4 – Trainer Roberto Garcia Parrondo.
ThSV Eisenach: Spikic (11 Paraden / 21 Gegentore), Kornecki (1 P. / 6 G.); Reichmuth, Zehnder 13/4, Patrail, Walz 1, Mengon 3, Grgic 3, Ende 5, Meyer 1, Lumbroso, Donker, Kraus, Kurch, Snajder, Saul – Trainer Misha Kaufmann.
Schiedsrichterinnen: Tanja Kuttler (Ostrach) / Maike Merz (Oberteuringen); DHB-Spielaufsicht: Peter Behrens.
Zeitstrafen: 2 – 10 Minuten (Sipos 47:28 – Snajder 7:33, Meyer 22:07, Walz 27:30/59:53, Reichmuth 43:18)
Strafwürfe: 4/3 – 5/4 (Ignatow an die Latte 28:18 – Morawski hält gegen Zehnder 47:31)
Zuschauer: 4.389 in der Rothenbach-Halle, Kassel
Spielstände: 0:1 (2.), 1:1 (2.), 2:4 (6.), 3:6 (8.), 8:6 (13.), 10:7 (16.), 11:10 (22.), 14:11 (26.), 15:12 (30.), 15:13 (30.) HZ – 15:14 (32.), 18:15 (35.), 19:19 (40.), 21:21 (45.), 23:24 (53.), 24:24 (53.), 24:26 (55.), 26:26 (57.), 27:26 (59.) Endstand.
Herzliche Grüße
Robin Lipke
Leiter Kommunikation
MT Spielbetriebs- und Marketing AG