Handball-Bundesligist MT Melsungen hat den Kader für die Saison 2022/23 schon fast beisammen. Bis auf einen noch zu benennenden Nachfolger für Kreisläufer Marino Maric sind dann alle Positionen mindestens zweifach besetzt. Denn die Nordhessen haben jetzt auch auf den Außenbahnen Nägel mit Köpfen gemacht: Dort werden zwei Spieler aus der eigenen Nachwuchsförderung fest ins Team eingebaut, ein weiterer steht auf dem Sprung.
Eines der Ziele, die sich die MT Melsungen gesteckt hat, war bereits im letzten Jahr erkennbar, als der Club seinen Kader für die jetzige Saison zusammengestellt hat: Die Mannschaft wird jünger und kann sich somit über mehrere Jahre festigen – kurzum, sie ist zukunftsfähig. Nun kommen drei weitere Vertreter der “Generation Future” hinzu.
Sie haben schon als A-Jugendliche und Junioren regelmäßig zusammen mit den Profis trainiert und zu Bundesligaspielen nicht nur im Aufgebot, sondern auch auf dem Feld gestanden. Die beiden jüngeren sporadisch, der ältere vor zwei Jahren sogar schon zwei Saisons lang. Ab Juli 2022 werden zwei von ihnen fest zum Stamm des Melsunger Bundesligateams gehören: Linksaußen Ben Beekmann (19), mit Vertrag bis 2023, und Rechtsaußen Dimitri Ignatow (23) mit Vertrag bis 2024. Der Dritte im Bunde ist Rechtsaußen Julian Fuchs (20) mit Vertrag bis 2023, der im erweiterten Kader stehen wird.
Youngster ersetzen gestandene Bundesligaprofis
Ben Beekmann, noch nicht allzu lange den MT-Talents entwachsen und in 2019 mit der Melsunger B-Jugend Deutscher Meister geworden, wird am linken Flügel ein Gespann mit dem bereits vermeldeten Neuzugang David Mandic bilden, der zur neuen Saison von RK Zagreb nach Nordhessen wechselt. Das bisherige Duo auf dieser Position, Michael Allendorf und Yves Kunkel löst sich also auf. Während Allendorf nach 12 Jahren im MT-Dress seine aktive Karriere beendet und ins Management des Clubs wechselt, läuft Kunkels Vertrag nach vier Jahren aus.
Auf der rechten Angriffsseite kehrt Dimitri Ignatow nach zwei Jahren in Essen nach Melsungen zurück. Der ehemalige Juniorennationalspieler stand bereits in den Saisons 2018/19 und 2019/20 im MT-Kader, wechselte danach aber für zwei Jahre zum TuSEM Essen, wo er in der Ersten und Zweiten Liga verstärkt Spielpraxis sammeln konnte. Im MT-Team wird der pfeilschnelle Linkshänder die Nachfolge von Tobias Reichmann antreten. Reichmann kam 2017 vom polnischen Spitzenclub Kielce zur MT, sein Vertrag bei den Nordhessen läuft im Sommer aus.
Geerken: Ein Ergebnis konsequenter Nachwuchsförderung
Zur Verpflichtung der Youngster sagt MT-Vorstand Axel Geerken: “Mit Ben Beckmann und Dimitri Ignatow holen wir zwei Spieler in unser Bundesligateam, die als Heranwachsende ihre handballerisch prägende Zeit bei der MT hatten. Gleiches trifft auch für Julian Fuchs zu, der fest zum erweiterten Kader gehört. Diese drei stehen stellvertretend für unsere seit Jahren konsequent betriebene Nachwuchsförderung. Natürlich ist es immer das Ziel, eigene Talente in den Profikader einzubauen. Dabei ist aber nicht immer planbar, welche oder wie viele Spieler diesen großen Sprung schaffen. Deshalb ist es uns wichtig, ihnen bei entsprechendem Potenzial schon zeitig eine Perspektive zu geben, die ihnen nicht nur Verlässlichkeit bietet, sondern auch ihre Motivation fördert. Wir sind sehr zuversichtlich, dass auf Ben, Dimitri und Julian in absehbarere Zeit weitere Talente aus unserem Nachwuchsbereich folgen, die gute Chancen haben, in unser Bundesligateam aufzusteigen.”
Linksaußen Ben Beekmann – schnell, zielstrebig, schnörkellos
“Ich freue mich riesig, für mich geht ein Traum in Erfüllung”, verrät Ben Beekmann. Dass sich für den zielstrebigen und bei seinen Würfen von außen schnörkellos agierenden Rechtshänder eine Chance bietet, den Traum vom Bundesligaspieler erfüllen zu können, hatte sich für ihn nach eigenem Bekunden nicht zuletzt in diversen Gesprächen mit Michael Allendorf angedeutet. “Reiß Dir den Allerwertesten auf und gib Vollgas”, riet ihm der MT-Routinier schon vor einiger Zeit. “Und das habe ich beherzigt und versucht, so gut wie möglich umzusetzen”, schiebt Beekmann nach.
Angefangen hat seine handballerische Laufbahn als Siebenjähriger in einer Schul-AG in Duisburg. Über seine ersten Vereine TV Altenrade und TV Jahn Hiesfeld empfahl er sich für die Niederrhein-Auswahl. Darüber wiederum geriet Beekmann ins Blickfeld des Deutschen Handballbundes, wo ihn die Auswahltrainer Jochen Beppler und Erik Wudtke (ehemals Kapitän des MT Aufstiegsteams in die 1. Liga, aktueller Co-Trainer der Männer-Nationalmannschaft) weiter förderten. In 2018 kam er nach Melsungen, zog in die Sportler-WG des Vereinsnachwuchses ein. Schon ein Jahr später errang er mit den MT-Talents die Deutsche B-Jugendmeisterschaft. Derzeit spielt er in der MT-Zweiten aussichtsreich um den Aufstieg in die 3. Liga, trainiert aber seit der letzten Saison hauptsächlich mit den Bundesligaprofis. In deren Aufgebot stand er seitdem genau 14 mal und hatte auch schon diverse Auftritte auf dem Spielfeld.
“Ich bin toll aufgenommen worden, das Team stand von Anfang an hinter mir und hat mich immer bestärkt”, erinnert sich Beekmann auf seinen Einstieg. Angesprochen auf seinen künftigen Positionskollegen David Mandic, weiß er natürlich um dessen sportliches Kaliber: “Von ihm werde ich sehr viel lernen können. Ich hoffe, einige Einsatzzeiten zu bekommen und damit die Chance, mich beweisen zu können”, blickt der 19-Jährige auf die kommende Saison. Ohnehin liegt sein Fokus zunächst voll auf dem Profihandball. Sein Fachabitur an der Melsunger Radko-Stöckl-Schule hat er im vergangenen Jahr abgelegt, er will mittelfristig eventuell Sportmanagement studieren. “Aber erst einmal will ich im Profihandball richtig ankommen”.
Rechtsaußen Dmitri Ignatow kehrt sportlich gereift zurück
Das ist seinem künftigen Pendant auf der rechten Angriffsseite schon ganz gut gelungen. Dimitri Ignatow ist gut drei Jahre älter als Ben Beekmann und verfügt deshalb schon über etwas mehr Erfahrung. Die rührt nicht nur aus seinen ersten beiden Bundesligajahren bei der MT Melsungen in den Saisons 2018/19 und 2019/20, sondern auch aus seinem “Auswärtspraktikum” beim TuSEM Essen. Mit dem traditionsreichen Ruhrgebiets-Club spielte er anschließend für ein Jahr im Oberhaus und aktuell in Liga Zwei.
Dimitri Ignatow ist ein Kind der Region, erlernte sein Handball-Einmaleins bei der TSG Dittershausen, kam dann über Eintracht Baunatal in 2017 zur MT Melsungen, spielte hier in der A-Jugend-Bundesliga und reifte während dieser Zeit weiter zum DHB-Auswahlspieler. Seinen bislang stärksten internationalen Auftritt hatte er bei der U21-Weltemeisterschaft 2019 in Spanien, wo er mit 36 Treffern in sieben Spielen zu den erfolgreichsten Schützen des Turniers avancierte. Einer seiner DHB-Trainer war übrigens Christian Schwarzer, Weltmeister von 2007.
Bei der MT sollte sich Dimitri Ignatow ab 2017 eigentlich erste Sporen im Aktivenbereich verdienen und zunächst in der Zweiten Mannschaft auflaufen. Die aber war gerade aus der Oberliga abgestiegen und bot damit kein ausreichendes sportliches Niveau. Das wiederum ermöglichte ihm die MT in der Saison 2017/18 per Zweifachspielrecht beim Zweitligisten Eintracht Hildesheim. Es folgten anschließend zwei Jahre bei der MT in der HBL, wobei die Spielanteile des flinken Schlitzohrs auf der rechten Außenbahn hinter Tobias Reichmann noch recht überschaubar waren. “Insofern war der Wechsel zum TuSEM für mich ein richtiger und lohnenswerter Schritt. Die vielen Einsatzzeiten auf dem Feld bringen mich wirklich weiter. Ich fühle mich hier sehr wohl, habe mich in dieser Zeit nicht nur spielerisch, sondern auch persönlich weiterentwickeln können. Zum Abschied würde ich natürlich gern den Aufstieg in die 1. Liga schaffen”, verrät der 23-Jährige.
“Allerdings”, so Ignatow weiter, “freue ich mich auch sehr darauf, im Sommer nach Melsungen zurückkehren zu dürfen. Hier gibt es mit Roberto Garcia Parrondo einen tollen Trainer und viele gute Spieler. Was meine Position angeht: Ich habe gehört, dass Timo Kastening ein wirklich cooler Typ ist und ich glaube, dass wir uns sehr gut verstehen und ergänzen werden”.
Dimitri Ignatow wird also spätestens im Juli seinen Lebensmittelpunkt wieder in Nordhessen haben. Wo genau, weiß er aber noch nicht. “Meine Freundin und ich werden uns in den nächsten Monaten Wohnungen in Kassel anschauen”, augenzwinkernd fügt er hinzu: “Neu eingewöhnen müssen wir uns ja in der Region nicht”.
Julian Fuchs dicht dran am Profiteam
Ganz dicht dran am MT-Profiteam ist außerdem Julian Fuchs.
Der 20-jährige trainiert seit zwei Jahren regelmäßig mit dem Bundesligakader und hatte bislang 12 Kurzeinsätze auf Rechtsaußen. Aktuell spielt er in der Oberligamannschaft und hofft, mit ihr den Aufstieg in die Dritte Liga zu schaffen.
Das Potenzial des Linkshänders für höhere Aufgaben ist eindeutig vorhanden, er selbst weiß aber, dass der Sprung nach ganz oben nicht programmierbar und die Konkurrenz auf seiner Position nicht zu übersehen ist: “In unserer Sportart kann in kurzer Zeit so viel passieren, da ist es besser, von Saison zu Saison zu schauen”.
Was seiner Motivation jedoch keinen Abbruch tut. Er hat zwar gerade in Kassel ein Studium der Wirtschaftswissenschaften begonnen und sagt: “Plan A ist eindeutig Profihandball, aber ich möchte mir auch eine Alternative offenhalten”.
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