Geschichte: Generale als Opfer der Politik

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Geschichte: Generale als Opfer der Politik

Autor: Sascha Rauschenberger

„Die da oben und wir hier unten“ ist mitunter ein Terminus, der gern gelebt wird. Besonders dann, wenn es um Neid und Schadenfreude geht. Da können dann „die da unten“ über „die da oben“ herzlich lachen. Unterstützung ist dann auch inopportun, zumal es ja um „die da oben“ geht. Da kann dann auch schon mal das Recht auf der Strecke bleiben, was „wir hier unten“ gern für uns sehen würden.
Und darauf baut die Politik gerne, wenn die jemanden den Wölfen zum Fraß vorweirft. Gern medial unterstützt, um klarzumachen, dass man gleiches Recht für alle lebt. Irgendwie…

Um das rechtsverbindlich hinzubekommen braucht man einen Anlass und dann den Euphemismus, dass man das Vertrauen in die Person verloren hat, die man loswerden will. Gern dann auch als Warnung an andere, dass keiner der Macht von “Oben” entkommen kann. Oder wird.

Gern werden dazu dann auch Anlässe hochgepuscht oder sogar erschaffen. Harmlose Gesten, Sätze und Handlungen verdreht, umgedeutet und dann mit medialer Hegemonie verbreitet.

Und da, wo jede einfache Verkäuferin und subalterne Manager innerhalb von Minuten den Anwalt anruft, tun sich Führungsgestalten in aller Regel schwerer sich selbst sofort und umfassend zu verteidigen. Zurückzuschlagen. Man wart Contenance… Und arbeitet den Initiatoren in die Hände.

Und was in zivilberuflichen Spitzenpositionen schon schwer ist, ist bei Generalen in aller Regel völlig unmöglich. Die wurden über Jahrzehnte darauf getriggert, dass Loyalität oberstes Gebot ist. Befehl und Gehorsam sakrosankt sind. Auch dann, wenn der Dienstherr einen zur Schlachtbank führt.
Es ist kaum zu glauben, aber die, die sofort ins Feuer springen würden so ihr Land bedroht ist, verhalten sich hier wie Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden. Völlig wehr- und widerstandslos.

Abb.: Der Weg war nun frei: das Münchner Abkommen



Zu Anfang des Krieges sollte die widererstarkte Wehrmacht gleichgeschaltet werden. Die preußische Generalität auf Kurs der Partei gebracht werden. Der in der Wehrmacht beliebte Kriegsminister, Generalfeldmarschall von Blomberg und der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst von Fritsch, die allesamt der braunen Bewegung kritisch gegenüber standen, mussten weg.
Sie widersetzten sich allen Offensivplänen des NS-Größenwahns mit Nachdruck und setzten ihre überall geschätzte Integrität mit Nachdruck ein.
Gerade hatte man die SA auf Kurs gebracht und beim sog. Röhm-Putsch die SA enthauptet. Nun war die Wehrmacht dran auf „Kurs gebracht zu werden.“
Die Hochzeit des Generals mit einer jüngeren Frau nicht arischen Geblüts, das Eintreten des einen für den anderen war die willkommene Rechtfertigung für eine Schmutzkampagne, die natürlich im Vertrauensverlust endete und Hitler keine andere Wahl ließ, als beide zu entlassen. – Das Problem war beseitigt und das neugeschaffene OKW wurde von jemanden besetzt der Wilhelm Keitel hieß. Ein Lakai der Macht, der dann auch in der Wehrmacht nur noch „Lakeitel“ hieß und in Nürnberg abgeurteilt wurde.
Solche Typen sind bis dato gern gesehen. Überall und in jedem Land.

Die Bundeswehr schuf sich dann neue Skandale. Hier ist besonders der „Schwule Günter von der Bundeswehr“ zu erwähnen, wie er in Homosexuellenkreisen genannt worden sein soll.
General Kießling, der Stellvertreter des NATO-Oberbefehlshabers in Europa, soll ein Homosexueller gewesen sein.
Damals war der Paragraph 175 des StGB gerade einmal ein paar Jahre vorher aus dem Verkehr gezogen worden, und der Vorwurf allein wog schwer. Es tauchten sogar Beweise auf.
Nur der General widersprach, beteuerte seine Unschuld, gab dem Minister Wörner (CDU) sein Offiziersehrenwort und wurde ein paar Tage darauf entlassen.
In Ostberlin knallten die Korken des Krimsektes, denn der Leiter der Spionageabteilung der Stasi, Generaloberst Markus Wolf, hatte das Ganze arrangiert. Von A bis Z.
Es kam zwar heraus, aber am Ende wurde natürlich nichts rückgängig gemacht. Wie auch? Der Schaden war da. In der NATO, der Bundeswehr und auch in der Gesellschaft.
Zum Großen Zapfenstreich für den General verweigerten viele ex-Generale der Bundeswehr als Gast in Erscheinung zu treten. Als Ohrfeige für den Minister…

Abb.: Stasi-Zentrale in Berlin



Dann gab es die Rechtsextremismusvorwürfe in Pfullendorf unter Ursula von der Leyen als Ministerin, was dem General Ausbildung, Generalmajor Spindler, auf die Füße fiel.
Er soll von den Vorkommnissen gewusst und nicht explizit gehandelt haben.
Es fanden sich geneigte und ungeneigte Zeugen und andere konnten sich an nichts erinnern. Handydaten wurden nicht gelöscht, nichts verbrannt und auch ging keine Akte verloren.
Das Vertrauen in den General war dennoch gebrochen. Er nun überflüssig. Er wurde zbV gesetzt und wartete sein Dienstzeitende an einem Schreibtisch ohne Job ab. Das Drama dauerte nur ein paar Monate, kostete so gut wie nichts und ersparte bürokratische Schritte, die mit Sicherheit vor Gericht geendet hätten.
Blöd, dass bei all den Ermittlungen all die Vorwürfe nichts erbrachten.
Genau wie bei General von Scotti ein paar Jahre früher, der als Divisionskommandeur geschasst wurde, obwohl er zum Zeitpunkt der Vorfälle in der Division noch nicht einmal in der Verantwortung stand. Unschuldig war…

Vizeadmiral Schönbach, der Inspekteur der Marine, sagte auf einer internationalen Marinekonferenz sinngemäß, dass man aus militärischer Sicht die Krim als verloren zu betrachten habe. So kurz nach der russischen Invasion der Ukraine ein faux pas der Extraklasse, aber fachlich und sachlich auf einer solchen Konferenz und unter Experten mit Sicherheit nicht anstößig.
In der Heimat schlugen die Wellen hoch und bei seiner Rückkehr nach Deutschland wurde ihm dann erst gesagt, dass alles OK wäre obwohl dicke Luft herrschte und nur einen Tag später eröffnete ihm die Ministerin Lamprecht, dass er gehen müsse. – Wegen dem medialen Druck, hört man aus diversen Kreisen hinter vorgehaltener Hand.

Es mussten starke Signale her, die besser aussahen als 5000 Gefechtshelme als Ersthilfe für die UKR.
Wie man sich da als Offizier fühlt, der 40 Jahre treu und rechtschaffend gedient hat, mag sich jeder vorstellen.

Nun muss man wissen, dass Generale eine besondere Dienststellung innehaben, die jederzeit und ohne Gründe vorzeitig beendet werden kann. So etwas würde kein ziviler Arbeitnehmer je annehmen. Egal in welcher Position. Und wie das bei Spitzenvertretern in anderen öffentlichen Institutionen aussieht, haben uns gewisse Fernsehsender bildlich vor Augen geführt.
Oder auch geschasste weil unfähige oder wirklich dumme Minister, die dann gern noch das Geld für die restliche „Dienstzeit“ einsacken wollen.

Abb.: Bundeswehr: Beförderungen zu B6 und höher sind mitunter Freiflugkarten ohne Netz

Nun traf es vor zwei Wochen Generalmajor Kurczyk, dem Kommandeur des Zentrums für Innere Führung.
Er soll einen Soldaten sexuell belästigt und etwas trunken gewesen sein, so der SPIEGEL in seinen Ausführungen.
Zu den Einzelheiten recherchieren wir noch, aber es ist schon jetzt klar, dass es so nicht gewesen sein kann.
Dennoch wurde der Kommandeur ohne je gehört worden zu sein in den Urlaub geschickt und der Minister berät sich mit dem Generalinspekteur Breuer über das weitere Vorgehen.
Diverse Maßnahmen sind wohl im Gespräch, was den verdienten Offizier mit Sicherheit auch noch finanziell belasten wird.

Aber dieser Vorgang ist nun neu. Denn bisher(!) regelte man so etwas auch politischerseits… freundlicher.
Einzig General Bühler wurde hier genauso bedacht. Der Mann, der in der Berateraffäre von der Ministerin zwar befördert wurde, aber ohne den vierten Stern ruhegehaltsfähig zu machen… Ein Bauernopfer der Frau, die schon zum zweiten Mal ihre Handydaten gelöscht hat…

Bisher haben unsere Recherchen nichts ergeben, was General Kurczyk vorgeworfen wurde, was uns auf die Interviews bringt, die er im Vorfeld gegeben hat. Kritische Interviews zur Lage der Bundeswehr, zur Personalgewinnung und zur Fähigkeit die Bündnisaufgaben erledigen zu können.
So etwas zu sagen, 600 Tage nach dem Offenbarungseid der Bundeswehr nicht einsatzbereit zu sein, ist natürlich unangenehm, zumal jetzt auch noch abgegebenes Gerät fehlt, was auf absehbarer Sicht auch nicht mehr beschaffbar ist.
Dazu die Offensichtlichkeit für alle, dass die NATO mitunter unter falschen Prämissen taktisch, ressourcen-  und auch waffentechnisch operiert, plant und schlimmer noch: denkt!
Das bisher Angedachte so nicht mehr in modernen Kriegen funktioniert. Man völlig falsch aufgestellt ist.

Abb.: Ukrainekrieg als Beispiel eines völlig neuen Krieges – Hier ein Drohnenangriff auf einen Leo2 A6 – LIVE!

Und hier schließt sich dann der Kreis zu Blomberg/Frisch. Auch diese sahen Probleme darin militärisch dem politischen Anspruch gerecht zu werden. Sahen die Schere zwischen Forderungen und dem Möglichen als unüberbrückbar an.
Standen mit ihrem Wissen, ihrem beruflichen Ansehen und ihrer klaren Haltung dem damaligen Primat der Politik skeptisch gegenüber.

Und dieser Denkansatz ist eine Gefahr für jeden Politiker, der eben nicht fachlich auf der Höhe ist und charakterlich nie über das hinweggekommen ist, was man wohl als Parteisoldat bezeichnen kann.
Dass sich solche Gestalten gern auch mit Leuten umgeben, die noch schwächer aufgestellt sind, ist nur logisch. Hitler hat es mit GFM Wilhelm „Lakeitel“ Keitel vorgemacht. Etwas, was für viele bisherige Verteidigungsminister recht verlockend war nachzumachen.

Die Bundeswehr hat viele Probleme, nicht nur Herausforderungen. Diese sind im Zentrum Innere Führung bekannt, wurden aber bisher wenig kommuniziert. Und genau dieses Zentrum ist der Idee von Graf von Baudissin folgend dafür da, den kritischen Dialog in der Bundeswehr zu führen. Zu allen Themen, auf allen Ebenen und unabhängig vom Dienstgrad.
Das ging schon ein paar Mal schief, wie wir wissen. Die hier gebrachten Beispiele belegen es.

Zum aktuellen Beispiel solcher Manöver bleiben wir am Ball. Denn Recht muss Recht bleiben. Egal wen es betrifft. So würde der Graf der Inneren Führung das sehen. Und dieser Maßstab sollte uns allen zur Ehre gereichen. – Gerade jetzt!

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