Schon seit Jahrtausenden werden Blutegel zu Heilungszwecken eingesetzt. „Aktuell wird die Blutegeltherapie als Alternative bzw. Ergänzung zur Schulmedizin wiederentdeckt“, erklärt uns Carla Bauer, Heilpraktikerin und erfahrene Blutegeltherapeutin aus Kassel.
“In meiner Blutegeltherapie-‐Praxis erlebe ich täglich, dass immer mehr Patienten gezielt nachfragen und über die Blutegeltherapie informiert werden möchten“, so Frau Bauer.
Carla Bauer möchte daher Einblicke in diese Therapieform ermöglichen und erläutert, dass die Geschichte der Blutegelbehandlung, die international nach dem lateinischen Namen des Blutegels Hirudotherapie genannt wird, schon sehr früh begann.
Die ältesten Aufzeichnungen über die Anwendung von Blutegeln finden sich in Schriften der Ayurvedischen Medizin aus dem 5. bis 4. Jh. V. u Z.
Dhanvantari, der indische Gott des Ayurveda, trägt einen Blutegel in einer seiner vier Hände.
Bei den Germanen wurde das Wort “Blutegel” z. B. nahezu synonym zu dem Wort „Heiler“ verwendet.
Inzwischen ist die Blutegeltherapie zum Gegenstand moderner Forschung geworden, die längst belegt hat, dass die Heilwirkung dieser Therapie nicht auf mittelalterlichem Aberglauben beruht.
Medizinische Blutegel sind in Deutschland ein rezeptfreies, apothekenpflichtiges Fertigarzneimittel. Für den medizinischen Einsatz am Menschen verwendet man die Arten H. verbana, H. medicinalis, und H. orientalis.
2004 bekam die Biebertaler Blutegelzucht als derzeit erstes deutsches Blutegelzuchtunternehmen die Zulassung den Medizinischen Blutegel unter dem Namen des Fertigarzeneimittels Medirud®Biebertal zu vertreiben.
In Deutschland kommen jährlich über 300.000 Blutegel zum Einsatz, was etwa 50.000 Therapien entspricht. Zu schätzungsweise 90 Prozent finden diese bei Heilpraktikern statt. Die ärztlichen Anwendungen erfolgen meist in naturheilkundlichen Kliniken, selten auch in naturheilkundlichen Arztpraxen, sowie in der Unfall-‐ und plastischen Chirurgie.
Hirudin und Eglin, die geniale Medizin im Blutegel-‐Speichel
Frau Bauer klärt auf, dass der Biss eines Blutegels wenig schmerzhaft ist: „Egel haben in der freien Natur kein Interesse daran, unangenehm bemerkt zu werden.“ Ob zur Schmerzlinderung ein Anästhetikum im Speichel enthalten ist, ist umstritten so Bauer. Die Bisse werden als „Brennesselstiche“, „Mückenstiche“, ein „leichtes Ziehen“,
„Einstiche von Injektionsnadeln“ oder sogar als „völlig schmerzfrei“ beschrieben. Bei einem Biss schneiden sich drei sternförmig angeordnete Kiefer mit jeweils ca. 80 Kalkzähnchen vorsichtig durch die Haut, um zum Ziel der Wünsche, dem Blut, zu gelangen. Zwischen den Kalkzähnchen sind Öffnungen, durch die die Salvia, der
Blutegelspeichel, abgegeben wird. Neuere Untersuchungen zur Zusammensetzung des Blutegelspeichels haben zur Entdeckung von mehr als 100 Substanzen geführt und entlarven diesen als einmalige biologische Apotheke. Am intensivsten erforscht wurden die Substanzen Eglin und Hirudin.
Eglin ist eine Substanz, die entzündungsauslösende Enzyme in ihrer Aktivität blockiert. Auf diese Weise wirkt sie Entzündungsprozessen entgegen. Eine weitere wertvolle Eigenschaft des Eglin ist seine schmerzstillende Wirkung, die für viele Patienten eine besonders wertvolle Hilfe darstellt.
Hirudin hingegen hemmt die Blutgerinnung indem es den Gerinnungsfaktor Thrombin in seiner Wirkung beeinträchtigt, was sich sehr positiv auf die Fließeigenschaft des Blutes auswirkt. So verhindert Hirudin die Bildung von Thrombosen und hilft bestehende Thromben aufzulösen, so dass eine Emboliegefahr deutlich verringert werden kann. Zudem wirkt es gefäßkrampflösend, wodurch seine entstauende Wirkung zu erklären ist. Darüber hinaus fördert Hirudin die Bildung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) ebenso wie deren Aktivität. Da Leukozyten eine ganz wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern spielen, entlastet deren erhöhte Anzahl sowie deren gesteigerte Tätigkeit das Immunsystem erheblich. Diese Eigenschaft bescheinigt Hirudin eine immunstärkende Wirkung.
Zu guter Letzt beschleunigt Hirudin zudem auch noch den Lymphfluss, wodurch die in der Lymphe enthaltenen Schadstoffe schnell zur Ausscheidung gebracht werden. Somit beschleunigt Hirudin die Entgiftung des Körpers.
Wem hilft die Blutegeltherapie?
Wissenschaft und Pharmaindustrie haben seit langem erkannt, welch komplexen und wunderbaren Wirkstoffcocktail die Evolution mit dem Blutegelspeichel hervorgebracht hat, der in geradezu genialer Weise in die komplizierte Gerinnungskaskade des Blutes eingreift, Thromben auflöst, Durchblutung und Lymphfluss fördert. Aber auch die schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung ist für die Patienten ein Segen und ergibt einen breiten Indikationsbereich. Generell ist sie eine ausgezeichnete Therapie bei allen Erkrankungen, denen Durchblutungsstörungen oder Entzündungsprozesse zugrunde liegen.
So hat sich die Blutegeltherapie bei Venenerkrankungen (Besenreisern, Krampfadern, Thrombosen, Hämorrhoiden) und Herz-‐Kreislauferkrankungen ebenso bewährt wie bei Gelenkerkrankungen (Arthrose, Arthritis, Rheuma, Gicht etc.) oder chronischen Nacken-‐, Schulter-‐ und Rückenbeschwerden. Auch bei Leberstau, Lymphstau, Blutergüssen oder Migräne ist die Blutegeltherapie äußerst hilfreich.
Laut einer Studie von Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin, ist in Bezug auf Gelenkarthrosen bei 80% der Patienten bereits nach einer einmaligen Anwendung der Egel eine Verbesserung der Beschwerden eingetreten.
Frau Bauer erklärt uns auch, dass jeder Blutegelbehandlung ein ausführliches Aufklärungsgespräch, sowie eine gründliche Untersuchung vorrausgehen sollte. Dies ist wichtig, um zu entscheiden, ob diese Therapie bei einem Patienten durchgeführt werden kann. Auch muss der Termin der Therapie so gelegt werden, dass sich der Patient danach 1-‐2 Tage schonen kann, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden.
Für die Anwendung der Blutegeltherapie als Ausleitungsverfahren ist zu beachten, dass sich während des ca. 60 bis 90 Minuten dauernden Saugvorgangs ein Blutverlust von ca. 10 bis 20 ml pro angesetztem Egel ergibt. Während der ca. 12-‐16 Stunden dauernden Nachblutung im Anschluss an den Blutegelbiss wird eine annähernd gleiche Menge ausgeleitet. Somit entsteht bei Ansetzen eines Blutegels ein Blutverlust von 20 bis 40 ml pro Egel. Bei Ansetzen von therapieüblichen 4 bis 6 Blutegeln ist mit der Ausleitung von 80 bis 240 ml Blut zu rechnen.
Obwohl bei der Egelbehandlung nach wie vor Blut fließt, steht heute jedoch der Aderlass nicht mehr im Vordergrund.
Nach der Behandlung wird ein blutaufsaugender, jedoch nicht –stillender Verband angelegt, um die gewünschte Nachblutung zu gewährleisten.
Am Folgetag wird ein Verbandswechsel sowie eine Kontrolluntersuchung vorgenommen. Zudem ist es Carla
Bauer wichtig, dass die Patienten sie nach der Behandlung über eine Notfallnummer erreichen können, damit evtl. auftretende Fragen oder Nebenwirkungen zeitnah abgeklärt werden können.
„Viele Patienten stellen auch die Frage, was nach der Behandlung mit den Egeln passiert“, so Frau Bauer.
Sie klärt auf, dass die Egel im Regelfall, da sie infektiös sein könnten, nach der Behandlung eingefroren und in einem bruchsicheren Gefäß sowie als Medizinprodukt gekennzeichnet, entsorgt werden.
Da die Heilpraktikerin Ihre Egel von der Biebertaler Blutegelzucht bezieht, hat sie seit Februar 2015 die Möglichkeit die gebrauchten, lebenden, medizinischen Blutegel über die Lebenshilfe Gießen, Betriebsstätte Biolandhof Buseck, mit einer dort vorgeschalteten 8-‐monatigen Quarantäne in einen der „Rentnerteiche“ zu überführen.
Wir danken Frau Bauer für diesen informativen Vortrag.
Frau Bauer erreichen sie hier:
https://www.natur-sportheilpraxis-kassel.de/
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