Die Gnadenlosigkeit der sogenannten “Befreier”

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Der Schüler Heinz Petry ging seit 1941 auf die Adolf-Hitler-Schule in Königswinter.

Die Amis ließen auch Kinder hinrichten.

Vor 79 Jahren, am 31. Mai 1945, nur drei Wochen nach der deutschen Kapitulation, wurde der sechzehnjährige Schüler Heinz Petry in einem geheimen Schnellverfahren von einem amerikanischen Militärtribunal als mutmaßlicher “Wehrwolf” wegen Spionage gegen die US-Armee zum Tode durch Erschießen verurteilt.

Es gab keinen Verteidiger, keine Zeugen, nur einen Militärstaatsanwalt, der den Jungen als “Nazi-Spion” bezeichnete, der angeblich die “Sicherheit und das Leben der US-Streitkräfte gefährdet” habe.

Obwohl es außer der Behauptung des Staatsanwaltes keine Beweise gegen den Jungen gab, wurde er einen Tag später, am 1. Juni 1945, in einem Steinbruch bei Braunschweig an einen Pfahl gebunden und erschossen.


10 amerikanische Soldaten legen auf ein Kind an!!!

Erst Jahre später, nach Anhörung zahlreicher Zeugen, hat ein deutsches Gericht Heinz Petry für unschuldig erklärt.


Die Bauern auf den Feldern duckten sich, als plötzlich Schüsse fielen. “Zunächst dachten wir, wir würden beschossen”, berichtete später eine der Landfrauen. Doch warum sollte das am 1. Juni 1945 geschehen, als Braunschweig bereits seit 50 Tagen von amerikanischen Truppen besetzt war und die Wehrmacht vor gut drei Wochen kapituliert hatte? Der Krieg schien doch vorbei zu sein. Dann sah ich, so heißt es in den Schilderungen der Augenzeugin weiter, wie ein kleiner Lastwagen der Amerikaner mit zwei Särgen aus der benachbarten Kiesgrube herausfuhr.

Die Salven, die an diesem Tag vor 75 Jahren abgefeuert wurden, stammten aus acht Gewehren eines Erschießungskommandos der 9. US-Armee.

Die Familie: Heinz Petry mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder Oscar

Um genau 10.32 Uhr vormittags trafen sie einen 16 Jahre jungen Mann aus dem Rheinland namens Heinz Petry sowie seinen 17-jährigen Kameraden Josef Schöner aus Stolberg bei Aachen. Man hatte die beiden in der Kiesgrube an der Straße zwischen den Dörfern Denstorf und Wedtlenstedt vor den Toren Braunschweigs an Eisenbahnbohlen gestellt und hingerichtet. Als Spione. Die Exekution wurde von Fotografen und sogar einem Kameramann der Armee in einem Film festgehalten – möglicherweise nur zur Dokumentation, vielleicht aber auch zur Abschreckung.

Heinz Petry wurde am 31. Dezember 1928 als ältester Sohn eines Gärtnereibesitzers in Euskirchen geboren. Als 13-Jähriger kam er auf eine nationalsozialistische Kaderschmiede, die “Adolf-Hitler-Schule” (AHS) auf Schloss Drachenfels in Königswinter bei Bonn. Im Januar 1945 wurde Petry gemeinsam mit einigen Jahrgangskameraden unter anderem im Umgang mit Sprengmitteln geschult; die Jungen sollten offenbar mit Einheiten des Volkssturms als “letztes Aufgebot” in den Kampf gegen die vorrückenden Alliierten geworfen werden.

Anfang Februar schickte man sie Richtung Bergheim bei Köln. Sie sollten sich, in Zweiergruppen aufgeteilt, von den Amerikanern oder Briten überrollen lassen und in Zivil hinter den feindlichen Linien operieren. Entweder indem sie militärisches Material sprengten oder aber Truppenbewegungen, die Stärke und Bewaffnung der Einheiten beobachteten und per Funk durchgaben.

Am 21. Februar wurde Petry mit dem ortskundigen Schöner in sein Einsatzgebiet bei Aachen gebracht. “Wir sollten Erkundigungen über den feindlichen Verkehr einziehen”, berichtete Petry später. Schöner, der kein Schüler der AHS war, hatte sich freiwillig zu einem besonders gefährlichen Einsatz gemeldet. Denn sein Vater war als Hotelbesitzer in Stolberg wegen Schwarzhandels von einem deutschen Gericht zum Tode verurteilt worden. Nun wollte der Sohn durch besondere Tapferkeit die Schande, die sein Vater seiner Meinung nach über die Familie gebracht habe, wiedergutmachen. Es gehört zur Tragik seines Schicksals, dass Schöners Vater wegen des schnellen Vorrückens der US-Armee seiner Hinrichtung entgehen konnte, während ebendiese Amerikaner seinen Sohn als Spion zum Tode verurteilten und erschossen.

Schon einen Tag nach Beginn ihres Einsatzes wurden Petry und Schöner von einer amerikanischen Streife in ihrem Versteck in der Nähe des Dorfes Birgden nördlich von Aachen zwischen Heinsberg und Geilenkirchen festgenommen. Zwar hatten es die beiden Jugendlichen geschafft, tief in das rückwärtige Aufmarschgebiet der Alliierten vorzudringen. Allerdings spricht die rasche Festnahme dafür, dass sie nur äußerst dilettantisch auf solch ein gefährliches Unternehmen vorbereitet worden waren. Da die Amerikaner zudem die deutsche Zivilbevölkerung wegen der Kämpfe weitgehend evakuiert hatten und es von Militärs dort wimmelte, mussten die zwei jungen deutschen Zivilisten aufgefallen sein.

Nachdem Petry und Schöner zunächst ins Aachener Gefängnis kamen, transportierte man sie später nach Mönchengladbach, wo sie am 29. März 1945 nach einer eintägigen Verhandlung von einem aus Offizieren der 9. US-Armee bestehenden Kriegsgericht mit einer Zweidrittelmehrheit wegen Spionage zum Tode verurteilt wurden.

Im Urteil heißt es unter anderem: “Es ist äußerst bedauerlich, dass die nicht so unbesiegbare deutsche Wehrmacht sich soweit erniedrigt, junge Burschen zu dem gefahrvollen Beruf der Spionage zu veranlassen. Hättet Ihr indessen Eure Aufgabe erfolgreich ausgeführt, so hätten wir genau so teuer dafür bezahlt, als wenn dies von Erwachsenen ausgeführt worden wäre.” Deswegen müsse das Urteil auch so hart ausfallen. “Wir haben keine andere Wahl, als Feuer mit Feuer und Blut mit Blut zu vergelten.”

Weiter heißt es: “Vielleicht hattet Ihr keine andere Wahl unter der Herrschaft Eurer Nazi-Lehrmeister als treu Befehlen Folge zu leisten. Aber deren Macht über Euch hörte auf zu bestehen indem Augenblick, als Ihr Euch hinter unseren Linien befandet. Ihr hättet Euch dann an den ersten besten amerikanischen Soldaten wenden können und ihm die Wahrheit gestehen; und kein Leid wäre über Euch gekommen. Ihr habt anders gehandelt. Ihr versuchtet im Gegenteil die Befehle Eures geliebten Führers und seiner Verbrecher-Horden auszuführen, die aus ihren bombensicheren Bunkern in so tapferer Weise solches von Euch verlangten.” Die Angeklagten seien “beide alt und klug genug, um Euch die Folgen Eures Handelns vor Augen zu halten.” Nachdem ihr Plan misslungen sei, würden sie nun den “Preis dafür bezahlen”.

Der Abschiedsbrief

Sofort nach dem Urteil reichte ihr Verteidiger, ebenfalls ein amerikanischer Offizier, ein Gnadengesuch ein. Ihren Angehörigen wurde mitgeteilt, dass die Strafe höchstwahrscheinlich in eine 10-jährige Gefängnisstrafe umgewandelt würde und dass die Verurteilten nach Kriegsende voraussichtlich freigelassen würden. Wochenlang warteten die Jungen auf eine Entscheidung. Der Kommandierende General der 9. Armee, William H. Simpson, lehnte jedoch das Gnadengesuch ab, bestätigte das Urteil und ordnete die Vollstreckung der Todesstrafe durch Erschießen an.

Die unverständliche Härte des Urteils sowie seine Vollstreckung, Wochen nach Kriegsende, wurden in der Literatur oft mit der übertriebenen Angst der Amerikaner vor Partisanenanschlägen (“Werwolf”) begründet. In einer lokalen Darstellung (“Das kurze Leben des Heinz Petry aus Euskirchen”) wies der Autor Hans-Gerd Dick auch auf das Attentat auf den damaligen Aachener Bürgermeister Oppenhoff hin, das unmittelbar vor der Verurteilung von Petry und Schöner stattgefunden hatte.

Am 30. Mai wurden die beiden Jungen schließlich nach Braunschweig gebracht, wo ein Teil der Militärverwaltung der 9. US-Armee seinen Sitz hatte. Dort wurde ihnen am nächsten Tag mitgeteilt, dass ihr Gnadengesuch abgelehnt wurde und die Vollstreckung des Todesurteils unmittelbar bevorstand. Noch in derselben Nacht erhielten sie die Erlaubnis, einen Abschiedsbrief an ihre Angehörigen zu schreiben. Die von Heinz Petry auf drei Blättern offiziellen Briefpapiers der Untersuchungshaftanstalt Braunschweig niedergeschriebenen Zeilen sind als bewegendes Zeugnis eines jungen Mannes erhalten geblieben, der sicherlich reifer wirkte als ein durchschnittlicher 16-Jähriger.

In dem Brief, der sein letzter sein sollte, eröffnete er seinen Angehörigen:

“Dieser Brief wird mein letzter sein, denn ich bin zum Tode verurteilt, und wir werden uns nie mehr wiedersehen.” Er schilderte nicht nur kurz seinen Einsatz und die Festnahme hinter den feindlichen Linien, sondern gab auch eine indirekte Erwiderung auf das, was ihnen die Militärjustiz vorgehalten hatte. Er betonte, dass er nicht für eine Regierung, die sie verraten und betrogen habe, sondern für sein geliebtes deutsches Vaterland und sein Volk gestorben sei.

Er schrieb weiter, dass er gemerkt habe, was es heißt, an Gott zu glauben, während seiner Zeit in Haft. Sein letzter Gang falle ihm nicht schwer, denn er wisse, wofür er sterbe. Er betonte, dass er nicht für Himmler und Goebbels, sondern für Deutschland sterbe, und ermahnte seine jüngeren Geschwister, ihrem Vaterland zu dienen und zu zeigen, dass es auch ein friedliebendes Deutschland gibt.

Heinz Petry wurde zunächst am 4. Juni auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof beerdigt, während sein Schicksalsgenosse Josef Schöner nebenan auf dem katholischen Friedhof begraben wurde. Obwohl die deutsche Bürokratie bereits kurz nach Kriegsende wieder einwandfrei funktionierte, wurde Petrys Leichnam am 13. Dezember 1948 in seinen Heimatort Euskirchen überführt.

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