Als die deutsche Marine nach dem ersten Weltkrieg wieder aufgebaut wurde, dachten die Planer schon einen Schritt weiter. Im ersten Weltkrieg hatte zwar das Marinefliegerwesen eher mit Flugbooten und Luftschiffen stattgefunden, aber die Bedeutung des Flugzeuges für den Seekrieg an sich war klar erkannt worden. Und auch die Gefahr daraus.
Gegen Ende des Ersten Weltkrieges sollten sogar veraltete Kreuzer zu Wasserflugzeugträgern umgebaut werden und es wurde das Ausonia-Projekt (HIER) aufgelegt. Hier sollte ein ehemaliges italienisches Passagierschiff zu einem richtigen Flugzeugträger mit Flugdeck umgebaut werden, von dem Flugzeuge starten und auch wieder auf ihm landen konnten.
Das allein zeigt die wachsende Bedeutung der Marinefliegerei für die Seeaufklärung von weitab operierenden Schiffsverbänden wie auch die Notwendigkeit der Artilleriebeobachtung über den Horizont hinweg bei Flottengefechten.
Durch den Vertrag von Versailles war es Deutschland verboten überhaupt wieder eine Fliegerei zu haben, wodurch das Projekt in Vergessenheit geriet. Sogar die Unterlagen verschwanden.
Zwischen den Kriegen bauten dann die USA, Japan und England Träger. Meist auf Basis nicht vollendeter Schlachtkreuzerneubauten.
Der Doktrin folgend, dass sich ein Träger auch selbst verteidigen können müsse waren all diese Träger auch mit Kreuzerartillerie bewaffnet, was erhebliche Gewichtsanteile in eine Bewaffnung steckte, die eigentlich überflüssig war.
So waren beispielsweise die US-Träger USS Lexington und USS Saratoga mit acht 20,3cm-Geschützen in vier Zwillingstürmen bewaffnet.
Mit der Machtergreifung Hitlers wurden die ohnehin schon gemachten Vertragsverstöße ausgeweitet. Nach den falsch deklassierten Panzerschiffen (Westentaschenschlachtschiffen), die schon unter Weimarer Regierung konzipiert wurden, schuf das III.Reich mit seinem Plan Z (HIER) ein Flottenbauprogramm, das Deutschland marinetechnisch hätte schützen sollen.
Expliziter Bestandteil dieses weitreichenden Planes waren auch vier Flugzeugträger von je 20.000 Tonnen.
Federführend für das Projekt war der Diplomingenieur Wilhelm Hadeler, der sich privat für den Schiffstyp Flugzeugträger interessierte und daher als einer von wenigen innerhalb des deutschen Militärs eine gewisse Vorstellung von den Anforderungen für den Schiffstyp hatte. Der Entwurf des Flugzeugträgers erfolgte aus dem Nichts heraus, da es keinerlei Erfahrungen gab, auf denen der Entwurf aufgebaut werden konnte. Ein Problem, das heute nun auch China hat oder die UdSSR hatte.
Um Basiswissen für den Entwurf zu bekommen, zog man die öffentlich einsehbaren Informationen über ausländische Flugzeugträger zu Rate. Das Vorbild für den ersten Entwurf waren die britischen Flugzeugträger der Courageous-Klasse, die aus Schlachtkreuzerumbauten nach dem Krieg hervorgingen.
Um die grundlegende Frage, ob der Entwurf zweckmäßig war, zu beantworten, besuchte ein Mitarbeiter des Konstruktionsbüros den Flugzeugträger HMS Furious im Rahmen einer Publikumsvorführung, was aber kaum verwertbare Informationen brachte.
Parallel wurde es möglich, im Herbst 1935 den japanischen Flugzeugträger Akagi zu besichtigen, der auch aus einem Schlachtkreuzerentwurf hervorgegangen war.
Die Japaner waren in Bezug auf die Weitergabe von Konstruktionsunterlagen großzügig, da die Konstruktion der Akagi veraltet war und ihr Totalumbau kurz bevorstand. Unter anderem war die Akagi zu dieser Zeit immer noch mit der schweren Kreuzerartillerie ausgestattet, die alle Seemächte inzwischen als unnütz ansahen.
Die einzigen Träger, die im späteren Zweiten Weltkrieg je in Artilleriegefechte verwickelt wurden war die HMS Glorious 1940 gegen die deutschen Schlachtschiffe Scharnhorst und Gneisenau sowie eine Gruppe von US-Geleitträgern 1944 bei Leyte gegen das japanische Schlachtschiff Yamato. In beiden unglücklich verlaufenden Fällen konnten die Geleiteinheiten die Träger nicht retten.
Die Trägerdoktrin bestand darin eben diese Träger weit hinter den vorderen Einheiten aus der Sicherheit vor Artilleriebeschuss heraus zum Einsatz zu bringen.
Dennoch wurde auch die deutschen Flugzeugträger mit zumindest 15cm-Artillerie bewaffnet, um ihnen artilleristischen Schutz gegen leichte Überwassereinheiten zu geben.
So sollte die Graf Zeppelin, das Typ-Schiff dieser deutschen Träger, 16x 15cm L/55 und eine Flak-Bewaffnung zur Flugabwehr aus 12x 10,5 L/65, 22x 3,7cm L/83 und 28x 2cm L/65 erhalten. Dazu sollten insgesamt 48 Flugzeuge aufgenommen werden, die zum Teil mit Klappflügeln zur Platzersparnis ausgestattet wurden. Darunter spezialgefertigte Ju87 und Me109.
Während des Krieges wurde die Ausstattung mit Flugzeugen mehrfach geändert. Genau wie die artilleristische Bewaffnung des Schiffes, das am Ende nie fertiggestellt; sogar wieder ausgeschlachtet wurde.
Am 21. April 1943 wurde der zu über 90 % fertiggestellte Flugzeugträger nach Stettin geschleppt und in einem Seitenarm der Oder festgemacht. An ihrem neuen Liegeplatz diente die Graf Zeppelin als Ersatzteillieferant für andere Schiffe der Kriegsmarine und als schwimmendes Depot.
Am 25. April 1945, im Angersicht der vorrückenden russischen Armee, setzte ein Sprengkommando das Schiff auf Grund und zerstörte seine ohnehin nicht mehr intakte Antriebsanlage, um den Träger als Beute für die vordringenden sowjetischen Truppen unbrauchbar zu machen.
Im März 1947 wurde das Schiff von der Roten Armee gehoben und diente als Wohnschiff für eine Spezialabteilung, die mit der Auswertung der Konstruktionsunterlagen der Graf Zeppelin und anderer Beuteschiffe betraut war. Es sei darauf hingewiesen, dass USAAF und RAF gegen Ende des Krieges gezielt die noch vorhandenen deutschen schweren Einheiten versenkten, um sie als Beute für die UdSSR unbrauchbar zu machen!
Am 18. Juni 1947 wurde während der Kampfmittelversuche an der Graf Zeppelin kurz vor einem Sturm die Vertäuung gelöst, um einem Reißen der Leinen und einem Stranden des Schiffes zuvorzukommen. Das Schiff wurde anschließend mit zwei Torpedos 30 Seemeilen nördlich vor Großendorf vor der Danziger Bucht versenkt, wo es auf der Position ♁55° 16′ 59,8″ N, 18° 25′ 33,1″ O bis heute in 80 Metern Tiefe
liegt.
Der zweite Träger wurde unvollendet abgebrochen und die anderen Träger storniert. Lediglich die Graf Zeppelin wurde soweit fast fertiggestellt.
Die Graf Zeppelin war eine bemerkenswerte Konstruktion und brach damals mehrere Rekorde. Zum Zeitpunkt ihres Stapellaufes war sie mit 263 Metern das längste Kriegsschiff Europas.
Die Seitenhöhe des Trägers betrug 22,5 Meter. Dieser Wert war bisher im deutschen Schiffbau unerreicht. Der Hangar war konstruktionstechnisch ein Teil des Schiffskörpers und trug, im Gegensatz zu ausländischen Konstruktionen, bei denen Hangars als normale Aufbauten behandelt wurden, zur Steifigkeit des Schiffes bei. Durch die Höhe hatte der Träger eine immense Seitenfläche, was die Gefahr erhöhte, zum Beispiel bei der Passage des Kaiser-Wilhelm-Kanals vom Wind gegen das Ufer gedrückt zu werden. Deswegen erhielt die Graf Zeppelin im Bug zwei Voith-Schneider-Propeller.
Als Ausgleich für das Gewicht der Insel auf der Steuerbordseite waren die Hangardecks um 0,5 Meter nach Backbord verschoben, was dazu führte, dass die Seitenwand an der Backbordseite einen Meter weiter überhing als auf der Steuerbordseite, was aber inzwischen als normal bei Trägern ist.
Die Antriebsanlage leistete bis zu 200.000 PS. Dies war der leistungsfähigste Antrieb, der bis zu diesem Zeitpunkt auf einem europäischen Schiff verbaut worden war. Er wurde benötigt, um das Schiff auf die geforderte Geschwindigkeit von 33 Knoten zu beschleunigen, was bei allen Trägern grundsätzlich dem Flugbetrieb geschuldet war.
Von allen nach Ende des Washingtoner Flottenabkommens um das Jahr 1936 herum auf Kiel gelegten Flugzeugträgern war die Graf Zeppelin mit einer Maximalverdrängung von 33.000 Tonnen der schwerste.
Die Tanks für Flugzeugbenzin waren auf der Graf Zeppelin besser geschützt als bei den US-Trägern der Essex-Klasse, die selbst bis Mitte der 50er Maßstäbe im Trägerbau setzte. Mehrere dieser Schiffe sind als Museumsschiffe erhalten geblieben (z.B.: USS Midway in San Diego).
Die Fertigstellung des Trägers scheiterte an den sich ändernden Anforderungen des Seekriegs hin zum U-Boot-Krieg. Das Oberkommando der Kriegsmarine erkannte die Sinnlosigkeit mit konventionellen Schlachteinheiten gegen England ankommen zu können. Die eigenen schon fertiggestellten schweren Kreuzer, Panzerschiffe und Schlachtschiffe konzentrierten sich auf die Störung der Schiffskonvois im Nordatlantik und banden so große Teile der britischen Flotte.
Da diese Geleite zum Teil im Bereich der landgeschützten Luftgeschwader lagen und/oder durch U-Boote bekämpft wurden, wurde der Träger überflüssig. Allein sein Baufortschritt verhinderte eine komplette Verschrottung.
Der Träger selbst, dessen Namensgeber der legendäre Luftschiffentwickler Ferdinand Graf von Zeppelin war, ist in der Fachwelt stark beachtet. Er hatte schon Katapulte an Bord, die den Start erleichtern sollten, aber technisch unzuverlässig waren.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden verlässliche Dampfkatapulte entwickelt.
In vielerlei Hinsicht war der Träger technisches Neuland, das zum Teil erst Jahrzehnte später zum Standard im Trägerbau wurde.
Daher ist die Faszination für die Graf Zeppelin gerade auch in Modellbauerkreisen ungebrochen. Nicht nur weil es der „german Nazi-Träger“ ist, wie er gern in US-Veröffentlichungen genannt wird.
Die Graf Zeppelin ist wie viele andere Entwicklungen im III. Reich auch, ein technisch sehr hochwertiges Produkt, dass aufgrund seiner modernen und nicht erprobten Technik dann zu spät oder gar nicht mehr fertig wurde. Er reiht sich marinetechnisch in die unzuverlässigen Antriebe der Zerstörer oder die Magnetzünderkrise der Torpedos ein.
Beides technische Flops einer technikverliebten Entwicklergilde innerhalb der deutschen Marinerüstung mit der direkten Verantwortung für vielerlei Misserfolge.
Auch heute noch zeichnet sich die deutsche Rüstung durch fortschrittliche Ideen, aber technisches Unvermögen aus, die dann kostenintensive und langjährige Verbesserungen nötig machen. Egal ob im Schiffs- oder Flugzeugbau (hier A400M) oder gar bei simplen Gewehren (Nachfolger G36) zu sehen.
Technisch ihrer Zeit marinetechnisch so weit voraus wie der Düsenjäger Me262 den alliierten Fliegern, liegt die Graf Zeppelin nun auf dem Grund der See. Und anders als viel zu viele deutscher Schiffe ohne Tote an Bord zu haben.
Video eines 1:100 Funktions-Modells der Graf Zeppelin als HIER!
Video des Wracks der Graf Zeppelin HIER.
Video der dt. Träger 1915-45 (engl.) HIER
Video von einem Modellbautreff… HIER
Weitere marinehistorische Artikel:
105 Jahre Versenkung SMS Cöln – eine Tragödie zur See 1914 | (nordhessen-journal.de)
SMS Scharnhorst wiedergefunden: Vizeadmiral Graf Spee und das Ende des Ostasiengeschwaders 1914 vor den Falklands – The Kasaan Times
Vor 80 Jahren: Panzerschiff „Admiral Graf Spee“ und das Gefecht am Rio de la Plata – The Kasaan Times
„Allen voran!“ – Die SMS SEYDLITZ: eine deutsche Schlachtschifflegende | (nordhessen-journal.de)
Das Deutsche Marineehrenmal bittet um Spenden:
Marine-Ehrenmal in Laboe muss saniert werden | (nordhessen-journal.de)
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