WWF – Im Südpolarmeer nördlich der Antarktis soll das größte Meeresschutzgebiet der Welt entstehen. Deutschland hat den Vorschlag für ein über 1,8 Millionen Quadratkilometer großes Schutzgebiet im Weddellmeer ausgearbeitet. Das vorgeschlagene Meeresschutzgebiet ist ca. fünfmal so groß wie Deutschland. Derzeit wird auf der Jahreskonferenz der zuständigen internationalen Antarktis-Kommission (Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis/CCAMLR) im australischen Hobart über das Schutzgebiet beraten. Der WWF arbeitet seit Jahren daran, die einzigartigen Ökosysteme, Lebensräume und Arten des antarktischen Weddellmeeres unter besonderen Schutz zu stellen und WWF Deutschland war über ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Bundesamtes für Naturschutz an der fachlich-wissenschaftlichen Ausarbeitung des Schutzgebiets-Vorschlags beteiligt.
„Das Weddellmeer ist ein eisiges Juwel, das dauerhaft unter Naturschutz gestellt werden muss. Das ist ein Wettlauf mit der Zeit. Bisher blieb das Weddellmeer von Fischerei verschont, weil große Teile ständig von Eis bedeckt sind. Doch der Klimawandel wird den Fangflotten auf der Jagd nach Krill und Seehecht bald Zufahrt verschaffen. Hier müssen wir vorsorgen, um eine der letzten fast unberührten Regionen des Ozeans als Rückzugsort für kälteliebende Arten zu bewahren“, sagt Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland. In weiter nördlich gelegenen, eisfreien Gebieten werden jährlich bereits ca. 300.000 Tonnen Krill gefischt. „Die vermeintliche Eiswüste ist trotz der extremen Bedingungen voller Leben und für Seevögel, Robben und Wale unverzichtbarer Lebensraum. Ein Drittel aller Kaiserpinguine kommt hier zur Welt. Blauwale und Buckelwale fressen sich jedes Jahr an den Krillschwärmen satt. Die Grundlagen des antarktischen Lebens verdienen unseren Schutz.“
Die Antarktis-Kommission CCAMLR ist zuständig für das Management der Fischerei sowie für die Ausweisung von Meeresschutzgebieten im Südpolarmeer. Der WWF fordert von der Bundesregierung und der EU, die anhand wissenschaftlicher Daten und Erkenntnisse definierten Grenzen des Weddellmeer-Schutzgebiets in den bevorstehenden Verhandlungen gegenüber anderen CCAMLR-Staaten und etwaigen kommerziellen Fischerei-Interessen zu verteidigen. Die CCAMLR-Staaten müssen ihrer Absichtserklärung von 2009, ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten rund um den antarktischen Kontinent einzurichten, nun Taten folgen lassen, fordert der WWF.
Hintergrund: Trotz der extremen Bedingungen in dieser Region – andauernde Kälte und Dunkelheit während der Hälfte des Jahres – ist das Weddellmeer Lebensraum und
Nahrungs-, Brut-, und Aufzuchtgebiet für eine Vielzahl an marinen Arten:
- über 14.000 am Meeresboden beheimatete marine Arten wurden bisher entdeckt;
- über 300.000 Paare des Antarktischen Sturmvogels (Thalassoica antarctica) brüten in den Küstengebieten der Region, mehr als die Hälfte des weltweiten Bestands;
- die Region beherbergt insgesamt 15 Kolonien von Kaiserpinguinen (Aptenodytes forsteri) mit mehr als 80.000 Brutpaaren; dies entspricht ca. einem Drittel der weltweiten Population;
- alle 6 in der Antarktis vorkommenden Robbenarten sind auch im Weddellmeer beheimatet: Antarktischer Seebär (Arctocephalus gazella), Weddellrobbe (Leptonychotes weddellii), Rossrobbe (Ommatophoca rossii), Krabbenfresserrobbe (Lobodon carcinophaga), Seeleopard (Hydrurga leptonyx), und Südlicher See-Elefant (Mirounga leonina);
- mindestens 12 Wal-Arten nutzen die Region als Nahrungsgebiet, u.a. – Bartenwale: Blauwal, Zwergblauwal, Antarktischer Zwergwal, Buckelwal & Zahnwale: Pottwal, Schwertwal, Südlicher Entenwal, Schwarzwal, Grindwal, Stundenglasdelfin.
Der Schutz des Südpolarmeeres, einschließlich des Weddellmeeres, liegt insbesondere in der Verantwortung der Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources/CCAMLR). Derzeit hat CCAMLR 25 Vertragsparteien – 24 Staaten (einschließlich Deutschland) sowie die Europäische Union (EU). Beschlüsse über Schutzgebiete müssen einstimmig angenommen werden.
Bisher wurden durch CCAMLR in den internationalen Gewässern des Südpolarmeeres zwei Schutzgebiete ausgewiesen: (1) South Orkney Islands Southern Shelf Marine Protected Area (2009; 94.000 km²; Initiative von Großbritannien) und (2) Ross Sea Region Marine Protected Area (2016; 1.55 Mio. km²; Initiative der USA und Neuseeland).
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