Einer der letzten großen Naziprozesse geht nun in die letzte Instanz

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Revisionsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof

Die nunmehr 98jährige Irmgard F hat als 18-19 jährige im KZ Stutthof als Stenotypistin gearbeitet.

In einem Prozess wurde sie im letzten Jahr zu einer Bewährungsstrafe verurteilt! Trotzdem legte die damals 97 jährige die Revision ein. Aufsehenerregend war ihre Flucht vor dem Prozess. Die 96 Jahre alte Angeklagte war vor dem Prozessauftakt aus ihrem Quickborner Altenheim geflohen und wurde später in Hamburg gefasst.Die Seniorin, gegen die zwischenzeitlich ein Haftbefehl erlassen worden war, zu Fuß auf einer Straße in Hamburg gefasst und ins Gerichtsgebäude gebracht.

Dort warteten am späten Vormittag Gericht, Staatsanwaltschaft, Verteidigung, 14 Nebenklagevertreter, Zuschauer und ein großes Presseaufgebot vergeblich auf sie. Die Seniorin hatte sich frühmorgens ein Taxi zu ihrem Altenheim in Quickborn im Kreis Pinneberg kommen lassen.

Von dort ließ sich Irmgard F. aber nicht zum Gericht, sondern zu einer nahe gelegenen U-Bahn-Station auf Hamburger Gebiet fahren.

Erst am Nachmittag entdeckte eine Polizeistreife die 96-Jährige mehr als fünf Kilometer entfernt am Rande einer viel befahrenen Straße.

Reue hat sie im Grunde genommen nicht gezeigt, denn sie sagte:” “Es tut mir leid, was alles geschehen ist”, sagte sie in ihrem letzten Wort.

Die 97-Jährige fügte hinzu:

“Ich bereue, dass ich zu der Zeit gerade in Stutthof war. Mehr kann ich nicht sagen.”

…also eher Selbstmitleid.

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Nr. 060/2024 vom 13.03.2024

Hauptverhandlung des Bundesgerichtshofs am 31. Juli 2024, 10.00 Uhr in Sachen 5 StR 326/23 über die Revision einer ehemaligen Zivilangestellten im Konzentrationslager Stutthof im Reichsgerichtsgebäude (Sitz des Bundesverwaltungsgerichts)

Von Hans Weingartz – http://www.pass-weingartz.de/hw.htm – Eigenes Werk (Originaltext: eigene Aufnahme), CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12515535

Bei dem in Leipzig ansässigen 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs ist die Revision einer 98 Jahre alten ehemaligen Zivilangestellten der SS anhängig, die sich gegen ihre Verurteilung durch das Landgericht Itzehoe wegen Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen und versuchtem Mord in fünf Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von zwei Jahren wendet. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, einen Termin zur Revisionshauptverhandlung zu bestimmen, weil die Revision der Angeklagten grundsätzliche Fragen zur Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Mord durch die Dienstverrichtung in einem Konzentrationslager, das nicht zugleich ein reines “Vernichtungslager” gewesen sei, aufwerfe (siehe Pressemitteilung Nr. 18/2024). 

Der Bundesgerichtshof wird am 31. Juli 2024, 10.00 Uhr, im Großen Sitzungssaal des Reichsgerichtsgebäudes (Sitz des Bundesverwaltungsgerichts) in Leipzig, Simsonplatz 1, über das Rechtsmittel der Angeklagten verhandeln. Eine Entscheidung soll entweder am 6. oder am 20. August 2024, 10 Uhr, am selben Ort verkündet werden. 

Vorinstanz:

LG Itzehoe – Urteil vom 20. Dezember 2022 – 3 KLs 315 Js 15865/16 jug.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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Quelle des Titelbildes: Von Hans Weingartz – http://www.pass-weingartz.de/hw.htm – Eigenes Werk (Originaltext: eigene Aufnahme), CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12516535

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