Digitalisierung: Warum hat ein Kilo Internet nicht ein Kilo Leistung?

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Wir kaufen einen Liter Milch und erwarten tatsächlich auch einen Liter Milch. 1000 Milliliter. Nicht 900ml oder 834ml, gern vielleicht auch 1051ml, aber zumindest 1000ml auf einen (1) Liter. Exakt das erwarten wir dann auch bei Produkten, die in Kilo oder Meter abgerechnet werden. Oder in Flächenmaßen, wie bei Auslegware, Stoffen oder der gemieteten Wohnfläche.

Die hier vorfindbare Ehrlichkeit war nicht immer so. Sie geht auf das ehrbare Verhalten von Kaufleuten zurück, die mit ihrem Wort und ihrem Namen für das einstanden, was sie verkauften. Eine hanseatische Tugend, die für Europa maßgeblich war und via Venedig bis nach China exportiert wurde. Einem Land, wo es komischerweise auch diesbezügliche Befindlichkeiten hinsichtlich von ausgelobter Menge und Preis gab.

Zeitgenossen, die mit ihren Gewichten auf dem Markt meinten, dass man seine Waage nicht mit dem richtigen Gegengewicht zur Ware belasten könne, endeten… schlimm. Die gierigen Händchen auf dem Richtblock abgehackt, sie selbst als Wurfziel für faules Gemüse und anderen „Leckereien abfalltechnischer Art“ mit abschließendem Gang vor die Stadtmauer zwecks Verbannung.
So lernte auch der dümmste oder cleverste Händler schnell und einprägsam, dass ein Kilo halt ein Kilo ist. Und damit er das nicht immer dem Marktmeister beweisen musste, dass seine Gewichte stimmen, waren diese geeicht und als geprüft markiert.
Dumme und Clevere meinten manchmal die Eichmarkierung fälschen zu können. Das führte dann ebenfalls zu o.g. Prozedere; nur mit dem abschließenden Gang zum Galgenberg.

Diese Art von mangelnder Toleranz scheint irgendwie abhandengekommen zu sein. Oder auch die gute alte Kaufmannssitte. Egal ob bei angebotenen Produkten oder Leistungen. Wirecard und Cum-ex sind hier genauso zu nennen wie die Aufsichts- und Kontrollorgane, die im Mittelalter scheinbar besser funktionierten als heute bei BaFin, Gewerbeamt und/oder EY.

Kontrollfrage: Hätten all diese kleinen opportunistischen und charakterlich verkommenen Zeitgenossen so gehandelt, wenn am Ende die gierigen Händchen ab gewesen wären? Man abschließend im Wind gependelt hätte, während die Krähen die nun traurig blickenden  Kulleräuglein herausgepickt hätten?

Vermutlich nicht, würden wir nicht nur meinen, sondern mit Sicherheit wissen. Denn viele von solchen Kriminellen tun das nur, eben weil am Ende nichts passiert. Man Einfluss auf die Politik nimmt, welche die parteilich besetzten Gerichte unter Druck setzt, so dass am Ende gar nichts passiert. Wie bei Cum-ex. Oder bald dann mit Wirecard.

Letztlich aber alles kein Grund warum 100 Mbit/s Internetanschluss 24/7 als Flat verkauft nicht auch 24/7 100Mbit/s leisten sollte. So 365 Tage im Jahr und alle vier Jahre auch einen Tag mehr?

Oder kann es sein, dass man Molkereien, Gemüsehändler und Fliesenverkäufer benachteiligt? Vermietern die Chance auf Gewinnsteigerungen nimmt, weil sie Wohnungen nicht größer rechnen können/dürfen??? Das wäre dann aber gegenüber den Internetanbietern eine markttechnische Benachteiligung…

Wenn also Internetanbieter sich gegenseitig damit übertrumpfen, was sie an toller Leistung anbieten, müssten da an der Leitung nicht Eichmarkierungen sein, die das für uns garantieren? Für jeden Scheiss gibt es in diesem Land zertifizierte Siegel, Aufkleber und sonst etwas. ISO-Nümmerchen. DIN-Angaben. Die EU gibt selbst vor, wie verdammte Bananen auszusehen haben.
Aber in Zeiten von der vielzitierten Industrie 4.0, der Digitalisierung und New Work, bekommt es keiner hin dem Schwindel mit dem Internet mal Richtung Pranger zu führen.

Völlig hirnlose Visionäre plappern was von Konnektivität, selbstfliegenden Flugtaxis, virtuellen Welten, digitaler Schule und sonstwas, während im Lockdown täglich die Netze zusammenbrachen, weil alle mal bei Netflix waren. Das ist natürlich völlig anders, wenn anstatt Millionen nicht Filme sehen, sondern Millionen Schüler Schule sehen wollen. Parallel mit all denen, die im Homeoffice an Meetings teilnehmen müssen, oder auf Daten und Programme ihrer Unternehmen zugreifen wollen. Klingt doch logisch.

Politiker befragt man zu dem Thema besser nicht. Als anerkannte Schul-, Ausbildungs- und Studienabbrecher, die sich mit ihrer ganzen (Rest-)Kompetenz der Politik verschrieben haben, können wir hier nicht erwarten, was oberhalb von dem liegt, was auch Forrest Gump geschafft hätte. Bankkaufleute werden in solchen Kompetenzvereinen dann Gesundheitsminister und Immobilienkauffrauen der FDP zu Bildungsministerinnen in NRW. Oder es erreichen auch mal völlig von Bildung und Wissen Befreite das Amt des Bundestagsvizepräsidenten, was wohl der bisher höchst erreichbare Meilenstein für anerkannte Schwachköpfe ist.

Doch der Bürger, der als der ständig Betrogene dasteht, der auch irgendwie sich daran gewöhnt hat von allen anderen betrogen, belogen und vorgeführt zu werden, sollte doch zumindest hier einmal hellhörig werden. Immerhin ist ein funktionierendes Netz doch schon so etwas wie ein vitaler Lebensanspruch an sich. In der Bedürfnispyramide noch gleich nach Atmen angesiedelt. Noch vor Nahrungsaufnahme und ganz weit vor Waschen, Rasieren und Zähneputzen. Und ja, der Beweis wurde im Lockdown via Homeoffice erbracht. Das ist nun wissenschaftlich Fakt! – SIC!

Und ebenso wurde täglich der Beweis erbracht, dass unsere Internetnetze alles andere als das abliefern, für was wir bezahlen. 24/7 via Flat bezahlen. Per Abbuchung.

Wie sähe es wohl aus, wenn Vodafone, Telekom, O2 und andere Helden nicht abbuchen dürften, sondern monatlich das Geld an der Haustür einsammeln müssten. Ihnen die Kundenzufriedenheit recht bildlich ins Gesicht springen würde? Der öffentliche Pranger die Türklingel ist. Und der Kunde hin und wieder zum Henker wird… Natürlich völlig ungerechtfertigt. Klar.

Die Zeiten ändern sich gerade rapide. Der Bürger nimmt nicht mehr alles hin. Der Kunde auch nicht mehr.
Wir sind auf funktionierende leistungsfähige Netze angewiesen. Als Wirtschaft sowieso. Und als Privatkunde auch, denn privat und geschäftlich lassen sich Millionen Menschen nicht mehr trennen. Das Wort Homeoffice drückt das auch für geistig Minderbegabte recht deutlich aus. Sollte also auch für Politiker*innen und Vorständ*innen verständlich sein.

Und damit ihr das nun wirklich versteht, bevor das irgendwann böse endet, mal gaaaaanz einfach ausgedrückt:

EIN (1) Kilo Internet ist EIN (1) Kilo Internet. Immer. Und überall. Nicht nur durchschnittlich 24/7 sondern immer 24/7/365,25. Und auch nicht nur bei sich am Rechner, sondern auch überall dort wohin dieses Netz so reicht. Gern auch, wenn da alle drin sind.

Also liebe CEOs, CFOs, COOs, CIOs und all die Lobbyisten, die ihr bezahlt, damit unsere genialen Politiker felsenfest glauben, dass 900, 800 oder auch mal 50g ein Kilo ergeben: ES REICHT!

Der geprellte Kunde hat es tatsächlich bemerkt und schaut nun selbst gierig auf eure Händchen. Findet Krähen wieder toll, die in altgermanischen Religionsauslegungen Götterboten sind… Das solltet ihr besser im Auge haben.

Immer daran denken: Ein Kilo ist ein Kilo. Immer und überall. Sonst ist es kein Kilo. – OK?

 

Titelfoto: Yusuf Simsek: „Bitte einsteigen“, www.simsek.ch

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1 Comment

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  1. 1
    Simone Nenke

    ….und wieder mehr als treffend erkannt und formuliert. Bzgl. “Händchen ab” und nach den “Äuglein trachtenden Krähen” – das wäre doch eine Maßnahme, um diesem Selbstbedienungsladen endlich ein Ende zu bereiten. Nur leider wurden von den Studienabbrechern die Henker ausgerottet und die Krähen insofern bestochen, dass sie doch dem dummen Michel die Äuglein heraushacken sollen. Der merkt es eventuell gar nicht. Haben fertig!

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