Böse Schlappe für die -VERFASSUNGSWIDRIG- handelnde Ampelkoalition

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Mit dieser in nachfolgendem Beitrag komplett aufgeführten Begründung des Bundesverassungsgerichtes können sich die Bundesbürger feiern.

Hat dieses richtungsweisende Urteil doch deutlich gemacht, dass die Arroganz und Großkotzigkeit einer Bundesregierung trotzem ihre Grenzen findet.

Die eingeführte Schuldenbremse wurde nicht ohne Grund eingeführt. Auch wenn diese Bundesregierung jeden Sinn für Realität und Geld verloren zu haben scheint, so kann sie doch nicht alles entscheiden.

Dieses Urteil hat der unsäglichen Regierungstruppe von Scholz deutlich gemacht, wo die Grenzen sind.

60 Milliarden sind schließlich kein Pappenstiel. Auch wenn die Grün durchseuchte Regierung gern etwas mehr Pseudoumweltschutz gehabt hätte, so geht das so nicht.

Die 60 Milliarden müssen wieder her – so oder so.

 


Bundesverfassungsgericht
Urteil vom 15.11.2023
2 BvF 1/22

Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist nichtig

Mit heute verkündetem Urteil hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit Art. 109 Abs. 3, Art. 110 Abs. 2 und Art. 115 Abs. 2 Grundgesetz (GG) unvereinbar und nichtig ist.
Die antragstellenden Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion wenden sich gegen die rückwirkende Änderung des Haushaltsgesetzes und des Bundeshaushaltsplans 2021 durch das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021. Mit diesem sollte eine im Bundeshaushalt 2021 als Reaktion auf die Corona-Pandemie vorgesehene, jedoch im Haushaltsjahr 2021 nicht unmittelbar benötigte Kreditermächtigung in Höhe von 60 Milliarden Euro durch eine Zuführung an den „Energie- und Klimafonds“ (EKF), ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes, für künftige Haushaltsjahre nutzbar gemacht werden. Die Zuführung erfolgte im Februar 2022 – also rückwirkend – für das abgeschlossene Haushaltsjahr 2021. Der EKF wurde zwischenzeitlich in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenannt.

Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an notlagenbedingte Kreditaufnahmen. Der Senat stützt seine Entscheidung auf drei, jeweils für sich tragfähige Gründe: Erstens hat der Gesetzgeber den notwendigen Veranlassungszusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation und den ergriffenen Krisenbewältigungsmaßnahmen nicht ausreichend dargelegt. Zweitens widerspricht die zeitliche Entkoppelung der Feststellung einer Notlage gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG vom tatsächlichen Einsatz der Kreditermächtigungen den Verfassungsgeboten der Jährlichkeit und Jährigkeit. Die faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr 2021 ist demzufolge unzulässig. Drittens verstößt die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 gegen den Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit aus Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG.
Die Entscheidung hat zur Folge, dass sich der Umfang des KTF um 60 Milliarden Euro reduziert. Soweit hierdurch bereits eingegangene Verpflichtungen nicht mehr bedient werden können,
muss der Haushaltsgesetzgeber dies anderweitig kompensieren.

Sachverhalt:
Der Bundeshaushalt 2021 sah ursprünglich Kreditermächtigungen in Höhe von etwa 180 Milliarden Euro vor. Im April 2021 wurden mit dem (ersten) Nachtragshaushaltsgesetz 2021 die
Kreditermächtigungen für das Haushaltsjahr 2021 um weitere 60 Milliarden Euro auf etwa 240 Milliarden Euro aufgestockt. Ermöglicht wurde dies durch einen Beschluss des Deutschen Bun-
destages vom 23. April 2021, mit dem das Bestehen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 GG – einer Ausnahme von der verfassungsrechtlichen Ver-
schuldungsgrenze – festgestellt wurde.

Im Verlauf des Haushaltsjahres 2021 zeigte sich, dass diese Aufstockungen nicht benötigt wurden. Vor diesem Hintergrund kam im politischen Raum die Vorstellung auf, die mit dem Nach-
tragshaushaltsgesetz 2021 eingeräumten Kreditermächtigungen in der vollen Höhe von 60 Milliarden Euro durch eine Zuführung an den EKF für künftige Haushaltsjahre nutzbar zu machen.
Aufgrund von Art. 1 des Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2021 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2021) wurden
das Gesamtvolumen des Bundeshaushalts 2021 von 547,7 Milliarden Euro auf 572,7 Milliarden Euro und das Volumen des EKF von 42,6 Milliarden Euro auf 102,6 Milliarden Euro erhöht. Inso-
weit wurde der Bundeshaushaltsplan 2021 entsprechend angepasst. Nach Art. 2 des Gesetzes trat die Änderung mit Wirkung vom 1. Januar 2021 und damit rückwirkend in Kraft. Das Gesetz
wurde am 25. Februar 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.

Mit ihrem Normenkontrollantrag begehren die Antragstellerin nen und Antragsteller die Feststellung, dass die im Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 vorgesehene rückwirkende Zu-
führung der Kreditermächtigungen an den EKF mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig ist.

Daneben haben sie beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung zu regeln, dass besagte Kreditermächtigungen bis zur Hauptsacheentscheidung nur in Anspruch genommen werden
dürfen, soweit der Deutsche Bundestag entsprechende Ausgaben im Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2022 beschließt. Der Senat hat diesen Antrag mit Beschluss vom 22. No-
vember 2022 abgelehnt (vgl. Pressemitteilung Nr. 104/2022 vom 8. Dezember 2022).





 


Wesentliche Erwägungen des Senats:
Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die notlagenbedingte Kreditaufnahme aus Art. 109 Abs. 3 Satz 1 und 2, Art. 115
Abs. 2 Satz 1 und 6 GG. Daneben verstößt es im Hinblick auf den Zeitpunkt seines Erlasses gegen das Gebot der Vorherigkeit gemäß Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG. Auf einen möglichen Verstoß ge-
gen die Grundsätze der Haushaltsklarheit und -wahrheit gemäß Art. 110 Abs. 1 Satz 1 GG kommt es demnach nicht mehr an.

I. 1. a) Art. 115 Abs. 2 Satz 1 GG konkretisiert das – an Bund und Länder gerichtete – grundsätzliche Verbot der strukturellen Neuverschuldung aus Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG („Schuldenbremse“).
Danach sind im Rahmen der Haushaltswirtschaft des BundesEinnahmen und Ausgaben grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Nach Art. 109 Abs. 3 Satz 4, Art. 115
Abs. 2 Satz 2 GG ist diesem Gebot Genüge getan, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Hinzu tritt
nach Art. 109 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Art. 115 Abs. 2 Satz 3 GG eine sogenannte „Konjunkturkomponente“, wonach bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen
Entwicklung die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch berücksichtigt werden können.

b) Art. 109 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG gibt dem Bundestag das Recht zu beschließen, dass die sich aus Schuldenbremse und Konjunkturkomponente ergebenden
Kreditobergrenzen im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates
entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, überschritten werden dürfen. Neben den geschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 115 Abs. 2 Satz 6 bis 8 GG
ist ein sachlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation und der Überschreitung der Kreditobergrenzen erforderlich. Bei dessen Beurteilung kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsund Beurteilungsspielraum zu. Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der notlagenbedingten
Kreditaufnahme scheidet indes aus. Allerdings ergeben sich Darlegungslasten des Gesetzgebers, um eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Nachvollziehbarkeit und Vertretbarkeit
der gesetzgeberischen Entscheidungen über die Kreditaufnahme zu ermöglichen.

c) Dem systematischen Gefüge der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Kreditaufnahme des Bundes nach den Art. 109 Abs. 3, Art. 115 GG sind darüber hinaus die haushaltsrechtlichen Prinzi-
pien der Jährlichkeit und Jährigkeit – flankiert vom Haushaltsgrundsatz der Fälligkeit – zu entnehmen.

aa) Das Prinzip der Jährlichkeit geht dahin, dass der Haushaltsplan vor Beginn des Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festzustellen ist. Nach dem Prinzip der Jährigkeit dürfen Er-
mächtigungen nur bis zum Ende des Haushaltsjahres in Anspruch genommen werden. Anschließend verfallen sie grundsätzlich ersatzlos. Der Haushaltsgrundsatz der Fälligkeit besagt,
dass im Haushaltsplan nur diejenigen Einnahmen und Ausgaben veranschlagt werden dürfen, die im Haushaltsjahr voraussichtlich kassenwirksam werden.

bb) Die genannten Haushaltsprinzipien gelten auch für die Ausnahmeregelung zur Schuldenbremse bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen nach Art. 109 Abs. 3
Satz 2, Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG. Sie können nicht durch den Einsatz von Sondervermögen umgangen werden. Ihre Einhaltung unterliegt einer strikten verfassungsgerichtlichen Kontrolle.
2. a) Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 muss sich an Art. 109 Abs. 3 Satz 2, Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG messen lassen. Deren geschriebene Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt.
Der Gesetzgeber hat jedoch den Veranlassungszusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation und den durch die notlagenbedingte Kreditaufnahme finanzierten Maßnahmen zur
Krisenbewältigung nicht ausreichend dargelegt.

aa) Die Bundesregierung verweist hierzu insbesondere auf ihre Absicht, die Förderung der pandemiebedingt geschwächten Wirtschaft mit einem weiteren politischen Anliegen – der Förderung von Klimaschutz, Transformation und Digitalisierung – zu verbinden: Eine verlässliche staatliche Finanzierung und eine Förderung privatwirtschaftlicher Ausgaben für bedeutende Zukunfts- und Transformationsaufgaben in den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung seien unter den besonderen Bedingungen der Pandemiebewältigung wesentliche Voraussetzungen, um die Folgen der Krise schnell zu überwinden, die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft zu sichern und damit das wirtschaftliche Wachstum anzuregen und nachhaltig zu stärken.

bb) Diese Begründung erweist sich als nicht ausreichend tragfähig. Zum Zeitpunkt der Gesetzesberatungen dauerte die CoronaPandemie bereits fast zwei Jahre an. Je länger das auslösende
Krisenereignis in der Vergangenheit liegt, je mehr Zeit dem Gesetzgeber deshalb zur Entscheidungsfindung gegeben ist und je mittelbarer die Folgen der ursprünglichen Krisensituation sind,
desto stärker wird der Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers eingeengt. Hiermit geht eine Steigerung der Anforderungen an die Darlegungslast des Gesetzgebers einher. Dies gilt umso mehr, wenn der Gesetzgeber –wie hier – wiederholt innerhalb eines Haushaltsjahres oder innerhalb aufeinander folgender Haushaltsjahre von der Möglichkeit der notlagenbedingten Kreditaufnahme Gebrauch macht.

cc) Je länger die diagnostizierte Krise anhält und je umfangreicher der Gesetzgeber notlagenbedingte Kredite in Anspruch genommen hat, desto detaillierter hat er die Gründe für das Fort-
bestehen der Krise und die aus seiner Sicht fortdauernde Geeignetheit der von ihm geplanten Maßnahmen zur Krisenbewältigung aufzuführen. Er muss insbesondere darlegen, ob die von
ihm in der Vergangenheit zur Überwindung der Notlage ergriffenen Maßnahmen tragfähig waren und ob er hieraus Schlüsse für die Geeignetheit künftiger Maßnahmen gezogen hat.
Eine solche Evaluation und Einordnung der bisherigen Krisenbewältigungsmaßnahmen findet sich in der Gesetzesbegründung allenfalls im Ansatz. Hierzu heißt es insbesondere, die hiesigen
Mittel ergänzten die bereits im Jahr 2020 zur Pandemiebewältigung dem EKF zugeführten Mittel und dienten damit weiterhin der Pandemiebewältigung. Die Entwicklung zeige, dass die bis-
lang zur Überwindung der außergewöhnlichen Notsituation ergriffenen staatlichen Maßnahmen wirkten. Sie seien geeignet, erforderlich und angemessen, um die akuten wirtschaftlichen
Auswirkungen der Pandemie abzufedern.

Welche konkreten Maßnahmen der EKF schon aufgrund der ersten Zuweisung ergriffen und welche (messbaren) Folgen diese Maßnahmen hatten, bleibt jedoch unerörtert. Es ist deshalb
schon unklar, ob durch das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 letztlich die gleichen Maßnahmen finanziert werden sollen wie mit der ursprünglichen notlagenbedingten Kreditermächtigung im Jahr 2020.

Eine Begründung, weshalb die noch im (ersten) Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für erforderlich erachteten Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro zum Ende des Haushalts-
jahres 2021 entgegen der ursprünglichen Planung nicht zur Krisenbewältigung verwendet worden sind, gibt der Gesetzgeber nicht. Eine solche Begründung war hier umso mehr angezeigt,
als zwischen der Feststellung einer Notlage für das Haushaltsjahr 2021 und der Beschlussfassung über das Zweite Nachtrags haushaltsgesetz 2021 fast ein Jahr vergangen war.
Anlass zu einer vertieften argumentativen Auseinandersetzung bestand auch mit Blick auf den Umstand, dass der EKF bereits sehr viel früher errichtet und die Zielsetzung der durch ihn finan-
zierten Programme bereits zum damaligen Zeitpunkt festgelegt worden war, ohne dass die bereits laufenden Programme den Eintritt der Krisenfolgen verhindert oder ihre Folgen begrenzt
hätten. Daher ist die Geeignetheit der vom Sondervermögen finanzierten Programme zur Krisenbewältigung nicht indiziert.

Schließlich lässt die Gesetzesbegründung die notwendige Abgrenzung einer notlagenbedingten Kreditaufnahme aus Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG vom Anwendungsbereich der erweiterten Kreditaufnahmemöglichkeiten aus Art. 115 Abs. 2 Satz 3 GG wegen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung nicht deutlich werden.

b) Die Zuführung an den KTF durch das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 widerspricht den Verfassungsgeboten der Jährlichkeit und Jährigkeit aus Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG.

aa) Die im Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 vorgesehene faktische Vorhaltung von Kreditermächtigungen in periodenübergreifenden Rücklagen verstößt gegen die Maßgaben aus Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG als jahresbezogene Anforderungen. Der vom Deutschen Bundestag gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG zu fassende Beschluss im Hinblick auf die Feststellung einer Notlage bezieht sich auf ein konkretes Haushaltsjahr und ist deshalb für jedes Haushaltsjahr gesondert zu treffen. Eine Entkoppelung der notlagenbedingten Kreditermächtigungen von der tatsächlichen Verwendung der Kreditmittel ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen in Art. 109 Abs. 3 Satz 2, Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG nicht vereinbar. Danach müssen sich Kreditermächtigungen, die in einem bestimmten Haushaltsjahr ausgebracht werden, auf die Deckung von Ausgaben beschränken, die für Maßnahmen zur Notlagenbekämpfung in eben diesem Haushaltsjahr anfallen.
bb) Mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 werden dem KTF als unselbständigem Sondervermögen des Bundes kreditfinanzierte Mittel in Höhe von 60 Milliarden Euro zugeführt,
die sich auf die Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme für das Jahr 2021 auswirken, während die vom Gesetzgeber zur Krisenbewältigung ins Auge gefassten Maßnahmen, deren Finan-
zierung die Kreditermächtigungen dienen sollen, für kommende Haushaltsjahre geplant sind. Tatsächlich wirksame Verschuldung entsteht für den Bund nach dieser Konzeption vor al-
lem in den kommenden Jahren und voraussichtlich über die dann für das jeweilige Haushaltsjahr geltende verfassungsrechtliche Verschuldungsgrenze hinaus. Dabei werden die jetzt
geschaffenen Kreditermächtigungen ohne Anrechnung auf die Verschuldungsgrenze des dann aktuellen Haushaltsjahres nutzbar gemacht, weil die Anrechnung bereits mit der Ermächtigung
im Ausnahmejahr 2021, nicht aber mit der späteren Kreditaufnahme selbst erfolgen soll. Dies ist mit dem Grundsatz der Jährigkeit in Verbindung mit dem Grundsatz der Fälligkeit nicht zu
vereinbaren.

cc) Eine Rechtfertigung des Verstoßes gegen Art. 109 Abs. 3 Satz 2, Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG ergibt sich weder aus den Besonderheiten der Corona-Pandemie als solcher noch daraus, dass
die Bundesregierung gegenwärtig notwendige und in der Zukunft zu Auszahlungen führende Verpflichtungen gegenüber Dritten nur mit entsprechender finanzieller Unterlegung eingehen könnte. Wenn und soweit auch in den Folgejahren die Tatbestandsvoraussetzungen einer notlagenbedingten Kreditaufnahme (erneut) erfüllt sein sollten, wäre eine solche Kreditaufnahme in der zum jeweiligen Zeitpunkt tatsächlich gebotenen Höhe zulässig. Es besteht daher kein sachlicher Grund dafür, auf Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2021 zurückzugreifen.
II. Die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 verstößt gegen das Gebot der Vorherigkeit aus Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG.
1. Der Haushaltsplan ist aufgrund des Gebots der Vorherigkeit gemäß Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich vor Beginn des Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festzustellen.
a) Das Gebot der Vorherigkeit dient der wirksamen Ausgestaltung des parlamentarischen Budgetrechts. Dieser Grundsatz zielt auf die Sicherung der Budgethoheit des Parlaments in zeitlicher Hinsicht und will insbesondere die Leitungsfunktion des Haushalts für das gesamte Haushaltsjahr gewährleisten. Alle am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Verfassungsorgane sind
gehalten, an der Erfüllung des Vorherigkeitsgebots mitzuwirken. Dies gilt auch für die Bundesregierung, der das alleinige Initiativrecht zur Einbringung eines (Nachtrags-)Haushaltsge-
setzes zusteht.

b) Das Gebot der Vorherigkeit gilt grundsätzlich auch bei der Aufstellung von Nachtragshaushalten. Im Hinblick auf den Schutzzweck des Vorherigkeitsgebots, das auf die Gewährleistung der Lenkungs- und Kontrollfunktionen des Haushaltsgesetzes und damit auf die Wirksamkeit der Budgethoheit des Parlaments zielt, ist eine entsprechende Anwendung auf die Einbringung eines Nachtragshaushalts geboten. Das Vorherigkeitsgebot wird dann zu einem Verfassungsgebot rechtzeitiger, nicht willkürlich verzögerter Korrektur oder Anpassung ursprünglich
oder nachträglich realitätsfremder Haushaltsansätze.

c) Im vorliegenden Fall geht es darum, dass ein Nachtragshaushaltsgesetz für das Jahr 2021 überhaupt erst nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 beschlossen wurde.
aa) Aus § 33 Satz 2 Bundeshaushaltsordnung folgt, dass ein Nachtragsentwurf bis zum Ende des Haushaltsjahres einzubringen ist. In der Literatur besteht jedoch die einhellige Meinung,
diese Vorschrift verfassungskonform dahingehend auszulegen,dass ein Nachtragsentwurf bis zum Jahresende parlamentarischzu beschließen ist, weil er anderenfalls nichtig wäre.

bb) Für diese Auffassung spricht, dass ein Nachtragshaushalt die ursprüngliche Planung den neuen oder geänderten Bedürfnissen anpassen soll und aus diesem Grunde selbst planenden Cha-
rakter für den Rest des laufenden Haushaltsjahres haben muss. Dieser Planungscharakter entfällt bei der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts erst nach Ablauf des Haushaltsjahres. Der
Haushaltsvollzug ist dann abgeschlossen und kann nicht mehr beeinflusst werden. Die parlamentarische Beschlussfassung über einen Nachtragsentwurf nach Abschluss eines Haushalts-
jahres widerspricht damit der Funktion eines Haushaltsplans als Planungsinstrument.

cc) Während Verstöße gegen das Vorherigkeitsgebot beim Er lass des Stammhaushalts mit Blick auf die Systematik von Art. 111 GG sanktionslos bleiben, kann dies nicht auf einen verspäteten Nachtragshaushalt übertragen werden. Art. 111 GG erlaubt der Bundesregierung für eine etatlose Zeit eine vorläufige Haushalts- und Wirtschaftsführung über die Einräumung gewis-
ser Nothaushaltskompetenzen. Für den Fall eines verspäteten Nachtragshaushaltes gibt es jedoch keine dem Art. 111 GG entsprechende Vorschrift.

2. An diesen Maßstäben gemessen ist das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar.
a) Die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes für das Jahr 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 widerspricht dem Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit.
Dass die rückwirkende Änderung des Haushaltsgesetzes 2021 durch das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz die Funktion eines Haushaltsgesetzes als Planungsinstrument verfehlt, ergibt sich
insbesondere aus der Gesetzesbegründung. Dort weist die Bundesregierung darauf hin, dass staatliche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung für das Haushaltsjahr 2021 nicht mehr umsetzbar seien.
b) Unabhängig von der Frage, ob eine Rechtfertigung dieses Verstoßes überhaupt in Betracht kommt, sind Gründe hierfür weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem Gesetzentwurf
sind keine Ausführungen hierzu zu entnehmen.

III. Die Unvereinbarkeit von Art. 1 und Art. 2 des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 mit dem Grundgesetz führt zur Nichtigkeit des Gesetzes.

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