Schwarzfahrer sollen entkriminalisiert werden – bald nur noch OWI?

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Ein Kommentar

Die neue Bundesregierung begründet diesen Vorstoß mit einer Entlastung der Polizei und Justiz.

Natürlich ist das ein Arbeitsaufwand – unbestritten. Zumeist fährt ein Streifenwagen vor Ort, an dem sich die Prüfer befinden und nimmt die Anzeige und die Personalien des Schwarzfahrers vor Ort auf.

Hat er keinen Ausweis dabei, dann muss er/sie mit zur Personalienfeststellung aufs Revier. Nach erfolgter, hinreichend plausibel festgestellter Personalien, wird die Person vor Ort entlassen. Dann wird die Anzeige erstattet und an die Justiz weitergeleitet.

Zumeist wird dann die Anzeige mit einem Formbrief aus 1983 sowieso eingestellt.

Stimmt ein großer Aufwand ist das für nichts.

 

Drohende Gefängnisstrafe

Kritiker argumentieren mit einer drohenden Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe. Diese wäre unverhältnismäßig.

Ob eine Gefängnisstrafe bei einer vorsätzlichen begangenen Straftat, verhältnismäßig ist, müsste überprüft werden: 

1.Ist die Maßnahme geeignet den Schwarzfahrer fürderhin zu einem gesetzestreuen Verhalten zu bewegen : JA – ein Gefängnisaufenthalt ist einprägsam, sei er auch nur für wenige Tage.

2.Ist die Maßnahme erforderlich oder gibt es ein milderes Mittel?

Das mildere Mittel wurde zumeist zwei bis drei Mal vorher ausgeschöpft und zeigte keinerlei Wirkung. Dieses Mittel ist in einem erhöhten Beförderungsentgelt zu sehen.

3.Ist die Gefängnisstrafe angemessen: JA – denn hier gilt es einen Bürger/in zu einem nachhaltigen gesetzestreuen Verhalten zu animieren und zu erziehen. Der volkwirtschaftliche Schaden ist von der Allgemeinheit zu tragen.

 

Rückstufung zur OWI

Hier wird von den meist nur emotional argumentierenden Kritikern stringent gefordert, dass Schwarzfahren künftig nur noch als OWI behandelt werden soll. Wer dies fordert hat das Ordnungswidrigkeitenrecht leider nicht verstanden.

Das Ordnungswidrigkeitenrecht gibt zahlreiche Sanktionsmöglichkeiten vor – die natürlich auch Ersatzfreiheitsstrafen beeinhalten.

Einleuchtend ist daher die Frage, was passieren soll, wenn die Ordnungswidrigkeiten partout nicht gezahlt werden?

Welche Sanktionen bleiben dann?

Es verbleiben schlussendlich genau vier Möglichkeiten:

  1. Einstellung des Verfahrens
  2. Pfändungsversuch
  3. Erzwingungshaft (Zahlung soll erzwungen werden)
  4. Ersatzfreiheitsstrafe

Man kann sich also auch ohne profunde Kenntnisse des deutschen (mitunter schlecht funktionierenden) Rechtssystems vorstellen, dass da keine Erleichterung der Arbeit der Polizei oder Justiz zu erblicken ist.

Wem nutzt eine Rückstufung zur OWI wirklich?

Die Frage ist schnell zu beantworten. Es nutzt genau demjenigen, der partout nicht gewillt ist sich an eine bestehende Rechtsordnung zu halten. Es nutzt genau demjenigen, der nicht bereit ist die Arbeit anderer anzuerkennen und demjenigen der gern auf Kosten anderer lebt.

Es trifft die armen Menschen

Natürlich sind es im Regelfall keine Fahrer hochklassiger Limousinen die von dieser Diskussion betroffen sind.  Eine generell kostenlose Fahrt (wie vielfach gefordert) als Wohlfahrtsbeitrag einer Stadt dürfte kaum zu finanzieren sein. Auch werden viel Menschen weiterhin mit dem Auto in die Stadt fahren.

Bei einem Beispiel wie der Stadt London, in der der Individualverkehr in der City weitgehend verbannt wurde, könnte das klappen und auch echte Gewinne in der Verbesserung der Luftqualität bringen.

Stichwort London

Oft angesprochen aber eben nicht weitergedacht wurde das Beispiel London bezüglich der Bezahlung der Bahn. In London beispielsweise bezahlt man erst, bevor man das Bahngelände betritt und muss die Karte nochmals an einen Automat anhalten um es verlassen zu können.

So wird sichergestellt, dass keine Schwarzfahrer die Bahn nehmen. Dieses Beispiel ist aber nur bedingt übertragbar, da die Bahn in London komplett unter der Erde fährt und wir wohl kaum die Bahn einzäunen wollen.

 

Per Pedes

Ich selbst bin viel und oft gelaufen. Ich verdiene kein schlechtes Geld aber um ein Beispiel zu nennen, so wäre ich auch zu geizig, knappe 4 € für eine Fahrt zu bezahlen, vom Auestadion bis hin zum Rathaus.  

Die Diskussion und die mögliche Motivationen eines Schwarzfahrers sind also bedingt nachvollziehbar.

Deshalb die Bahn aber ohne zu bezahlen zu benutzen, käme für einen sich rechtskonform verhaltenen Bürger nicht in Betracht.

Ich zum Beispiel würde deshalb ganz einfach und Oldschool laufen.

Auch ein Fahrrad käme als Beförderungsmittel in Betracht und bietet in der City einige Vorteile. Da gibt es gute und günstige Möglichkeiten ein Fahrrad zu mieten – auch in Kassel.

Dagegenhalten muss man auch, dass es auch als Mensch mit weniger Einkommen auch Möglichkeiten gibt, den Fahrpreis zu senken.

Hier sei beispielhaft die sogenannte Diakoniekarte genannt.

 

Fazit

Lassen wir es also beim Alten – echte Vorteile durch die Entkriminalisierung ergeben sich nicht.

Ein echter Zeitaufwand für die Polizei oder Justiz ist nicht zu erkennen, da auch weiterhin ausschließlich die Polizei für die Personalienfeststellung ausrücken muss – sei es nun OWI oder Straftat.

Auch der Zahlungseingang des verhängten Ordnungswidrigkeitengeldes müsste fortan von staatlichen Stellen überwacht werden.  Hinzu käme dann eben noch das erhöhte Beförderungsentgelt, was das wirtschaftlich orientierte Transportunternehmen natürlich weiterhin fordert.

Es wird also mehr statt weniger Arbeit.

 

LINKS

https://tfl.gov.uk/modes/tube/

https://www.nextbike.de/de/kassel/

Diakoniekarte

 

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