WIESBADEN – Das Jahr 2020 wurde spätestens im März zum „Corona-Jahr“. Das Virus SARS-CoV-2 hatte Deutschland erreicht, fortan beherrschten die Pandemie und ihre Folgen die Nachrichten und den Alltag der Menschen. In zahlreichen seiner mehr als 650 Pressemitteilungen und mit neuen Datenangeboten hat das Statistische Bundesamt (Destatis) die Krisenfolgen sichtbar gemacht. Doch auch abseits der Krise berichtete die amtliche Statistik interessante Fakten. Ein statistischer Jahresrückblick.
Januar: Deutsche Wirtschaft 2019 zum zehnten Mal in Folge gewachsen
Ein Wachstum des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von gerade einmal 0,6 % – diese Zahl verkündet das Statistische Bundesamt am 15. Januar. Zwar war die deutsche Wirtschaft im abgelaufenen Jahr 2019 zum zehnten Mal in Folge gewachsen, aber der Schwung hatte deutlich nachgelassen. Noch sind der Rückgang des BIP im 1. Quartal 2020 und der folgende historische Einbruch im 2. Quartal 2020 nicht absehbar, wenngleich das „neuartige Corona-Virus“ sich immer stärker seinen Weg in die Nachrichten und nach Europa bahnt. Die Fluggesellschaften stellen in der zweiten Januarhälfte ihre Verbindungen von und nach China ein, das Statistische Bundesamt beleuchtet daraufhin die Passagierzahlen auf diesen Routen.
Februar: Der Klimawandel – das von der Pandemie (fast) verdrängte Thema
Der Klimawandel und seine Folgen – das wäre wohl das Thema des Jahres gewesen, hätte nicht die Corona-Pandemie die Welt heimgesucht. Extreme Wetterlagen machen den Ökosystemen zu schaffen, und so auch dem Wald. Im Februar wütet der Orkan „Sabine“ über das Land. Welche Folgen solche Stürme und auch die zunehmende Trockenheit haben, zeigt sich am sogenannten Schadholzeinschlag: 2018 war der durch Wind- und Sturmschäden verursachte Holzeinschlag fast viermal so hoch wie 2017, und 2019 war der Holzeinschlag aufgrund von Insektenbefall fast dreimal so hoch wie 2018.
März: Leere Regale wegen „Hamsterkäufen“ im ersten Lockdown-Monat
Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, beschließen Bund und Länder den „Lockdown“, das weitgehende Herunterfahren des öffentlichen Lebens bis hin zur Schließung von Schulen und Kitas. Die Supermärkte, die Drogerien – alles, was der Versorgung mit Gütern täglichen Bedarf dient – bleiben offen. Und es wird „gehamstert“. Symbol der Vorratskäufe wird das Toilettenpapier: Mit experimentellen Daten zeigt das Statistische Bundesamt, dass der Toilettenpapier-Absatz Mitte März auf das Dreifache des Normalmaßes gestiegen ist, Desinfektionsmittel sind bereits zum Monatsanfang mehr als achtmal so gefragt wie in normalen Zeiten. Auch bei Mehl oder Teigwaren blicken die Verbraucherinnen und Verbraucher häufig in leere Regale.
April: Wirtschaftliche Krisenfolgen werden sichtbar
Sehr schnell verfügbare und dennoch verlässliche Daten sind zur Bewertung der Krisenfolgen unverzichtbar. Das Statistische Bundesamt und das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) aktualisieren deshalb ihren schnellsten Konjunkturindikator, den Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, nun vorübergehend arbeitstäglich statt monatlich. Das am 9. April veröffentlichte Ergebnis für März zeigt: Die Fahrleistung der mautpflichtigen Lkw auf den Autobahnen ist gegenüber Februar saisonbereinigt um 5,9 % gesunken – der stärkste je gemessene Rückgang gegenüber einem Vormonat seit Einführung der Lkw-Maut im Jahr 2005. Ebenfalls im April geht die Sonderseite „Corona-Statistiken“ online, die Statistiken zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisenfolgen bündelt.
Mai: Sterbefallzahlen zeigen Übersterblichkeit in Deutschland – „Krisenmonitor“ erlaubt Vergleich zwischen Corona-Krise und globaler Finanz- und Wirtschaftskrise
Mit einer Sonderauswertung von Sterbefallzahlen zeigt das Statistische Bundesamt, dass in Deutschland seit Ende März eine Übersterblichkeit vorlag. Das heißt, es starben mehr Menschen als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 zu dieser Zeit im Jahr, obwohl die alljährliche Grippewelle bereits als beendet galt. Im April wurden schließlich so viele Sterbefälle gezählt wie zuletzt im April des Jahres 1977. Im Mai sanken die Sterbefallzahlen wieder unter den Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Unterdessen wird die Schwere der wirtschaftlichen Krise deutlich: Das Statistische Bundesamt teilt in seiner Schnellmeldung am 15. Mai mit, dass das Bruttoinlandsprodukt im 1. Quartal 2020 preis-, saison- und kalenderbereinigt um 2,2 % gegenüber dem 4. Quartal 2019 gesunken ist (revidiertes Ergebnis vom 24. November 2020: -1,9 %). Das war der stärkste Rückgang seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Diesen und andere Krisenvergleiche erlaubt nun auch der neu veröffentlichte „Krisenmonitor“.
Juni: Die Bevölkerung in Deutschland wächst, aber nicht so stark wie in den Vorjahren
Die Bevölkerung Deutschlands ist auch 2019 gewachsen, aber langsamer als in den Vorjahren. Zum Jahresende 2019 lebten 83,2 Millionen Menschen in Deutschland, 147 000 Personen oder 0,2 % mehr als Ende 2018, wie das Statistische Bundesamt am 19. Juni mitteilt. Seit 2011 wuchs die Bevölkerung, nach dem zuwanderungsbedingten Rekordzuwachs im Jahr 2015 (+978 000 Personen beziehungsweise +1,2 %) aber im Jahr 2019 nur noch etwa auf dem Niveau des Jahres 2012 (+196 000 Personen beziehungsweise +0,2 %).
Juli: Historischer Einbruch der Wirtschaftsleistung im 2. Quartal 2020
Am 30. Juli, und damit erstmals 30 statt 45 Tage nach Quartalsende, veröffentlicht das Statistische Bundesamt erste Ergebnisse zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im 2. Quartal 2020. Die deutsche Wirtschaft erlebt einen historischen Einbruch: Das preis-, saison- und kalenderbereinigte BIP ist laut Schnellmeldung im 2. Quartal 2020 gegenüber dem 1. Quartal 2020 um 10,1 % gesunken. Nach revidiertem Ergebnis fiel das Minus mit -9,8 % zwar etwas geringer aus als zunächst vermeldet, dennoch war dies der mit Abstand stärkste Rückgang seit Beginn der vierteljährlichen BIP-Berechnungen für Deutschland im Jahr 1970. Er fiel deutlich stärker aus als während der Finanz- und Wirtschaftskrise (-4,7 % im 1. Quartal 2009).
August: So wenige Straßenverkehrsunfälle im 1. Halbjahr 2020 wie noch nie seit 1990
Lockdown, Kontaktbeschränkungen, Homeoffice – die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie führten dazu, dass der Straßenverkehr im Frühjahr zeitweise deutlich abnahm. Ein Ergebnis: Knapp ein Fünftel weniger Straßenverkehrsunfälle im 1. Halbjahr 2020 als im Vorjahreszeitraum. Noch nie seit der deutschen Vereinigung im Jahr 1990 starben von Januar bis Juni weniger Menschen im Straßenverkehr, wie das Statistischen Bundesamt am 21. August berichtet. Von Anfang März bis Ende Juni passierten im Vorjahresvergleich sogar gut ein Viertel weniger Straßenverkehrsunfälle.
September: „Deutschland-Quiz“ zu 30 Jahren Deutsche Einheit
Im Vorfeld des 30. Jahrestages der Deutschen Einheit veröffentlicht das Statistische Bundesamt am 7. September sein „Deutschland-Quiz“. In 30 Fragen ist das Wissen der Nutzerinnen und Nutzer zu Gemeinsamkeiten von Regionen in Ost und West gefragt: Wo in Ost- und Westdeutschland gibt es ähnlich viele Neugeborene mit unverheirateten Eltern? Wo fällt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ähnlich aus? Wo benötigt man ähnlich lange zum nächsten internationalen Flughafen? Das Deutschland-Quiz zeichnet ein vielschichtiges, detailliertes Bild von Deutschland. Im Fokus stehen nicht die Unterschiede, nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame der Regionen.
Oktober: Mobilität in Corona-Hotspots sinkt überdurchschnittlich
Corona lässt nicht locker: Die sogenannte „zweite Welle“ mit rasant steigenden Covid-19-Fallzahlen rollt heran. Viele Regionen Deutschlands überschreiten die Grenze von mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern innerhalb der vorangegangenen sieben Tage. Das Statistische Bundesamt zeigt mit seinen experimentellen Mobilitätsindikatoren auf Basis von Mobilfunkdaten, dass die Mobilität in den „Corona-Hotspots“ stärker abnimmt als in Regionen unterhalb der kritischen 7-Tage-Inzidenz. Dennoch sinkt die Mobilität im Bundesdurchschnitt erst nach dem Inkrafttreten des „Lockdown light“ am 2. November erstmals seit Juni über eine Woche hinweg unter das Vorjahresniveau. Die Wirtschaft hat sich unterdessen im abgelaufenen 3. Quartal 2020 wieder erholt, das preis-, saison- und kalenderbereinigte BIP stieg gegenüber dem 2. Quartal 2020 um 8,5 %. Eine Entwicklung in Form eines „V“, also eine schnelle Erholung nach abruptem Einbruch, war in vielen Wirtschaftsbereichen erkennbar. Dennoch blieb die Wirtschaftsleitung 4,0 % unter dem Niveau des 4. Quartals 2019, dem Quartal vor Beginn der globalen Corona-Krise.
November: Künftig mehr ab 65-Jährige als unter 20-Jährige im Erwerbsleben
Bedingt durch den demografischen Wandel wird es im Jahr 2030 voraussichtlich mehr Erwerbspersonen im Alter von 65 bis 74 Jahren als im Alter unter 20 Jahren geben. Das zeigt die Erwerbspersonenvorausberechnung 2020. Zu Beginn des kommenden Jahrzehnts werden demnach 1,5 bis 2,4 Millionen Erwerbspersonen 65 bis 74 Jahre und nur etwa 1,1 Millionen 15 bis 19 Jahre alt sein. 2019 umfassten beide Gruppen jeweils 1,2 Millionen Erwerbspersonen. Bis zum Jahr 2060 wird die Gesamtzahl der Erwerbspersonen zwischen 15 und 74 Jahren dann – je nach zugrundeliegenden Annahmen – von 43,6 Millionen im Jahr 2019 mindestens auf 41,5 Millionen und höchstens auf 33,3 Millionen abnehmen. Die Hauptursache für das Sinken der Erwerbspersonenzahl: Die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1970 werden in den kommenden 25 Jahren aus dem erwerbsfähigen Alter ausscheiden.
Dezember: Dashboard Deutschland komplettiert neues Datenangebot – Start der Impfungen gegen das Corona-Virus für 5,7 Millionen ab 80-Jährige
Am 15. Dezember geht das „Dashboard Deutschland“ online. Mit dem interaktiven Portal bündelt das Statistische Bundesamt hochaktuelle Daten der amtlichen Statistik und anderer Datenanbieter. Bereits zum Start zeigt das Dashboard mit mehr als 100 Indikatoren zu den Themenbereichen Wirtschaft und Finanzen sowie Gesundheit und Mobilität umfassend die aktuelle Situation Deutschlands. Das Angebot dient auch als Gradmesser für die Corona-Krise. Zum Jahresende dann der Impfstart: Am 27. Dezember beginnen in Deutschland die Impfungen gegen das Corona-Virus, zunächst unter anderem für die rund 5,7 Millionen Menschen im Alter ab 80 Jahren, von denen viele zu den 0,82 Millionen vollstationär in Pflegeheimen betreuten Pflegebedürftigen gehören.
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