Im Faserland

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Von der Produktion von Textilien über ihre Nutzung bis zu ihrer Entsorgung – im Bemühen, den Ausstoß von textilem Mikroplastik nachhaltig zu reduzieren, gilt es auf allen Stufen des Produktlebenszyklus Einspar- und Optimierungspotenziale zu identifizieren und zu nutzen. So lautet die zentrale Erkenntnis der Fachkonferenz „Textiles Mikroplastik – Lösungsansätze aus Industrie und Forschung“, welche die Partner des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojektes TextileMission am 7. November 2019 in Berlin veranstalteten. In der Eventlocation „Alte Turnhalle“ stellten sie erste Ergebnisse ihrer Forschungstätigkeiten vor und diskutierten mit den knapp 90 Teilnehmern erfolgversprechende Lösungsansätze.

„Studien zufolge stammen 20 bis 35 Prozent des weltweit in den Meeren nachgewiesenen Mikroplastiks aus synthetischer Bekleidung. Die Faserfragmente können zu Entzündungen und Verstrickungen im Verdauungstrakt von Meeresbewohnern führen. Sie beeinflussen das natürliche Verhalten, verringern die Fortpflanzungsfähigkeit und können zum Tod von Meerestieren führen“, verdeutlichte Caroline Kraas, Projektmanagerin Mikroplastik des WWF Deutschland, der zu den Partnern des Projekts gehört, das Ausmaß der Problematik und gab Hinweise zur Lösungsfindung: „Wichtig ist es aus Nachhaltigkeitsperspektive, den Forschungs- und Handlungsrahmen möglichst weit zu spannen. Es geht nicht nur um den Partikelaustrag, der durch die Haushaltswäsche von synthetischen Textilien verursacht wird. Bereits in der Textilproduktion kommt es zu erheblichen Emissionen, während des Tragens entsteht Abrieb, und durch Exporte und auf der Mülldeponie werden Fasern freigesetzt. Vermeidung muss im gesamten Zyklus ansetzen.“

Stärkster Mikroplastikaustrag während der ersten drei Waschgänge

Was sind die Ursachen für Mikroplastikausstoß bei Textilien? Welchen Einfluss hat das Waschverhalten? Welche textiltechnischen Ansätze gibt es, emissionsärmere Textilien zu entwickeln? Antworten auf diese Fragen gaben die Projektpartner Dr. Jens Meyer und Malin Obermann, wissenschaftliche Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Textil und Bekleidung der Hochschule Niederrhein, in ihrem Vortrag. Bislang standen Fleece-Produkte im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen – ein Fokus, den es zu erweitern gilt, wie Jens Meyer erläuterte: „Fleece-Produkte galten bislang aufgrund der absichtlichen Zerstörung von Fasern während des Scher- und Rauhprozesses in der Produktion als besonders mikroplastikemittierend. Weitgehend stimmt das auch. Allerdings zeigen in unseren Wasch- und Trocknungstests herkömmliche Filament-Waren wie Pullover und T-Shirts aus Polyester teilweise einen ähnlich hohen Partikelausstoß“. Ein weiteres Testergebnis sticht ins Auge: Während der ersten drei Waschgänge eines neuen Kleidungsstücks werden bei Weitem die meisten Mikropartikel freigesetzt. „Dies deutet darauf hin, dass sich häufig noch aus der Produktion stammende lose Faserfragmente im Produkt befinden, die erst bei der Haushaltswäsche ausgetragen werden“, so Jens Meyer. Ein Lösungsansatz, den alle TextileMission-Partner für erprobenswert erachten, könnte ein der Herstellung unmittelbar angeschlossener Verarbeitungsschritt (z.B. Vorwäsche oder Vortrocknung) sein. Eine Vortrocknung hätte mehrere Vorteile: Die anfallenden Faserfragmente sind grundsätzlich leichter aus Luft zu filtern als aus Wasser. Zudem würden die für den Verkauf wichtige Haptik und das Volumen der neuen Kleidungsstücke weniger stark beeinflusst als bei einer Wäsche.

Tipp für Verbraucher: Die Waschmaschine stets so voll wie möglich packen

Sollte er sich als praktikabel erweisen, würde dieser Ansatz zu Beginn des Produktlebenszyklus greifen. Verbraucher fragen sich dagegen, welchen Beitrag sie anschließend während der Nutzungsphase leisten können. „Es empfiehlt sich, die Waschmaschine immer möglichst weit zu füllen. Denn bei geringer Beladung sind Textilien einer höheren mechanischen Belastung ausgesetzt und setzen daher mehr Mikroplastik frei“, erläuterte Jens Meyer. Der Verwendung eines auf dem Markt befindlichen Waschbeutels, der verspricht, den größten Teil des textilen Mikroplastiks herauszufiltern, stehen die Textilforscher allerdings skeptisch gegenüber. „Zwar ergeben sich durch die Schonung des Textils durch den umliegenden Waschbeutel gewisse positive Effekte, die angekündigte Filterleistung konnten wir in unseren Tests allerdings nicht nachweisen“, so Meyer. Zudem werde durch den Beutel die Waschleistung gemindert.

Produktentwicklung: Maschinenparameter und alternative Fügetechniken als Hebel

Die Hochschule Niederrhein forscht nicht nur an den Ursachen für Mikroplastikverlust, sondern auch an der Entwicklung von Sport- und Outdoortextilien, die von Anfang an einen geringeren Mikroplastikausstoß aufweisen. Malin Obermann erläuterte zwei Ansätze auf verschiedenen Stufen der textilen Produktionskette. „Schon während des Strickprozesses in den Produktionshallen der Hersteller von Flächenkonstruktionen gibt es eine starke Belastung durch Mikroplastik. Erste Versuche mit unserer institutseigenen Großrundstrickmaschine zeigen, dass bereits die Veränderung von zwei Maschinenparametern zu einer signifikanten Senkung des Partikelausstoßes führen kann“, sagte Obermann.

Wenn das Ausgangsmaterial später von den Konfektionären zu Fleece-Jacken und -Pullovern zusammengefügt wird, gibt es ebenfalls erfolgversprechende Hebel. „Herkömmliche Nähte erhöhen das Ausstoßpotenzial. Alternative Fügetechniken wie das von uns bereits getestete Ultraschallschweißen könnten dazu führen, diesen Ausstoß zu vermindern.“ Ob auf diese Weise hergestellte Kleidungsstücke auch die gleichen Performance-Eigenschaften haben wie marktgängige Produkte, muss sich allerdings noch zeigen. Im weiteren Projektverlauf werden die Textilforscher gemeinsam mit den teilnehmenden Industriepartnern wie VAUDE auch biologisch abbaubare Fasermaterialien als umweltschonende Alternative testen und an der Implementierung der Lösungsansätze in die textile Lieferkette arbeiten.

Biologische Abbaubarkeit von Fasermaterialien in Kläranlagen: Viskose schneidet gut ab

In welchem Umfang als biologisch abbaubar deklarierte Materialien in einer Kläranlage tatsächlich abgebaut werden, ist im Rahmen von TextileMission ein Forschungsschwerpunkt der TU Dresden. Prof. Dr. Stefan Stolte, Leiter des Instituts für Wasserchemie, erläuterte den Konferenzteilnehmern erste Ergebnisse, die mittels Laborkläranlagen und dem Oxitop-Testsystem erzielt wurden: „Innerhalb unseres Versuchszeitraums von 58 Tagen wurde reines Polyester erwartungsgemäß so gut wie gar nicht abgebaut, zellulosische Fasern wie Viskose jedoch fast vollständig. Dabei zeigte sich, dass Farbstoffe, die in diesem Fall etwa 0,2 – 0,4 Gewichtsprozent der Viskosefaser ausmachten, keinen negativen Einfluss auf die biologische Abbaubarkeit des Materials hatten.“ Eine eventuelle Toxizität des in der Regel nicht abbaubaren Farbstoffes bleibt davon jedoch unberührt. Stefan Stolte warnte allerdings vor einer vorschnellen optimistischen Verallgemeinerung der Ergebnisse: „Diese Aussagen zur biologischen Abbaubarkeit beziehen sich auf das System Kläranlage – das Abbauverhalten etwa in der Tiefsee läuft unter ganz anderen Voraussetzungen.“ Wassertemperatur und -druck sind hier nur zwei Beispiele.

 

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Original Content von WWF Deutschland präsentiert durch das Nordhessen Journal

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