Köln, Mai 2018. Geld, Häuser oder wertvoller Schmuck – so stellt man sich ein Erbe vor. In der Realität sieht das oftmals anders aus: Bei fast sieben Millionen privat überschuldeten Menschen in Deutschland sind Erbschulden keine Seltenheit. Wie man sich vor der Schuldenübernahme schützen kann, erklärt Markus Mingers, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Mingers & Kreuzer.
Ausschlagen eines Erbes: Schulden lösen sich nicht in Luft auf
Wer erbt, bekommt nicht nur das Vermögen, sondern gegebenenfalls auch Schulden. Ein Erbe übernimmt die Rechtsposition des Verstorbenen und somit auch seine Verpflichtungen. Darunter fallen Zahlungen von Kosten für die Beerdigung, der Nachlassverwaltung oder Erbschaftssteuer. „Daher sollte sich ein Erbe unbedingt einen Überblick über das Vermögen verschaffen. Kontoauszüge oder Schriftverkehr können genauso wie Gespräche mit den Verwandten über den Lebensstil des Verstorbenen Auskunft geben“, weiß der Rechtsexperte Mingers. Wenn das Erbe letztendlich in den Minusbereich geht, kann auf das Erbe verzichtet werden. Generelle Bedingungen, dass man bei Verschuldung des Verstorbenen auf die Erbschaft verzichtet, sind unzulässig.
Testament und Fristbeginn
Die Frist von sechs Wochen beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem der Hinterbliebene von der Erbschaft erfährt, was meistens mit dem Todesdatum einhergeht. Bei einem Verwandtschaftsverhältnis ist von der Kenntnis des Erbes auszugehen – dazu muss es in der Regel nicht offiziell bekannt gegeben werden. Nahe Verwandte können sich folglich nicht darauf berufen, die Frist verpasst zu haben. Wichtig ist außerdem, dass im Falle eines Testaments oder Erbschaftsvertrags die Frist mit dessen Eröffnung beginnt. Die Erklärung zum Ausschlagen des Erbes kann entweder von einem Notar oder vor dem Nachlassgericht im Wohnort des Erblassers oder Erben erklärt werden. Der Erbanspruch geht dann auf den nächsten Erben über. „Wenn das Erbe ausgeschlagen wird, bekommt der Erbe grundsätzlich gar nichts. Kleidungsstücke oder Erinnerungsfotos aus der Wohnung dürfen auch nicht mitgenommen werden“, fügt Mingers hinzu. Trotz des Ausschlagens müssen die Erben für die Bestattung aufkommen.
Haftung, Anfechtung und Alternativen
Falls auf ein Erbe vorschnell verzichtet wurde, besteht die Möglichkeit, das ausgeschlagene Erbe innerhalb von sechs Wochen anzufechten. „Voraussetzung ist ein guter Grund, wie beispielsweise zuvor unbekannte Immobilien“, erklärt der Rechtsexperte Mingers. Wenn ein Erbe nicht sicher ist, ob er für alle Schulden aufkommen kann, muss er das Erbe nicht direkt ausschlagen.
Es gibt die Alternative der Nachlassverwaltung. Der dann eingesetzte Verwalter ordnet den gesamten Nachlass und zahlt die Gläubiger aus. Das Plus bekommt der Erbe ausgezahlt – für das Minus muss der Erbe nicht aufkommen. Ist jemand dazu verpflichtet, das Erbe anzutreten, kann das Vermögen durch ein sogenanntes Nachlassinsolvenzverfahren gesichert werden. Auf diese Weise haftet der Erbe nicht mehr mit seinem Gesamtvermögen. „Über die Nachlassverwaltung sowie das Nachlassinsolvenzverfahren sollte sich ein Erbe unbedingt informieren, da diese Verfahren nicht kostenfrei sind“, rät Mingers.
Über Markus Mingers: Markus Mingers ist Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Mingers & Kreuzer in Köln. Als Experte für Verbraucherfragen vertritt er zahlreiche Klienten auf unterschiedlichsten Rechtsgebieten, darunter Arbeitsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Versicherungsrecht und Wirtschaftsrecht.
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