Der Landtag hatte im Sommer 2020 mit den Stimmen der Regierungskoalition (CDU und Grüne) ein Sondervermögen in Höhe von 12 Milliarden Euro verabschiedet, um die negativen Effekte der Pandemie auf Wirtschaft, Kommunen und Gesellschaft abzufedern.
Das sog. „Gute-Zukunft-Gesetz“ wurde aber von der Opposition insgesamt in Frage gestellt, da es gegen haushaltsverfassungsrechtliche Grundsätze (Schuldenbremse) verstoßen könnte und das Verbot der Neuverschuldung in Nachfolgejahren aushebeln könnte.
2020 hatte sich die Opposition einhellig für ggf. erforderliche Nachtragshaushalte ausgesprochen, die dann allerdings im Rahmen der Schuldenbremse hätten verfassungskonform und durch das Parlament verabschiedet sein müssen.
So allerdings hat sich die Regierung mit dem Sondervermögen die Möglichkeit geschaffen ohne Bewilligung (oder Kontrolle!) durch das Parlament, auch nach 2020 Haushaltsmittel zu beschaffen und so die Neuverschuldungsregeln zu unterlaufen.
Der Richter sagte schon im Vorfeld der Entscheidung, „dass eine Krise kein Freibrief für jedwede Verschuldung sei“ und stellte auch die Frage, warum der Weg via Nachtragshaushalten gerade nicht beschritten wurde…
Das so geschaffene Sondervermögen sollte mach dem Willen der Landesregierung über dreieinhalb Jahre abrufbar sein und wäre dann außerhalb der parlamentarischen Kontrolle, der Schuldenbremse und der Neuverschuldungsordnung verfügbar gewesen.
Das Urteil wird für Ende Oktober erwartet und dürfte Signalwirkung nach Berlin haben.
Die sich gerade bildende Ampelkoalition versucht nämlich auch ein solches Sondervermögen in bisher nie dagewesener Höhe anzulegen, um es als „Sparschwein“ bei Bedarf und außerhalb der Haushaltsgesetze zu nutzen.
Auch sie versucht, wie die Hessische Regierung 2020, die Corona-Notlösungen zu nutzen, um den möglichen (…!!) Finanzbedarf späterer Jahre schon jetzt anzulegen, und so die Regelungen für die Neuverschuldung und die Schuldenbremse zu umgehen.
Alternativ – und wohl auch in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Probleme – versucht die Ampel-Regierung die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit der Schuldenaufnahme und Kreditvergabe am Bundeshaushalt vorbei zu beauftragen und so einen Schattenhaushalt aufzubauen. Auch diese Lösung ist umstritten.
Unstrittig scheint aber zu sein, dass Bund wie auch Länder versuchen via solchen Tricks die aus gutem Grund existierenden gesetzlich- und auch verfassungsmäßigen Bremsen zur Neuverschuldung unter Nutzung der Corona-Notverordnungen zu umgehen. Eigentlich mit Füßen zu treten.
Jedes Unternehmen, das steuer- und bilanzrechtlich so agieren würde, würde bestraft werden.
Für den Bürger verständlich ausgedrückt wäre es so, dass wenn der Bürger pleite ist, sein Einkommen nicht mehr zur Deckung der Lebenshaltungskosten reicht und er zum Sparen gezwungen ist, die Bank den Kredithahn zugedreht hat, er versucht einen Riesenkredit zu bekommen, um sein Lebensstil die nächsten Jahre aufrechterhalten zu können, ohne die Bank weiter „behelligen zu müssen“.
Der Vergleich hinkt aber an einer Stelle: keine Bank wäre so dämlich das mit sich machen zu lassen, wie wir alle wissen…
Sollte also der Versuch des Sondervermögensaufbaus in Hessen staatsrechtlich scheitern, wäre diese Möglichkeit vermutlich auch im Bund vom Tisch, da sich das Bundesverfassungsgericht mit Sicherheit an dem Urteil samt Begründung in Hessen orientieren wird. Sobald, nicht wenn, geklagt wird.
Dass man hier also wenig liest, gerade auch und im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen, ist fast schon folgerichtig, da die Pläne der mögliche Ampel-Regierung allesamt auf eine weitere starke Neuverschuldung – dann auch außerhalb der Corona-Krise – setzen.
Wer als Regierender zur Finanzierung seiner Vorstellungen Wege sucht, dabei die Verfassung und das Recht mit Füßen tritt, um Pläne umzusetzen, die so nicht finanzierbar sind und für jeden anderen normalen Bürger im Gefängnis enden würden, zeigt recht deutlich, was er von seinen Bürgen und der gültigen und verbindlichen Rechtsordnung wirklich hält. – SIC!
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