Filesharingportal „share-online.biz“ geschlossen. Folgen für Geschädigte, Betreiber und Nutzer

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Wir alle kennen diesen netten Spot vor jeder DVD und im Kino, wo eine Mutter mit ihren Kinderchen für den Papa im Gefängnis Geburtstagsgrüße singt. Als der Kleinste fragt, wann der Papa denn wiederkommt antwortet die Mutter: „Noch viermal singen…“

Share-Online von den Behörden abgeschaltet

Das droht nun auch den Betreibern des Tauschportals Share-Online.biz, deren Seite von der Zentral- und Ansprechstelle Cyberkriminalität NRW (ZAC NRW) in einer gemeinschaftlichen Aktion mit anderen innerdeutschen und französischen Dienststellen geschlossen wurde.

 

Was alles in den Bereich von Raubkopien fällt kann HIER nachgelesen werden.

 

In aller Kürze sollte der Hinweis für geneigte Menschen reichen, dass alles was der Mensch umsonst herunterladen kann, was aber anderswo etwas kostet, in aller Regel eben nicht umsonst ist.
Und das trifft dann nicht nur die Betreiber dieser Seite, sondern auch die Nutzer, denen diverse Abo-Angebote für Downloads von Musik, Filmen und Büchern angeboten wurden. An dieser Stelle Gutgläubigkeit vorauszusetzen verbietet sich. Ein Unschuldsvermutung anzunehmen auch, zumal weltweit Fälle solcher Plattformen durch die Presse gingen.
Erstaunlicherweise kommt das Argument „vertrauensselige Ahnungslosigkeit“ gern bei denen auf, die selbst die Produkte eigener Arbeit aber jederzeit bezahlt sehen wollen. Die nie auf den Gedanken kommen würden mit eigener monatelanger Arbeit anderen etwas umsonst zukommen lassen zu wollen, wofür diese anderswo etwas zahlen müssten. Sogar zahlen würden.
Das trifft dann auch auf Eltern zu, deren Kinder mit ihren internetfähigen Endgeräten wer weiß was treiben und sich dabei für so clever halten. Sich nette Accountnamen geben, mit fiktiven Adressen arbeiten aber aus Bequemlichkeit sich von zu Hause aus einloggen. Ggf. mit Papa’s IP-Adresse, an der das Endgerät halt auch hängt. Natürlich dann auch online bezahlen. Mit diversen Bezahlsystemen, die der Betreiber gern zu akzeptieren bereit war. Nur dass da dann auch eigene Daten dranhängen. Hier der Staatsanwaltschaft nun „Unwissenheit“ vormachen zu wollen dürfte entfallen, zumal selbst Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Und Vorsatz erst recht nicht; so ein fiktiver Accountinhaber auch auf kriminelle Energie schließen lässt und die ohnehin rechtlich nicht haltbare Unschuldsvermutug durch Unwissenheit beim Download ad absurdum führt. Beim Upload von urhebergeschützten Medien sowieso.

Hier zeigt sich, dass viele ganz offensichtlich nicht so clever sind, wie sie glaubten. Und das ist alles schön und säuberlich auf den Servern dokumentiert. Wann wer was heruntergeladen hat, wie er mit was über wen bezahlt hat. Es ggf. auch selbst noch dupliziert und weitergegeben hat und so vom „gutwilligen User“ zum „wohltätigen uploadenden Eigenbetreiber“ wurde.

Betreiber von Share-Online im Fokus

So die Theorie, die technisch auch hinreichend machbar ist, um alle Beteiligten aufzuspüren, dingfest und haftbar zu machen…
Praktisch heißt das aber bei sechs (6!) Millionen Usern des Systems mit Zigmillionen Transaktionen im Jahr, dass der Aufwand selbst mit speziellen Such- und Dokumentationsprogrammen so nicht (wirtschaftlich) leistbar ist. Zudem man zwischen reinen Downloadern (Kunden), Uploadern (Mittätern) und Betreibern der Plattform, und das sind deren drei, unterscheiden muss. Rechtlich sowieso und dann auch hinsichtlich des Aufwandes sie forensisch justiziabel dingfest zu machen.
Daher wird man sich auf die drei Betreiber konzentrieren und die sichergestellten Daten nach denen durchsuchen, die in größerem Umfang – der an sich erst einmal zu definieren wäre – up- bzw. downgeloadet haben. Im Falle von Downloads wurden die relevanten Daten in aller Regel aber schon nach ein paar Stunden vom Betreiber gelöscht…

Das schafft natürlich ein völlig falsches Gefühl bei all denen, die sich schon immer als clever ansahen und sich nun auch noch straffrei aus der Affäre ziehen können, wenn nicht ein Wunder geschieht. Und letzteres ist bei der Personaldecke, den technischen Ressourcen der Ermittler und dem notwendigen Aufwand eher rein hypothetischer Natur.

Also setzt jetzt erst mal das große Aufatmen ein, dem wohl kaum ein Lernerfolg folgen werden wird. Soziales und wirtschaftliches Parasitentum, das in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft oft und gern moralisch wie ethisch angeprangert wird, hat wieder einmal an seiner breiten Basis keinerlei Folgen. Dreistigkeit obsiegt. Eine tolle Lehre, die wir besser so nicht zur pädagogischen Grundlage machen sollten. Dennoch wird sie es.

„Wo Urheberrecht an digitalen Werken, egal ob Film, Musik, Game oder Buch, der wirtschaftlichen Beliebigkeit unterliegen, wo ein Invest in ein Produkt nicht vollumfänglich an den Schaffenden zurückfließt, da ist langfristig dann auch das Angebot an sich gefährdet.“

 

Nur interessiert das keinen, da das für einen selbst dank rechtlich-prozessualer Komplexität (noch) straffrei ist. Wohlgemerkt: es scheitert am rechtlichen Verfahren NICHT an der nachweisführenden Technik. Diese erlaubt schon jetzt klare Zuordnungen. Die möglichen Straftäter zu verfolgen folgt der wirtschaftlichen Opportunität basierend auf den aktuellen Ressourcen der Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden. Im Rahmen der Digitalisierung (z.B. künstliche Intelligenz) und der nicht erreichten Verjährungsfristen kann sich das aber auch schnell ändern. Daher ist ein Aufatmen unangebracht. Das Damoklesschwert ist da und baumelt über den Tätern.

Geistiges Eigentum hat kaum noch Chance auf rechtlich relevanten Schutz

An dieser Stelle über Anstand zu reden ist ein netter Zug, der aber abgefahren ist. Zumal man ernsthaft darüber diskutiert das Schwarzfahren in Zügen ohnehin straffrei zu machen. Oder gewisse Diebstähle nicht mehr zu verfolgen. Und wenn physikalisches Eigentum schon der Beliebigkeit anheimfällt, dann hat gerade geistiges Eigentum kaum noch eine Chance auf rechtlich relevanten Schutz. Man fragt sich, warum Patent- und Plagiatsdiskussionen mit China überhaupt stattfinden und warum das etwas anderes ist als eben diese Raubkopierer, Betreiber und Nutzer dieser Unsitte.

 

Und das ist erst die Spitze des Eisbergs, der digital schon jetzt hoch aus dem Wasser ragt und nach unten noch viel mehr verbirgt. Andere haben ganze Unternehmen gegründet, um kreative und Werte schaffende Menschen zu betrügen. Ganz offiziell.

Zum Beispiel der WINDSOR-Verlag in Hamburg, der offen und aggressiv den damaligen Buchmarkt umpflügte (HIER). Auch hier verliefen Ermittlungen bisher ins Nirwana, obwohl Teile der Protagonisten inzwischen identifiziert wurden. Wie Iulia Evseeva-Siegert, die bei WINDSOR als Designerin „Julia Evseeva“ mitmischte und samt dreier ihrer Konten in Österreich, Deutschland und der Schweiz aufgeflogen ist. Sie lebt auch in der Schweiz, zumal ihr Mann von dort ein nettes Netzwerk von Firmen unterhält, die weltumspannend in Panama zusammenlaufen und in den sog. „Panama-Papers“ eine erwähnenswerte Rolle spielen. Wo selbst ihre Kinder in Vorständen von Firmen sitzen und als Schriftführer fungieren. Und das schon im zarten Kindesalter von sechs Jahren… Bisher unbehelligt.

Rechtstaatlichkeit im Auge vieler Bürger in Frage gestellt

Ergo wundert es nicht, wenn Rechtstaatlichkeit im Auge des Bürgers eher zur Lachnummer verkommt. Aber einem Witz, der gerade in der Digitalisierung noch zu massiven Schmerzen führen wird. Weiß denn wirklich noch jeder, wer wer am anderen Ende der digitalen „Zusammenarbeit“ wirklich ist? Die Möglichkeiten, Chancen aber auch Risiken der Wirtschaft sind hier überaus vielfältig und nicht immer bereichernd (HIER).
Gern fokussieren wir auf die Chancen und Vorteile eben dieser digitalen Welt. Verdrängen die Risiken. Blenden sie sogar vorteilswahrend aus. Nutzen sie opportunistisch für uns. Fast schon parasitär mit einem ständig weiter schwindenden Unrechtsbewusstsein an sich. Sogar schon dahingehend pervertiert, dass sich das Recht der „anderen/höheren Moral“ zu beugen hätte. Wo der Staat durchaus wegen dieser besseren Moral auch das Recht hat Freiheit und Demokratie etwas einzuschränken zu sollen. Das chinesische Modell für gewisse politische Kobolde attraktiv erscheint. Natürlich zum Nutzen aller…

Kriminelle und Mitkriminelle – Unrechtmäßige Nutzung digitaler und realer Produkte und Services

Aber es nützt langfristig keinem. Schon gar nicht der Masse an sich. Denn es zersetzt die Leistung, das Bemühen und die Arbeit derer, die das System tragen.
Wer heute geistiges Eigentum der Beliebigkeit aussetzt kann das morgen dann auch mit realen Produkten und Services tun. Beim Schwarzfahren findet es schon statt. Vielleicht auch bald beim Shoppen im Supermarkt, der deshalb nicht Einkauf heißen wird, weil „Shoppen“ ohne Bezahlung stattfindet? – Oder auch mal das eigene Gehalt der Beliebigkeit unterliegt? Das wäre dann nur konsequent.

Der Fall von Share-Online.biz zeigt ganz klar, dass Kriminelle nicht nur die sind, die kriminelle Möglichkeiten schaffen, sondern auch die sind, die sie für sich zum Schaden derer nutzen, die sie erst durch ihre Leistung möglich machten. Das Raubgut erst als Wert an sich erschufen.
Wer hier seine Download-Auswahl als Wertschätzung für das Produkt begreift (ähnlich den Chinesen, die nur deshalb Produkte kopieren eben weil sie gut sind und es als Lob verstehen…), der sollte das nicht als Symbiose begreifen. Denn bis auf ihn und seine ggf. Mitkriminellen profitiert niemand davon. Es ruiniert Kreativität, verhindert Investitionen und reduziert damit auch das Angebot an sich. Es zerstört das, was man haben will.
Biologisch gesehen sind Raubkopierer, deren Verteiler und Nutznießer Parasiten. Das ist ein hartes Wort. Es beschreibt aber das, was den Wirt zerstört. Und im Augenblick ist dieser Wirt unsere Gesellschaft, unsere Kultur und unsere Wirtschaft, die Tag für Tag mit simplen Klicks geschädigt wird.

 

„Daher darf es auch keine Gnade, Milde oder Verständnis für Täter geben. Oder Preisnachlässe für kriminelles Handeln. Wir haben das Legalitätsprinzip nicht umsonst. Jede Straftat muss Folgen haben(sic!).“

Nicht nur wenn es opportun ist. Hier gilt es Digitalität konsequent zu nutzen, juristische Prozesse anzupassen, Gesetzte zu ändern oder neue zu erlassen und so die Grundlage zu schaffen unser Rechtssystem an sich – auch in der Digitalisierung – wieder schlagkräftig zu machen. Grundsätzlich mit den technischen Ressourcen und Mitteln zu versehen, personalreduziert, automatisch und rechtssicher arbeiten zu können.

Und bis dahin kann jeder an einer Verbesserung mitarbeiten. Beispielsweise auf solche Plattformen zu verzichten. Oder auch selbst aktiv werden. Raubkopierer können bundesweit bei zahlreichen Stellen gemeldet werden. Das geht dann auch digital.

Titelbild: Yusuf Simsek: „Vernagelt“; www.simsek.ch

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