Covid-19: Gesundheitsämter als Verursacher der Datenkrise beim RKI?

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Das RKI hat sich in der aktuellen Coronakrise nahezu ausschließlich auf das Meldeaufkommen der Gesundheitsämter verlassen. Das hat der Leiter des RKI, Prof. Dr. Lothar Wieler, in Pressekonferenzen mehrfach selbst bestätigt. Auf explizite Nachfragen sogar betont, um den sichtbaren Unterschied zu anderen Zahlen zu begründen!
Man ging sogar soweit in erkannte Corona-Hotspots noch nicht einmal eigene Teams zu schicken, um selbst und vor Ort grundlegendes Datenmaterial zu sammeln, wie es andere Institute taten.
Doch wenn für das RKI eben diese Gesundheitsämter einen derart hohen Stellenwert besitzen, dass sie ausschließlich zur Datenerhebung und -generierung herangezogen werden, muss eben dieser Organisationsunterbau lückenlos, stimmig, just in time und absolut zuverlässig arbeiten. Ansonsten die dann für Analysen verwandten Zahlen nicht nur nicht valide sondern schlichtweg unbrauchbar sind.

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben viele Funktionen und Aufgaben. In normalen Zeiten allesamt unterhalb der Schwelle, wo sich der Bürger oder die Medien für eben diese Behördenorganisation überhaupt interessieren. Sie fliegen damit unterhalb unserer öffentlichen Wahrnehmung.

Allein das Wort „Gesundheitsamt“ an sich ist inzwischen so nicht mehr überall existent und unterlag diversen sprachlichen Anpassungen bis hin zu „Sachgebiet Gesundheitswesen“ innerhalb anderer Ämter. Auch unterscheidet man zwischen staatlichen (z.B. Baden-Württemberg) und kommunalen Gesundheitsämtern. Allein bei dieser Unterscheidung wird klar, dass es dann wohl auch unterschiedliche Meldewege, Meldeverfahren und Konsolidierungswege inklusive Konsolidierungsstufen zum RKI gibt.
Als Anhalt im Reporting, ein im Controlling wesentliches Gestaltungselement modernen Managements, ist es immer vorteilhaft hier möglichst viel zu automatisieren, um menschliche Zeitverluste und Fehler in der Übertragung zu minimieren.
Doch diese Automatisierung von Reportingelementen (Daten, Informationen, Kennzahlen, Bilder,…) bedarf einer dafür technisch-kompatiblen Gesamtorganisation (Hard- und Software), die dann auch rechtlich stimmig sein muss (Verwaltungsrecht, IT-Recht). Und das kostet Geld. Ein allg. Überblick – auch über die Aufgaben – ist HIER zu sehen: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheitsamt .

Da Gesundheitsämter aber unter dem Radar öffentlicher Gesamtwahrnehmung laufen, und überwiegend kommunal auf Kreisebene aufgehangen sind, teilweise eben nur noch als ein weiteres Sachgebiet unter vielen anderen angesehen werden, unterliegen Mittelzuweisungen (partei)politischem Kalkül und anderen Haushaltsvorbehalten.
Die Vorbereitung zur Bekämpfung einer internationalen Pandemie rangierte dabei nicht gerade in der oberen Priorität, zumal durch ständige Aufgabenumverteilungen sehr viele Bundes- und Länderaufgaben auf eben diese Kommunen abgewälzt wurden die seit Jahren zunehmend in Schwierigkeiten kommen diese wachsenden Verwaltungsaufgaben zu stemmen.

Denkbar schlechte Voraussetzungen um ein krisenrelevantes, flächendeckendes und konsolidiertes Reporting hinsichtlich Inhalten und Meldezeitpunkte zu etablieren. Gerade auch unter der Prämisse oder der bloßen Annahme einer rasant wachsenden Pandemie.

Jede Verwaltungseinheit unterliegt dem Primat der Aufgabenerledigung. Gesetzliche Aufgaben sind grundsätzlich abzubilden. Unter-, Mittel- und Oberbehörden haben unberücksichtigt der Kosten ihre ihnen übertragenen Aufgaben vollumfänglich zu leisten. Egal was es kostet. Erst bei Vorliegen von zwei gleichwertigen Alternativen muss im Rahmen der Wirtschaftlichkeit, die billigere genommen werden. Diesen Verwaltungsgrundsatz lernt jeder Student in der ersten Vorlesung der Verwaltungswissenschaft.

Nehmen wir ein verständliches Beispiel: die Bundeswehr und ihre Einsatzbereitschaft. In den letzten Jahren wurde hier die Definition von „einsatzbereit“ so weit gedreht, dass sie mit der originären Definition nicht mehr wahrnehmbar übereinstimmt. Übereinstimmen kann, da der Aufweichung der Definition (Vorgabe!) auch Mittelabflüsse und Ressourcenumleitungen folgten.
So ähnlich muss der Bürger auch die Gesundheitsämter sehen, die unterhalb des öffentlichen Interesses und der medialen Wahrnehmung eben gewissen Definitionsanpassungen unterlagen. Wo Ressourcen aus gut funktionierenden Bereichen umgeleitet wurden, weil andere und neue Vorgaben Gelder anderswo nötiger machten als beispielsweise niedrigpriorisierte Verwaltungsrichtlinien zu erfüllen.

Daher ist nicht davon auszugehen, dass eine adäquate Mittelzuweisung für eine recht unwahrscheinliche Pandemiebekämpfung auch nur angedacht war. Organisatorische Vorbereitungen und Aktualisierungen der Maßnahmen beispielsweise durch neue technische Vorgaben in der IT zeitnah (oder wenn überhaupt!) umgesetzt wurden.

Dazu kommt ein psychologisches Verhalten bei denen, die in solchen alleingelassenen Organisationen arbeiten, und das man sehr schön im Auftreten der RKI-Verantwortlichen an sich sieht: Arroganz gepaart mit Unverständnis im Elfenbeinturm der fachlichen Eitelkeit und eigenen Wichtigkeit sitzend.
Das hier blinde Flecken zu blinden Flächen und dann zu blinden Bereichen werden, ist klar. Daher kann beispielsweise auch die Bundesbehörde, das RKI, bis jetzt und öffentlich gut wahrnehmbar nicht erkennen, woran es liegt, dass ihre Daten nichts taugen. Zum einen, weil der Leiter Prof. Dr. Wieler eben auch als Abteilungsleiter MF im RKI (Methodenentwicklung und Forschungsinfrastruktur) persönlich zuständig war diese Struktur bundesweit abzubilden UND sich sein Dezernatsleiter PD Dr. Linus Grabenhenrich für eben dieses „Forschungsdatenmanagement“ verantwortlich zeigte (siehe Organigramm RKI: https://www.rki.de/DE/Content/Institut/OrgEinheiten/Organigramm_PDF.pdf?__blob=publicationFile )

Und wenn eine Bundesbehörde schon den eigenen Elfenbeinturm poliert, kann man davon ausgehen, dass sich dieser Effekt nach unter fortzieht und letztlich die Provinzfürsten ganz weit unten nicht davon abhält genauso zu verfahren. Sic!


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