Die diesjährige ZP19 war auch eine Jubiläumsveranstaltung: die Personalermesse jährte sich zum zwanzigsten Mal!
Doch gab es auch einen Grund zum Feiern? Oder war es auch hier der erkennbare Anfang vom Ende, den schon viele andere Messen hinter sich haben. Was die CEBIT schon hinter sich hat, bei der IAA nun diskutiert wird könnte auch die ZP-Veranstalter treffen.
Auch wenn überall die Zahl „20“ zu sehen war, was die Jubelmesse eher Pflicht denn Kür.
Wie viele Messekonzepte unterliegt auch eine Personalmesse dem Wandel. Mancher Wandel wird durch Euphorie getrieben, mitunter in die falsche Richtung, andere Wandel durch Passivität, Innovationsfrust und eine gewisse Trägheit angestoßen. Dann immer in die falsche Richtung, zumindest aus Sicht der Veranstalter.
Am Ende entscheidet der Besucher über Erfolg oder Misserfolg für den Veranstalter, der auch auf das Zutun der Aussteller angewiesen ist. Er selbst kann nur den Rahmen feststecken. Und der wirkt auf der ZP zunehmend altbacken.
Die Austeller selbst können viel erreichen, wenn es ihnen gelingt sich von der Konkurrenz abzusetzen. Mitunter ein Kostenfaktor in der Liger derer, die glauben mit „Immer größer und schöner“ auch ein „immer Mehr“ auf anderen Gebieten zu erreichen. Ein gefährlicher Irrtum wenn Masse nicht auch mit Klasse einhergeht. Ein „Weiter so“ reicht auch hier nicht, um Besucher zu inspirieren.
Dazu taugen zuallererst Innovationen. Kreative Lösungen für alte Probleme, technische Fingerzeige für neue Möglichkeiten oder auch der berühmte Stups, um sein neudeutsches Mind-Set neu auszurichten. Kurz: war die Messe ein Innovationstreiber?
Aus unserer Sicht nicht!
Im Gegenteil. Die Messe bewegte sich am Rande des Abgrundes zur Katalogveranstaltung mit ein wenig halbherzigem Eventtourismus.
Wie jedes Jahr fehlte das, was für den Fachkräftemangel, der Überalterung der Belegschaften und dem damit in den Unternehmen einhergehendem Produktivitätsverlust ursächlich verantwortlich war, ist und zunehmend sein wird: der demographische Wandel!
Man glaubt es kaum. Jeder redet von Fachkräftemangel, aber die ZP selbst hat das Thema Demographiemanagement noch nicht einmal als Thema gelistet, dass der geneigte Besucher/Aussteller im Auswahlmenue findet.
Ab 2024 werden bis zu 20% der Belegschaften um die schrumpfen, die dann in Rente/Pension gehen werden, und Deutschlands größte Messe hat 2019 noch nicht einmal diesen gravierenden Umstand im Fokus der möglichen Themen an sich. So fing es bei der CEBIT auch an… man verschließ Themen.
Über der Messe schwebte insgesamt ein Gefühl der wachsenden Unsicherheit, wie es personaltechnisch nun weitergeht. Investitionen in Themen und Technik wurden offensichtlich auf Produktanbieterseite zurückgefahren, während die Personaler noch nicht so richtig zu wissen scheinen, ob die nächsten Jahre durch den Fachkräftemangel geprägt sein werden oder durch eine fühlbare Rezession(sblase??) ggf. eher freigesetzt werden müssen.
Das Wort Rezession schwebte offen im messebelebten Raum, der weniger belebt zu sein schien als noch vor vier oder fünf Jahren. Vielleicht auch ein Anzeichen dafür, dass etwas in der Luft liegt? Messekonzept und/oder Marktlage Zurückhaltung auferlegen?
Offensichtlich ist, dass pompöse Stände mit lustigen und kostümierten Eventmaskottchen selbst als Fotomotiv nicht mehr verfangen. Weder das lebendige Plüschtier noch der Roboter als Publikumsmagnet taugen.
Der Messeausstatter LaConcept aus Köln konnte immerhin erkennen, dass man ein paar Trends der DMEXCO 2018 (Fachmesse für die digitale Industrie) auf der ZP19 wiederfinden konnte. Touchscreens waren vermehrt zu sehen und der Visitenkartentausch wurde zu Gunsten des Scanning via QR-Codes bei den Ausstellern als nützlich erkannt. Das immer mehr umgreifende „Storytelling“ im Marketing aber war auf der ZP nirgends zu sehen.
Wenn eine Messe verputzt werden müsste, dann hätte man dieses Jahr diesen Putz bröckeln sehen können.
Woran liegt es vielleicht noch? Ist das Dauerthema „Digitalisierung“ vielleicht zu ausgelutscht? Verfängt nicht mehr? Zumindest nicht, wenn es dazu keinerlei weiterführenden Innovationen gibt?
Oder auch, weil viel zu viele nur zu gut wissen, dass die nötige Infrastruktur vor Ort nicht gegeben ist. Breitbandinternet nicht überall verfügbar ist oder andere technische Hemmnisse nun schon erkennbare Grenzen der digitalen Vollvernetzung aufzeigen?
Was auf der Messe auf jeden Fall fehlte war der Mut neue Wege aufzuzeigen. Den Finger in offene Wunden zu legen. Quer zu denken oder überhaupt querdenken zu wollen. Oder auch zu können. Einmal die Komfortzone des Marktes und der Personaler selbst anzugehen. Aufzuzeigen, dass da, wo angeblich viel Licht ist oder bald sein wird, auch viele Schatten entstehen werden. Mitunter auch beständige Dunkelheit. Für nicht wenige.
Kann es sein, dass man allseits von der Messe nicht mehr das erwartet, was eine Messe früher ausgemacht hat; nämlich Impulsgeber zu sein. Die Showbühne von Ideenschmieden. Man sich inzwischen im Netz umsieht und lieber gleich den Direktkontakt sucht? Die Messe, und hier nun auch die ZP, als traditionelles Begegnungsmodell eher ein Auslaufmodell wird? Wo man allgemein schon wartet, dass es Techniken und Möglichkeiten gibt, eine Messe vielleicht auch rein digital erlebbar zu gestalten. Ansätze dazu werden seit Jahren diskutiert.
Sollte all dies zutreffen, wäre es schade. Reines Pflichtshowlaufen reicht nicht, um benötigte Akteure zum Messebesuch zu bewegen. Ohne die Kür, bestehend aus Impulsgeber, Innovationstreiber und ein wenig Quergeistigkeit als Gesprächsgrundlage, kann auch eine schön inszenierte Messe nicht mehr ausreichen als Publikumsmagnet der Branche fungieren.
Erkennbare branchenspezifische Kernthemen wie beispielsweise das Schicksalsthema Demographie komplett auszulassen(!!) schon gar nicht. Das wären dann ein erkennbarer Konzeptionsfehler, die sich eine moderne, vorausschauende und damit weiter wegweisende Messe so nicht leisten kann. Daran scheiterte schon die CEBIT und bei der IAA wird gerade darüber diskutiert.
Es wäre schade, wenn die ZP den gleichen Weg gehen würde. Vom impulsgebenden Trendsetter zur nachlaufenden Beliebigkeit werden würde, deren Werthaltigkeit für alle gen Null tendiert.
Es ist wie beim Sport an sich. Die Pflicht ist nett, technisch bekannt und auch in Perfektion langweilig. Spannung kommt in der Kür auf. Wenn Individualität und Esprit gepaart mit Wagnis und Innovation für Überraschungen sorgen. DAS will man sehen. – Keinen Showlauf der Eitelkeiten. Die landen bekanntlich im Fegefeuer.
Fotoquelle: Yusuf Simsek: „Apfel der Erkenntnis“ http://simsek.ch/
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