Narkolepsie: wenn Schlafen zur Krankheit wird

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(ots) Plötzlich einschlafen oder bei Freude oder Ärger einfach umkippen – all das sind Erscheinungsformen von Narkolepsie, einer neurologischen Erkrankung, bei der Menschen am helllichten Tag von Schlafattacken überfallen werden. Sie schlafen plötzlich und in den unmöglichsten Situationen ein, beispielsweise beim Essen, am Schreibtisch oder mitten im Gespräch.[1],[2] Gerade im Straßenverkehr oder beim Bedienen von Maschinen können daraus sehr gefährliche Situationen entstehen.[3] Narkolepsie ist eine seltene Krankheit, die oft anfangs nicht ernst genommen und häufig spät richtig diagnostiziert wird. Das soll sich ändern – am 28.02., den Tag der Seltenen Erkrankungen, soll die Aufmerksamkeit auf rund 4 Millionen Menschen mit seltenen Erkrankungen und deren Angehörige in Deutschland gerichtet werden.

Ursache und Häufigkeit von Narkolepsie

Narkolepsie beschreibt eine Schlaf-Wach-Störung, bei der vermutlich aufgrund einer genetischen Veranlagung bei Infekten fälschlicherweise der Botenstoff Hypocretin (=Orexin) im Gehirn statt des Erregers angegriffen und teilweise oder komplett zerstört wird.[2],[4] Hypocretin steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus. “Menschen, die an Narkolepsie erkrankt sind, leiden unter einer Exzessiven Tagesschläfrigkeit, die dazu führt, dass sie am Tag oft so schläfrig sind, dass sie sich nicht dagegen wehren können und ungewollt einschlafen. Viele Patienten beschreiben die Tagesschläfrigkeit als ein Gefühl, als ob sie die ganze Nacht wach geblieben sind”, so Prof. Geert Mayer, Hephata-Klinik Schwalmstadt.

Narkolepsie gehört zur Gruppe der Schlafsucht (Hypersomnie). In Deutschlang leiden in etwa 40.000 Menschen unter der unheilbaren Erkrankung, die sich durch eine Exzessive Tagesschläfrigkeit auszeichnet.[5] Sind nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen von einer Erkrankung betroffen, gilt sie als selten – somit gehört Narkolepsie zu den seltenen Erkrankungen.[2],[6],[7] Allerdings ist die Dunkelziffer sehr hoch, da durch das seltene Vorkommen der Krankheit die Symptome möglicherweise nicht erkannt oder schlichtweg mit anderen (körperlichen und psychischen) Erkrankungen verwechselt werden. Bis zur richtigen Diagnose können bei einigen Patienten oft viele Jahre vergehen.

Eindeutiges Symptom: Exzessive Tagesschläfrigkeit

Die Exzessive Tagesschläfrigkeit (Excessive Daytime Sleepiness, EDS) gilt bei fast allen Narkolepsie-Patienten als das erste Symptom, mit dem sich die Krankheit manifestiert und die Lebensqualität von Patienten erheblich verringert.[1],[8] Während sich viele Menschen manchmal müde fühlen, verspüren Personen mit EDS tagsüber ein sehr starkes Schlafbedürfnis. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, zu unerwarteten Zeiten einzuschlafen, erhöht, was sowohl den Arbeitsalltag als auch andere Aktivitäten enorm beeinträchtigt.[9] Werden Narkoleptiker von dieser extremen Schläfrigkeit übermannt, wird ihr Gang unsicher, die Aussprache wird undeutlich und sie bekommen einen glasigen Blick.[10] Auf Außenstehende kann es so wirken, als sei der Narkoleptiker alkoholisiert. Deshalb hat auch oft das Umfeld wenig Verständnis für Menschen mit Narkolepsie. Die EDS wirkt sich somit häufig negativ auf die Stimmung, die Gedächtnisleistung, die Konzentrationsfähigkeit sowie die Beziehungen von Patienten aus und kann eine allgemeine Verringerung der Lebensqualität zur Folge haben.[6],[11]

Ein weiteres Symptom der Narkolepsie kann die Kataplexie sein. Hierbei erschlaffen die Muskeln plötzlich, weil die Kontrolle über die Muskelspannung verloren geht. Betrifft sie die gesamte Muskulatur, sinkt der Narkoleptiker in sich zusammen, wobei leichtere Kataplexien dagegen oft nur einzelne Muskelpartien betreffen. Eine Kataplexie dauert in der Regel nur wenige Sekunden, und die Patienten erinnern sich meist vollständig an alles, was währenddessen passiert ist. Zu beachten ist, dass nicht alle Narkoleptiker an Kataplexien leiden müssen.

Schlafstörungen dürfen nicht unterschätzt werden

Wird eine Narkolepsie vermutet, ist der Gang zum Facharzt unvermeidlich. Sie sollte in einem Schlaflabor beziehungsweise von einem erfahrenen Neurologen oder Schlafmediziner (Somnologen) diagnostiziert werden. Zunächst wird der Patient zu seiner Krankengeschichte befragt und die auftretenden Beschwerden besprochen. Im Vordergrund stehen die Symptome Tagesschläfrigkeit und Kataplexie. Hier können auch die Aussagen nahestehender Personen und Familienmitglieder hilfreich sein. Eingesetzt werden Schlaffragebögen und Schlaftagebücher und es werden nachts im Schlaflabor kontinuierlich unterschiedlichste Körperfunktionen überwacht. Mit Hilfe dieser Daten lassen sich ein individuelles Schlafprofil erstellen und eine passende Therapie finden, die den Alltag mit der Krankheit und die Lebensqualität verbessern kann.

Weitere Informationen rund um Narkolepsie und die Exzessive Tagesschläfrigkeit finden Sie in der beiliegenden Infografik.

Referenzen:

[1] American Academy of Sleep Medicine. The International Classification of Sleep Disorders. Third Edition (ICSD-3). 2014.

[2] Johns Hopkins Medicine. Conditions and Diseases. Narcolepsy. https://www.hopkinsmedicine.org/health/conditions-and-diseases/narcolepsy (letztes Zugriffsdatum: 09.02.2021)

[3] MH Smolensky et al. Sleep disorders, medical conditions, and road accident risk. Accident Analysis and Prevention 43 (2011) 533-548.

[4] Khatami R et al. The European Narcolepsy Network (EU-NN) database. J Sleep Res. 2016 Juni;25(3):356-64.

[5] Geisler P: Hypersomnie, Narkolepsie und Tagesmüdigkeit. UNI-MED Verlag AG, Bremen, 1. Aufl. 2009

[6] Mayer G: Narkolepsie. Genetik – Immungenetik – Motorische Störungen. Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin, Wien 2000

[7] Hoban TF, Chervin RD: Hypersomnia and Narcolepsy. In: Avidan AY & Zee PC (Hrsg.): Handbook of Sleep Medicine. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia 2006, S. 70-97, App. A-K

[8] Lacasse, Y., Godbout, C., & Series, F. (2002). Health-related quality of life in obstructive sleep apnoea. European Respiratory Journal, 19(3), 499-503. doi:10.1183/09031936.02.00216902

[9] Slater G, Steier J. Excessive daytime sleepiness in sleep disorders. J Thorac Dis. 2012;4(6):608-616. doi:10.3978/j.issn.2072-1439.2012.10.07

[10] S3-Leitlinie – Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen, Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), Springer-Verlag (2009), S. 84 ff.

[11] Guilleminault C, Brooks SN. Excessive daytime sleepiness: a challenge for the practising neurologist. Brain. 2001;124(Pt 8):1482-1491.

 

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