Wie der Kiebitz zu retten ist

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Berlin/Bergenhusen – Der stark gefährdete Kiebitz kann in Deutschland eine Zukunft haben – sofern Politik, Landwirtschaft und Naturschutz an einem Strang ziehen und erprobte, wirksame Schutzmaßnahmen auf den Weg bringen. Dies ist das Ergebnis eines im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durchgeführten NABU-Projektes zum „Sympathieträger Kiebitz“. Das bundesweite Projekt wurde durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie durch die Landesumweltministerien von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sowie durch die Hanns R. Neumann Stiftung gefördert. Es kommt nun nach sechs Jahren mit wichtigen Handlungsempfehlungen zum Kiebitzschutz zum Abschluss.

Geschützte Refugien – auch für andere Arten

„In den vergangenen sechs Jahren konnten wir gemeinsam mit vielen Landwirtinnen und Landwirten Schutzmaßnahmen entwickeln und auf der Fläche testen. Überzeugt haben vor allem die sogenannten Kiebitzinseln“, so Projektkoordinator Dominic Cimiotti vom Michael-Otto-Institut im NABU.

Kiebitzinseln sind Flächen von mindestens einem halben Hektar innerhalb von Äckern, die nicht eingesät werden. Hier finden Kiebitze und andere Vögel einen geschützten Raum für ihre Nester und ihren Nachwuchs. Rund 70 dieser speziellen Brachen sind im Zuge des NABU-Projektes entstanden. Besonders effektiv sind sie an feuchten Stellen, an denen Kiebitze gut nach Nahrung suchen können und die Landwirtschaft ohnehin eingeschränkt ist. Wichtig für das Überleben der Art ist auch, Feuchtgrünland zu erhalten und wiederherzustellen sowie Sommergetreide naturverträglich anzubauen.

Katastrophale Bestandseinbrüche

Kein anderer noch vorkommender Brutvogel Deutschlands ist im Bestand so stark eingebrochen wie der Kiebitz: seit 1980 um katastrophale 93 Prozent. Aus vielen Regionen Deutschlands ist der Kiebitz inzwischen ganz verschwunden. Es fehlen Flächen, die die Tiere für Brut und Nahrungssuche brauchen: Brachen, Sommergetreidefelder und Feuchtgrünland. Da der Kiebitz eine Indikatorart für den Zustand der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft ist, unterstreicht dies den Handlungsbedarf in diesem Lebensraum. „Es ist aber noch nicht zu spät. Wenn wir jetzt handeln, sind der Kiebitz und weitere Tierarten der Agrarlandschaft noch zu retten“, so Cimiotti.

Da Kiebitze auf dem Boden brüten, gehen ihre Nester und Jungvögel zudem häufig durch die Bodenbearbeitung verloren. Nester sollten daher bei der Landbewirtschaftung zumindest kleinräumig und die Familien möglichst großräumig umfahren werden. Der NABU hat hierzu ein Praxishandbuch sowie zusammen mit dem Deutschen Bauernverband ein Faltblatt mit Tipps für die Praxis entwickelt.

Kiebitzschutz in der EU-Agrarpolitik

„Die Erkenntnisse des Projekts müssen jetzt in der Fläche umgesetzt werden. Und das lohnt sich doppelt: Denn wer die Lebensräume des Kiebitzes schützt, sichert zugleich vielen anderen Arten das Überleben“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „EU, Bund und Länder müssen die anstehende Reform der EU-Agrarpolitik dafür nutzen, den Kiebitzschutz für Landwirtinnen und Landwirte ökonomisch attraktiv zu gestalten.“

Konkret fordert der NABU bei der Reform der EU-Agrarpolitik mehr „Space for Nature“: Jeder Betrieb muss auf mindestens zehn Prozent seiner Fläche den Schutz der biologischen Vielfalt unterstützen, als Bedingung für den Erhalt von Subventionen. Dies war bereits bis 2009 EU-weit in ähnlicher Form der Fall, ehe die obligatorische Flächenstilllegungsprämie abgeschafft wurde. Darüber hinaus sollen die nun erprobten Maßnahmen Eingang in die Agrarumweltprogramme der Bundesländer finden.

Bundesweite AG Kiebitzschutz

Im Zuge des Projektes gründete der NABU die bundesweite „AG Kiebitzschutz“, um sich auch künftig für den bedrohten Feld- und Wiesenvogel einzusetzen. Ziel ist es, Engagierte aus Praxis, Verwaltung und Forschung zu vernetzen und die Ergebnisse des Projektes in die Fläche zu tragen. Die Website www.lapwingconservation.org (lapwing = Englisch für Kiebitz) bündelt Informationen aus ganz Europa zum Kiebitzschutz in deutscher und englischer Sprache sowie regionale Kontaktpersonen und Fördermöglichkeiten in Deutschland.

„Unverzichtbar sind auch Menschen vor Ort, die aktuelle Kiebitz-Vorkommen und lokale Besonderheiten kennen. Denn Schutzmaßnahmen machen nur da Sinn, wo Kiebitze vorkommen und sich wahrscheinlich ansiedeln“, erklärt Britta Linnemann von der NABU-Naturschutzstation Münsterland. Daher werden in Nordrhein-Westfalen Kulissen erstellt, die es den Bewirtschaftenden ermöglichen, ihre Maßnahmen selbst optimal zu verorten. Zur Koordination aller Kiebitz-Aktivitäten auf regionaler Ebene wurde die Android-App „NestFinder“ entwickelt, die Landwirtschaft, Naturschutz und Verwaltung zusammenbringt.

Neben dem NABU-Bundesverband waren an dem Projekt die NABU-Naturschutzstation Münsterland, der NABU Mecklenburg-Vorpommern, das Thünen-Institut für Ländliche Räume sowie 13 regionale Partner beteiligt. Das Projekt wurde mit rund 1,35 Millionen Euro Millionen Euro im Bundesprogramm Biologische Vielfalt vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen sowie durch die Hanns R. Neumann Stiftung gefördert.

 

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Original Content von NABU

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