Ein neuer WWF-Report zeigt erhebliche Mängel beim Schutz der europäischen Meere. Nur 1,8 Prozent der Meeresfläche innerhalb der EU sind sowohl als Schutzgebiete ausgewiesen als auch mit entsprechenden konkreten Schutzmaßnahmen belegt. Von internationalen Meeresschutzzielen ist man weit entfernt: Bis 2020 sollten 10 Prozent des weltweiten Ozeans effektiv geschützt werden, dies ist sowohl im UN Nachhaltigkeitsziel 14 als auch in der Biodiversitätskonvention 11 festgeschrieben. Auch in Deutschland besteht dringender Bedarf zur Stärkung der Schutzbemühungen.
Marine Schutzgebiete sollen helfen, bestimmte Arten oder Lebensräume in den Meeren langfristig vor schädigenden Eingriffen zu bewahren. Um dies sicherzustellen, müssen die Gebiete durch sogenannte Managementpläne wirkungsvoll verwaltet werden. In ihnen werden genaue Maßnahmen zum Schutz oder zur Wiederherstellung der Natur festgeschrieben, also zum Beispiel die Fischerei eingeschränkt. Der WWF-Report zeigt, dass 12,4 Prozent der europäischen Meere als Schutzgebiete ausgewiesen sind. Formal ist damit das 10-Prozent-Ziel der EU erreicht, die Realität sieht anders aus. „Der Großteil der europäischen marinen Schutzgebiete sind sogenannte „Paper Parks“, deren Schutzwirkung nur auf dem Papier existiert“, warnt WWF-Expertin Carla Kuhmann. „Ohne sofortige Implementierung und Einhaltung von Managementplänen mit wirksamen Maßnahmen wird die EU ihre Ziele zum Schutz der Ozeane verfehlen.“
Im deutschen Meeresschutz klaffen Theorie und Praxis ebenfalls auseinander: Etwa 45 Prozent der deutschen Meeresgewässer sind formal als Schutzgebiete ausgewiesen, dennoch haben auch Jahre nach deren Ausweisung gerade einmal die Hälfte davon Managementpläne. „Seit Jahren hinkt Deutschland darin hinterher, den Schutz in den entsprechenden Gebieten umzusetzen. Dort wo der erste Schritt bereits gemacht ist und entsprechende Pläne vorliegen, kann nicht automatisch von wirkungsvollem Management gesprochen werden. Aussagen über die tatsächliche Qualität der Pläne sind kaum möglich. Wirtschaftliche Nutzung, insbesondere Fischerei, findet weiterhin großflächig in den Gebieten statt und richtet dort enorme Schäden an“, so Kuhmann. Der Nationalpark Wattenmeer stellt beispielsweise eine große Meeresfläche unter Schutz, die allerdings von Krabbenfischern derzeit fast uneingeschränkt befischt werden darf.
Sofern vorhanden beschränken sich Schutzmaßnahmen auf die küstennahen Schutzgebiete, bemängelt der WWF. „Für die geschützten Offshore-Gebiete in deutschen Gewässern gibt es bislang überhaupt keine Managementpläne und Regulierungen der Fischerei. Der WWF fordert, dass im Durchschnitt 50 Prozent der Fläche der Schutzgebiete frei von jeglicher Nutzung sind, dort also auch nicht gefischt werden darf“, erklärt Carla Kuhmann.
Eine aktuelle Entscheidung der EU-Kommission macht Hoffnung darauf, dass sich die Schutzbedingungen in deutschen Offshore-Gebieten in Zukunft verbessern. Deutschland hatte Anfang des Jahres Vorschläge für Fischereimaßnahmen in den Schutzgebieten der offenen Nordsee an die EU übermittelt. Dies geschieht im Rechtsrahmen der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik. Unter anderem ging es darum, die Grundschleppnetz- und Stellnetzfischerei zu regulieren. Die EU-Kommission hat die Vorschläge nun abgelehnt, u.a. da sie nicht ausreichen, um den Schutz von Schweinswalen, Seevögeln und empfindlichen Lebensräumen auf dem Meeresboden in den Schutzgebieten sicherzustellen. Unklar ist nun, wie sich der Prozess fortsetzt. „In jedem Fall wird Deutschland hier nacharbeiten müssen, um die Schutzgebiete endlich vor Auswirkungen der Fischerei zu schützen“, so Kuhmann.
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Original Content von: WWF Deutschland
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