Naturbewusstsein braucht Politik

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 Zu der Einschätzung von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die Pandemie habe das Bewusstsein der Menschen für die Natur und deren Stellenwert gestärkt, erklärt WWF-Vorstand Eberhard Brandes:

„Die Sichtweise der Bundesumweltministerin teile ich ausdrücklich. Das gestiegene Naturbewusstsein ist auch folgerichtig, schließlich hat die WHO ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Klima- und Biodiversitätsschutz entscheidend sind bei der Gesundheitsvorsorge für die gesamte Menschheit. Bitter ist allerdings, dass die deutsche Bundesregierung diese Stimmung in der Bevölkerung nicht aufgreift und in eine neue Nachhaltigkeitsoffensive überführt. 2021 wird zeigen, ob Deutschland noch vor der nächsten Wahl im Herbst die Kraft hat, wirkliche Weichenstellung einzuleiten. Hier hoffe und erwarte ich starke Impulse aus dem Umweltministerium und entsprechende Rückendeckung und Unterstützung aus dem Kanzleramt.

Ein Beispiel für zahlreiche verpasste Chancen ist die Bilanz zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Die Bundesregierung hat es versäumt, wichtige Weichen für diese nachhaltige Zukunft zu stellen. In der Klimapolitik wurde zwar gut verhandelt, die Ergebnisse sind allerdings nicht ausreichend, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Die Entwicklungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik, eine entscheidende Stellschraube, um den Verlust an Biodiversität und das heimische Artensterben zu stoppen, muss man als ungenügend bezeichnen.

Gleichwohl, auch das erkennen wir an, gab es einen großen Erfolg bei der EU-Biodiversitätsstrategie. Die EU-Kommission schlug in ihrem Entwurf unter anderem vor, 30 Prozent der europäischen Land- und Meeresfläche unter Schutz zu stellen. Zudem soll es einen verbindlichen Plan zur Wiederherstellung der Natur in Europa geben und mindestens 20 Milliarden Euro in die Umsetzung der Strategie fließen. Das hohe Ambitionsniveau des Vorschlags der EU-Kommission konnte unter deutscher Verhandlungsführung im Umweltministerrat größtenteils erfolgreich verteidigt werden.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Zeichen der Pandemie in der deutschen Regierungspolitik wahrhaftig durchsetzen werden. In der Landwirtschaft braucht es endlich die Abkehr vom bisherigen System der pauschalen Direktzahlungen und eine deutliche Kopplung der Subventionen an verbindlichen sowie messbaren Klima- und Umweltschutz. Und bei der Klimapolitik sind Deutschland und die EU mit ihrem selbstgesteckten Zielen weit davon entfernt, ihren wissenschaftlich notwendigen Beitrag zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels zu leisten. Dazu sind mindestens 65 Prozent Treibhaugasminderungen nötig. Die Einbeziehung von CO2-Speichern wie Wälder, Moore und Meere rechnet das Klimaziel zudem schöner als es ist. Es bleibt zu hoffen, dass der letzte Punkt in der Endrunde zwischen EU-Parlament, -Kommission und -Rat während der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft korrigiert werden kann.“

 

Original Content von WWF Deutschland

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