Es ist immer gleich. War es schon immer. Nicht erst seit heute. Anfangs ist eine riesige Begeisterung da für dies und das “in den Krieg zu ziehen”. Es dem Erbfeind mal wieder zeigen, Land im Osten suchen, Sklaven im Süden befreien, Europa mit der Bürgerrevolution überziehen, sich unabhängig erklären oder für andere guten Dinge. Gründe gibt und gab es schon immer. Weltweit zu jeder Zeit.
Zur Zeit ist es sexy mit Russland Krieg zu führen, damit eine zutiefst korrupte und in Teilen faschistoide Ukraine weiterexistieren kann, da wir politisch geneigt sind dieses Regime dort als „demokratisch“ und „republikanisch“ zu bewerten. Wie man auf diese Idee kommen kann soll hier nicht interessieren, aber die Begeisterung dort als westlicher Söldner mitzukämpfen ist schon… interessant. Zumal das auch noch medial und politisch gehypt wurde. Das war bei den ISIS-Freiwilligen auch anders. Soll uns aber auch egal sein.
So ziehen und zogen dann Soldaten begeistert in den Krieg. Kapelle und Küsschen zum Abschied und los gings mit Gesang.
In Deutschland war das 1863, 1866, 1870, 1914, 1939 im großen Stil der Fall. Die meisten kamen wieder. Viele halt nicht. Und andere kamen ohne Arm oder Bein zurück. Oder erst nach langer Gefangenschaft.
Doch alle die das überlebt haben, hatten zum Teil seelische Wunden davongetragen. Neben den physischen Verletzungen an sich.
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Und das betraf dann im Ersten und Zweiten Weltkrieg nicht nur Soldaten, sondern zunehmend auch Zivilisten, die beispielsweise Flucht und Vertreibung oder die Bunkernächte im Bombenhagel mitgemacht haben.
So war es nicht verwunderlich, dass gerade nach verlorenen Kriegen wenig Bereitschaft da war, sich neben den Toten an sich auch noch um die Nachsorge von Verwundungen zu kümmern. Bei den physischen Verwundungen ging das noch aber die seelischen Verwundungen blieben unerkannt, wurden ignoriert oder unterdrückt. Es gab dafür noch nicht einmal genug Ärzte, die das überhaupt behandeln konnten.
General Patton schlug 1943 in Italien einen psychisch verletzten Soldaten und warf ihn aus dem Sanitätszelt. Beschimpfte ihn als Feigling. Das hatte Folgen für ihn. Er musste sich vor Abordnungen seiner gesamten Armee öffentlich bei dem Soldaten entschuldigen.
Doch Patton war kein Einzelfall. Eigentlich galt es als undiszipliniert sich als Soldat so hängen zu lassen. Schlapp zu machen. Und das in jeder Armee der Welt. Doch besonders in der deutschen Armee war das ein verbreiteter Gedanke. „Klagt nicht – KÄMPFT“ war (und ist noch) so ein überall propagierter Wahlspruch.
Und das galt dann auch nach dem Krieg. Wer keine sichtbare Verwundung hatte, fiel aus dem Raster.
Wenn ich meinen Großvater nach dem Krieg fragte, und er war nur bei der Heeres-Flak im hinteren Teil der Front, dann war nach zehn Minuten Schluss und er stand nach Luft schnappend am Fenster.
Durch Nachforschungen weiß ich, dass aus seiner schweren Artillerieabteilung 843 nur knapp 30 Mann Krieg und Gefangenschaft überlebt haben…
Doch das war nichts besonderes. Nichts ungewöhnliches oder gar eine Ausnahme. Es war normal, denn im letzten Krieg dienten 15 Millionen Soldaten von denen 3,5 Millionen fielen – nicht einfach starben.
Dann gab es Millionen mit Verwundungen, für die es im Krieg Auszeichnungen gab. Das Verwundetenabzeichen war nicht eine deutsche Erfindung. Diese Auszeichnung wurde in fast allen Armeen der Welt bis dato verliehen. Als Dank des Vaterlandes für das vergossene Blut.
Es ist bezeichnend, dass das BMVg bis heute die Wiedereinführung dieser Auszeichnung ablehnt. Thomas de Maizière (HIER) verstieg sich sogar in die Aussage, dass eine Verwundung keine auszuzeichnende Tat wäre… Der Bürokrat, eigentlich selbst Reserveoffizier und einer Soldatenfamilie entstammend, zeigte somit eine Gesinnung auf, der dann zu folgen die Wehrverwaltung nur allzu bereit war.
Zu Beginn der Einsätze mussten selbst die Hinterbliebenen von Gefallenen und Toten um ihre Versorgungsansprüche kämpfen. Bei Verwundungen und Verletzungen im Einsatz sah es noch mieser aus. Hier musste der Soldat nachweisen, dass die Schädigung im Einsatz erfolgt ist.
So versandeten etliche Anträge auf Wehrdienstbeschädigung (WDB) im Strudel der Zeit und im Sumpf der Bürokratie. Denn jeder kämpfte für sich allein. Gern auch mit Anwälten, aber für sich.
Das sparte der Bundeswehr viel Geld und kostete kaum Ansehen, denn es interessierte auch keinen in der Gesellschaft. Denn die Soldaten wurden doch dafür bezahlt, ergo was soll‘s?
Und wenn das schon für Verwundungen schwierig war, wie schwer nachzuweisen war das dann für seelische Verwundungen? Für posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) (HIER), die zum Teil erst nach zehn oder zwanzig Jahren auftreten? Mit zum Teil gravierenden Folgen für Familie, Beruf und sozialem Umfeld. Auch Selbstmordraten sind hier hoch.
Wie sollte der Soldat, ohne gesellschaftlicher, politischer oder medialer Unterstützung oder auch nur Interesse(!), gegen eine ausgeklügelte Bürokratie des (ehemaligen) Dienstherren ankommen? Zumal ER die Beweislast hatte, dass die Schädigung im Einsatz erfolgte.
Das scheiterte nur all zu oft.
Daher gründete sich von Betroffenen initiiert der Bund Deutscher EinsatzVeteranen e.V., der inzwischen sogar als mildtätig anerkannt ist.
Er machte auf das Problem aufmerksam, knüpfte Verbindungen, schuf ein Netzwerk und gelang so auf Augenhöhe mit der Bundeswehr, die Anfangs alles tat diesen Verein zu ignorieren, zumal es den Deutschen Bundeswehrverband und den Deutschen Reservistenverband noch gab. Beide aber durch jährliche und nicht unerhebliche Zuwendungen von der Bundeswehr selbst gesponsort sind…
Das lehnte der Bund der Einsatzveteranen aber ab. Er schuf sich ein eigenes Sponsorennetzwerk, sammelte Spenden und holte sich ehrenamtliche Unterstützung. Konnte so völlig unabhängig von der Vorsicht operieren, wem er auf die Füße trat.
Die Bundeswehr kann nicht genau beziffern, wie viele Soldaten z.B. in Afghanistan waren. Oder wie viele überhaupt seit Somalia in den Einsätzen waren, die sich über die Jahre hinweg immer mehr gehäuft haben.
Die Bundeswehr hat das NIE nachgehalten wohl aber die Einsatzmedaillien in Bronze (90Tage), Silber (360Tage) und in Gold (690 Tage) eingeführt, damit mehrfach in den Einsatz geschickte Soldaten „sichtbarer“ wurden. Sich wertgeschätzter fühlten… (HIER).
Es gibt inzwischen 61(1) dieser Medaillien für 61 verschiedene Bundeswehreinsätze! Nur mal so.
Man schätzt, und hier gibt es Studien der US-Streitkräfte, dass zwischen 10 und 15% aller eingesetzten Soldaten – je nach Einsatz und Nähe zu belastenden Situationen – von PTBS betroffen sind. Einer in den USA anerkannten Verwundung, die auch mit dem Verwundetenabzeichen (Purpur Heart) ausgezeichnet werden kann.
Da die Bundeswehr nicht weiß, wie viele Soldaten sie in die Einsätze geschickt hat, weiß sie natürlich auch nicht, wie hoch die Gesamtzahl der von PTBS betroffenen Soldaten sein könnte. Nur eines ist sicher: das könnte teuer werden!
Zumindest teurer als die Entschädigung der Opfer von Radarstrahlen, die fast drei Jahrzehnte um Anerkennung kämpfen mussten.
Und hier hat der Bund Deutscher Einsatzveteranen e.V. Erhebliches geleistet. Fallmanager betreuen die Kameraden, die sich melden umgehend. Koordinieren die Maßnahmen, Hilfen und unterstützen bei Behörden und meist dann auch zeitkritischen Anträgen.
Zeitkritisch deshalb, weil man sich als Soldat schwertut sich einzugestehen, dass man Hilfe brauchen könnte, oder gar schon gebraucht hätte.
Oft ist es schon zu spät, und Kameraden haben alles verloren: Familie, Arbeit, Freunde und die Wohnung.
Hier hat der Verein ein Netz gespannt, dass von Therapeuten über Rechtsanwälte bis hin zu Sozialarbeitern und Experten jeder Art reicht. Und das nicht nur regional sondern bundesweit. Im ständigen Wachstum, da sich immer mehr Kameraden melden aber auch die freiwillige Unterstützung des Vereins weiter zunimmt, der nun auch von der Bundeswehr als „Mitspieler“ und nicht mehr als „Störung“ wahrgenommen wird.
Und mit diesen vernetzten Maßnahmen ist der Verein nun in der Lage auf Augenhöhe mit der Bundeswehr samt deren Wehrverwaltung die Interessen von Betroffenen Kameraden zu vertreten. Ihnen professionelle Hilfe zu geben ihre Ansprüche anzumelden, zu verteidigen und durchzusetzen.
Und das erstmals in der deutschen Geschichte auch für die Lebenden und in dem Maße und dem Anspruch wie die Kriegsgräberfürsorge e.V. (HIER) für unsere Kriegstoten arbeitet.
Es hat lange gedauert, aber es hat geklappt. Was in anderen Ländern schon weit fortgeschritten ist, musste hier erst mühsam aufgebaut werden. Doch nun steht ein tragfähiges Grundgerüst, das weiter ausgebaut wird. Ausgebaut werden muss.
„Treu gedient – Treue verdient“ ist das Motto des Vereins, was das in vier Worte fasst, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Besonders in einem Land, das gerade wieder nichts auslässt, um ins Kriegshorn zu blasen und Krieg als notwendig darzustellen.
Wer das tut hat auch eine Verantwortung. Nicht nur für die Toten, sondern auch für die Überlebenden, die mitunter dann auch verwundet wurden. Auf die ein oder andere Art.
Treue ist keine Einbahnstrasse! – War sie nie!
Und daher nun auch hier der Aufruf, den ich gern unter all meine Bundeswehrartikel gesetzt habe nochmals:
Als Interessenverband für alle Einsatzveteranen ist der Bund Deutscher Einsatzveteranen e.V. (HIER). Er ist Ansprechpartner und Anlaufstelle für alle Kameraden, die Hilfe brauchen. Es wird jedem, sofort und professionell geholfen werden, der durch seinen Dienst für die Bundesrepublik Deutschland zu Schaden kam.
Wir bitten unsere Leser um Spenden für die gute Sache und hoffen auf breite Unterstützung für die Kameraden!
Spendenformular HIER
BDV_InfoBroschuere_Febr_2020
Kostenloser Download des Erfahrungsberichtes eines traumatisierten Kameraden: Kunduz im Kopf
Auch:
So geht das Gedenken ins Deutschland während man ins Kriegshorn tutet..
Volkstrauertag in Kassel: Reservistenkameradschaft darf nicht am Ehrenmal gedenken (nordhessen-journal.de)
Leider ist Russland auch im Cyberraum besser aufgestellt…
Bundeswehr: Die Vertuschung als neustes Mittel der IT-Security (nordhessen-journal.de)
Bundeswehr: Afghanistan – war es das wirklich alles wert? (nordhessen-journal.de)
Und wer das Wesen einer Armee nicht versteht, holt sich die falschen Leute an Bord…
JOINT FUTURE WORK UND BUNDESWEHR Teil 1: Die Folgen des Unverständnisses der eigenen CI | Conplore Wirtschaftsmagazin
Bundeswehr: Was stimmt nicht beim KSK? – Vielleicht nur der Verdacht? – (nordhessen-journal.de)
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