Das war ein echter Kraftakt: Die MT Melsungen siegte bei den abstiegsbedrohten Eulen Ludwigshafen mit 31:27 nach einer 16:13-Halbzeitführung. Die nie aufsteckenden Gastgeber hatten zwischenzeitlich sogar einen 7-Tore-Rückstand wett gemacht, erzielten 13 Minuten vor dem Ende den 24:24-Ausgleich. Doch dann lief MT-Keeper Johan Sjöstrand zu großer Form auf, entschärfte einige Großchancen und legte damit die Basis für den insgesamt verdienten Sieg. Beste Torschützen vor 2.167 Zuschauern in der fast ausverkauften Ludwigshafener Friedrich-Ebert-Halle waren Denni Djozic (13/11) für die Hausherren und Lasse Mikkelsen (8/4) für die MT. Den nächsten Einsatz haben die Nordhessen in einer Woche bei den Rhein-Neckar Löwen.
Die MT musste ohne die verletzten Tobias Reichmann und Finn Lemke auskommen. Dafür konnte Michael Allendorf trotz lädierter Hand auflaufen und begann in der Startformation als Spitze einer 5:1-Abwehr. Erfolgreicher Auftakt für den Linksaußen auch vorne: Gleich im ersten Angriff holte er einen Strafwurf heraus, den Lasse Mikkelsen zum 0:1 nutzte. Auch die Gastgeber kamen im Gegenzug per Strafwurf zu ihrem ersten Treffer – Denni Djozic verwandelte sicher gegen Nebojsa Simic.
Der vermeintliche Aussenseiter erarbeitete sich in der Folge leichte Vorteile. Die Eulen agierten quirlig im Angriff, die MT-Cracks hatten Mühe, ihre jeweiligen Gegenüber in den Griff zu bekommen. Etwa den 2,07 m langen Halblinken Azat Valiullin, Mittelmann Alexander Feld oder den Halbrechten David Schmidt. Siebenmeterspezialist Denni Djozic tat sein Übriges und so diktierten die Hausherren über 4:2 (6.), 5:4 (10.), und 6:5 (11.) das Geschehen. Für die MT hatten bis dahin noch Philipp Müller, zweimal Arjan Haenen und Michael Müller getroffen.
Ausgerechnet als die MT aufgrund einer Zweiminutenstrafe gegen Felix Danner die Unterzahl durch Herausnahme des Torwartes wettmachen musste, schaffte Lasse Mikkelsen nach Anspiel von Michael Müller den Ausgleich. Und der frisch herein gekommene Julius Kühn sorgte kurz darauf erstmalig nach dem 0:1 wieder für die Führung seines Teams. Absetzen konnten sich die Nordhessen dennoch nicht. Obwohl Johan Sjöstrand einen Strafwurf von Dennis Djozic vereitelte und Michael Allendorf im Gegenzug das 7:8 erzielte (17.).
Nach David Schmidts Ausgleich zum 10:10 legte Heiko Grimm die Grüne Karte. Kurz zuvor hatte er Johan Sjöstrand gänzlich für Nebojsa Simic ins Tor beordert und Timm Schneider für Lasse Mikkelsen auf die Mitte geschickt. Was dem MT-Coach nicht passte, war die nicht konsequent genug arbeitende Abwehr. So ließ er von 5:1 auf 6:0 umstellen. Die Mitte sollten fortan Gabor Langhans, Johannes Golla und Felix Danner dicht machen.
Als die Gäste dank zweier souverän verwandelter Strafwürfe durch Lasse Mikkelsen gerade wieder begonnen hatten, das Spiel leicht in ihre Richtung zu drehen (11:12, 23.), wurden sie per Auszeit von Friesenheims Trainer Benjamin Matschke kurz ausgebremst. Allerdings ohne nachhaltigen Effekt. Denn Julius Kühn aus der Distanz, Michael Allendorf über Linksaussen, Lasse Mikkelsen per Siebenmeter und Gabor Langhans, der sich kraftvoll auf Halbrechts durchbiss, arbeiteten bis zum Pausenpfiff einen 16:13-Vorsprung heraus.
Nach dem Wiederanpfiff konnten die Eulen zwar zunächst etwas Boden gut machen (15:17, 33.), aber dann begann eine Phase, in der die MT ihrer Favoritenrolle vollends gerecht wurde: In einem fulminanten Zwischenspurt zauberten Kühn & Co binnen acht Minuten einen 7:2-Lauf aufs Parkett und erweckten damit den Anschein, als wäre das Spiel praktisch entschieden. 40:16 Minten waren gespielt, als Michael Allendorf zum 17:24 einnetzte. Im Angriff lief es wie am Schnürchen, alles sah jetzt so wohltuend leicht aus, die Tore fielen wie reife Früchte. Ob vom Kreis (Golla), im Gegenstoß der ersten und zweiten Welle (Allendorf) oder aus dem Rückraum (Kühn, Mikkelsen). Und auch die Abwehr war inzwischen so agil, dass die Friesenheimer Angreifer kaum noch bis auf das von Johan Sjöstrand gehütete Tor durchkamen.
Hatte sich in dem Moment in den Köpfen der Nordhessen etwa der Gedanke breit gemacht, dass es von nun an nur noch um die Höhe des Sieges geht? Offenbar. Denn plötzlich war der eben noch gezeigte Flow wie abgeschnitten. Das Tempo im Angriff erlahmte, die effektiven Aktionen in der Defensive wurden weniger und der Kontrahent witterte auf einmal wieder Morgenluft. Und wie. Die Hausherren begannen nun gar den Spieß umzudrehen, weckten ihrerseits mit einem beeindruckenden 7:0-Lauf die Hoffnung ihrer Anhänger, doch noch die Sensation schaffen zu können. Beim 24:24 in der 47. Minute war alles wieder offen.
Wie gut, dass sich die MT in der entscheidenden Phase auf ihren Schlussmann verlassen konnte. Just in Time lieferte Johan Sjöstrand jetzt wichtige Paraden und gab damit seinen aus dem Gleichgewicht geratenen Vorderleuten wieder eine Orientierung. Die wiederum verstanden dessen Signale und legten sich auch vorne noch einmal ins Zeug. Lasse Mikkelsen, der sich an den Kreis geschlichen hatte und von Kühn bedient wurde, beendete mit dem Tor zum 24:25 die Flaute seines Teams. Und der an diesem tage äußerst treffsichere Arjan Haenen warf kurz darauf den Ball sogar vom eigenen Kreis ins verwaiste Friesenheimer Tor.
Hinten entschärfte Sjöstrand erst Valiullins Geschoss und dann auch noch gleich den Nachwurf von Linksaussen Djozic. Und als Gabor Langhans per Sprungwurf von Halbrechts zum 24:27 einnetzte (50.), hatten die mitgereisten MT-Anhänger allen Grund durchzuatmen. Ihre Lieblinge hatten rechtzeitig die Kurve gekriegt und schaukelten nun das Spiel verdientermaßen nach Hause. Nach der Schreckphase war es ein hartes Stück Arbeit – die sich gelohnt hat. Das Kompliment geht aber auch an den Gegner, der mit nimmermüdem Willen zu diesem kurios-abwechslungsreichen Spiel beigetragen hat.
Trainerstimmen zum Spiel:
Heiko Grimm, MT: Wir wussten es vorher, dass uns hier in Ludwigshafen viel Arbeit erwartet und der Gegner ums Überleben kämpfen würde. Insofern war ich mit unserem Spiel mit einigen Abstrichen bis zur 45. Minute recht zufrieden. Besonders die erste Hälfte der zweiten Halbzeit hat mir gefallen. Da war das Tempo da, wir haben dem Gegner einige Überraschungen im Angriff geboten, wir haben so gespielt, wie wir uns das vorgenommen hatten. Dass wir dann aber einen Gang zurück geschaltet haben, darf einfach nicht sein. Da wurde dann in der Abwehr zu wenig getan, wir kassieren unnötige Tore, das Publikum kommt wieder zurück und plötzlich macht sich auch Verunsicherung bemerkbar. Letztlich bin ich natürlich froh über das Ergebnis – es war ein Kampfsieg. Die Erkenntnis: Einiges von dem was wir uns vornehmen, klappt zumindest eine zeitlang im Spiel recht gut.
Benjamin Matschke, Die Eulen: Ich kann meiner Mannschaft keinerlei Vorwürfe machen. Sie hat das Herz am rechten Fleck. Einige unserer Spieler mussten heute noch arbeiten oder hatten Vorlesungen. Dennoch haben wir dem übermächtigen Gegner viel abverlangt. Ich muss den Hut vor meiner Mannschaft ziehen. Den Unterschied haben die Torhüter gemacht. Wir hatten nur vier Paraden, während bei der MT Sjöstrand in der wichtigen Phase voll da war.
Statistik
Eulen Ludwigshafen: Klier (2 Paraden), Hanemann (3 P.), Peribono (0 P.) – Stüber, Hurscak, Dietrich 1, Scholz 1, Feld 2, Falk 2, Durak 1, Bührer, Djozic (13/11), Weber, Dippe 2, Valiullin 2, Schmidt 3 – Trainer Benjamin Matschke.
MT Melsungen: Simic (1 Parade), Sjöstrand (6 P.) – Maric 1, Kühn 5, Lemke (n.e.), Golla 2, Mikkelsen 8/4, Danner, P. Müller 1, Boomhouwer (n.e.), Schneider, Allendorf 6, M. Müller 1, Haenen 5, Langhans 2 – Trainer: Heiko Grimm.
Schiedsrichter: Peter Behrens (Wuppertal) / Marc Fasthoff (Neuss).
Zeitstrafen: 8 – 10 Minuten (Dietrich, Durak, 2x Dippe – Allendorf, 2x Danner, Kühn, Golla)
Strafwürfe: 11/12 – 4/5 (Denni Djozic scheitert an Johan Sjöstrand, 15:38 Min. – Lasse Mikkelsen scheitert an Kevin Klier, 46:01 Min.)
Zuschauer: 2.167, Friedrich-Ebert-Halle, Ludwigshafen
Das nächste Spiel:
Do., 24.05.2018, 19:00 Uhr, Rhein-Neckar Löwen – MT Melsungen, SAP-Arena, Mannheim
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