„In Verantwortung für Hessen: Wir stehen zusammen!“

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Die Corona-Krise erfordert nach den Worten von Ministerpräsident Volker Bouffier „entschlossenes und rasches, aber auch besonnenes Handeln“. In einer Regierungserklärung betonte er die Bedeutung des Zusammenhalts in der Gesellschaft und stellte die bisherigen Entscheidungen der Landesregierung vor.
Ministerpräsident Volker Bouffier

„Die sogenannte Corona-Krise stellt unser Land vor Herausforderungen, wie es sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gegeben hat. Buchstäblich alle Lebensbereiche sind davon erfasst. Der französische Präsident spricht wörtlich: „Wir sind im Krieg“, und andere sprechen von „Kampf um Leben und Tod“. Dies ist nicht meine Wortwahl, aber ich will keinen Zweifel daran lassen, dass die Lage sehr ernst ist. Die erschütternden Bilder zum Beispiel aus Italien und anderen Ländern lassen keinen Zweifel mehr zu über die Dimension der Herausforderung.

Ich bin aber überzeugt, dass es uns gelingen kann, das Ausmaß dieser Pandemie einzudämmen und letztlich die Krise auch zu beherrschen, wenn die getroffenen Maßnahmen wirken und sich insbesondere die Bürgerinnen und Bürger auch an die entsprechenden Regeln halten. Je mehr Bürger sich unter anderem an die Hygiene- und Abstandsregeln halten, umso größer sind unsere Erfolgsaussichten.

Freiheit bedeutet Verantwortung

Die Landesregierung hat eine Vielzahl von Entscheidungen getroffen, die tief in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen. Dies ist uns nicht leichtgefallen. Aber individuelle Freiheit ist nie schrankenlos. Sie muss dort enden, wo Freiheit, Gesundheit und sogar das Leben anderer ernsthaft gefährdet werden. Freiheit bedeutet deshalb immer auch Verantwortung, ganz konkret für jeden selbst, seine Familie, seine Nachbarn und für unsere Gemeinschaft insgesamt.

Ich bedanke mich deshalb bei unseren Bürgerinnen und Bürgern, die sich jetzt fast alle sehr verantwortungsvoll verhalten. Ich freue mich auch sehr über die große Zahl an Hilfsangeboten zum Beispiel für Alleinstehende oder Kranke in unserem Land. Diese vielen Initiativen zur Hilfe sind gelebte Solidarität in einer Gesellschaft, die trotz ihrer Vielfalt zusammenhält. Darüber dürfen wir uns gerade in dieser Zeit alle sehr freuen.

Diesen Zusammenhalt brauchen wir auch weiterhin dringend. Die Herausforderungen der Corona-Krise sind noch lange nicht bewältigt und die Gefahren nicht gebannt.

Vorrangiges Ziel: Ausbreitung des Virus verlangsamen

Die Situation erfordert entschlossenes und rasches, aber auch besonnenes Handeln. Da wir uns in einer sich rasch verändernden Lage befinden, müssen alle Maßnahmen immer wieder überprüft und gegebenenfalls auch verändert werden. Vorrangiges Ziel aller Maßnahmen ist es, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und wo immer möglich, die Infektionskette zu unterbrechen.

In Abstimmung mit der Bundesregierung und den anderen Bundesländern hat die Landesregierung daher eine ganze Reihe von Entscheidungen getroffen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Zusammenarbeit nicht nur notwendig, sondern auch erfolgreich ist. Der Föderalismus funktioniert und gewährleistet insbesondere auch die notwendige Zusammenarbeit mit den Kommunen.

So habe ich selbst zum Beispiel selbst regelmäßig persönlich eine Telefonschaltkonferenz mit den Regierungspräsidenten, Landräten und Oberbürgermeistern durchgeführt. Auch der Krisenstab des Landes steht rund um die Uhr für Informationen und Anfragen zur Verfügung.

Medizinische Versorgung aufrechterhalten

Zu allererst muss es darum gehen, die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Wir haben in Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Aber auch dieses System bedarf in einer solchen Situation besondere Maßnahmen. So musste zum Beispiel für die Gewinnung von zusätzlichen Intensivbetten die Behandlung aller medizinisch nicht notwendigen Operationen verschoben werden.

Die notwendigen Entscheidungen werden in Abstimmung mit der Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung und den Kliniken getroffen. Hierzu gehört auch die zukünftige Konzentration der Behandlungen von Corona-Erkrankten auf sechs Kliniken der Maximalversorgung, wie sie durch den Kollegen Klose gestern im Einzelnen der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Ein nach wie vor dringendes Problem bleibt die Ausstattung mit medizinischem Gerät und Material. Weltweit wird dies nachgesucht und wir bemühen uns, auf allen möglichen Kanälen hier voranzukommen. Die Bundesregierung hat hierzu ihre Hilfe in Aussicht gestellt, konnte bislang aber, soweit wir das übersehen, das Problem auch noch nicht lösen.

Trotz dieser Umstände leisten gerade alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, seit Wochen Herausragendes. Für dieses großartige Engagement verdienen sie unser aller Dank und Anerkennung.

Notfallbetreuung für Kinder

Eine besondere Priorität muss auch die Handlungsfähigkeit des Staates und der Erhalt der kritischen Infrastruktur genießen. Um diese sicherzustellen, hält die Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen zum Beispiel eine Kinderbetreuung für diejenigen Eltern, die in diesen Bereich tätig sind, in den Kitas und Schulen aufrecht. So gewährleisten wir, dass zum Beispiel dringend benötigte Ärzte oder Krankenschwestern nicht zu Hause bleiben müssen, um ihre Kinder zu versorgen. Diese Notfallbetreuung funktioniert nach allen Rückmeldungen gut und wir beabsichtigen, diese auch in den Osterferien zu ermöglichen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Erzieherinnen und Erziehern und den Lehrerinnen und Lehrern für diesen ganz besonderen Einsatz.

Die Corona-Krise erschüttert auch unsere Wirtschaft und Gesellschaftsstrukturen. Viele Firmen und Einrichtungen haben massive Umsatzeinbrüche, manche gar keine Aufträge mehr und nicht wenige fürchten um die nackte Existenz. Das geht quer durch alle Bereiche – vom Dax-Konzern bis zum Kleingewerbetreibenden und Selbstständigen, den Vereinen oder den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege. Die Folgen für die Arbeitsplätze und mangelndes Einkommen für die Familien sind schon jetzt enorm und werden aller Voraussicht nach noch zunehmen. Es ist deshalb richtig, dass die Bundesregierung und die Länder rasch Maßnahmen ergriffen haben, um hier gegenzusteuern. Als Beispiel sei die Neuregelung des Kurzarbeitergeldes genannt.

Augenmerk auf denjenigen, die jetzt schnell Hilfe brauchen

Das reicht aber nicht. In der Telefonschaltkonferenz mit der Bundeskanzlerin und mit den Ministerpräsidenten der Länder haben wir am vergangenem Sonntag eine Fülle von Maßnahmen vereinbart, die in dieser Woche noch durch den Bundestag und den Bundesrat beschlossenen werden sollen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf denjenigen, die jetzt schnell Hilfe brauchen, um ihre Grundkosten zahlen zu können und um nicht in die Insolvenz zu rutschen.

Sie brauchen schnelle Hilfe. Dabei müssen wir darauf achten, dass die Bürokratie trotz der gerade im Finanz- und Bankenbereich zahlreich bestehenden Vorschriften so gering und einfach wie möglich gehalten und die Bundes- und Landeshilfen so koordiniert werden, dass die Hilfe aus einer Hand erfolgt. Dies ist nach den gestrigen Beschlüssen der Bundesregierung nun besser möglich.

So will die Bundesregierung für Kleingewerbetreibende und Selbstständige mit bis zu fünf Arbeitnehmern eine Soforthilfe von 9.000 Euro zahlen und bei denjenigen mit sechs bis zehn Arbeitnehmern eine Soforthilfe von 15.000 Euro. Bei aller Anerkennung dieser Leistungen sind wir jedoch davon überzeugt, dass das nicht reicht und deshalb sich auch das Land Hessen hier zusätzlich engagieren muss.

Wir wollen deshalb ein Soforthilfeprogramm des Landes Hessens auflegen, das den Betroffenen schnell und unbürokratisch nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Verfügung stellt. Dieses Programm richtet sich vor allem an Klein- und Kleinstunternehmer, Angehörige freier Berufe und Selbstständige. Wir haben deshalb als Land die Absicht, die Leistungen des Bundes so aufzustocken, dass für die Gruppe mit bis zu fünf Arbeitnehmern 10.000 Euro und für die Gruppe mit bis zu zehn Arbeitnehmern 20.000 Euro Einmalzahlungen als Soforthilfe gewährt werden.

Darüber hinaus halten wir es für notwendig, auch denjenigen, die der Bund mit seinem Programm nicht erfasst, also solche mit über zehn Arbeitnehmern eine Hilfe zukommen zu lassen. Wir beabsichtigen, deshalb in einer dritten Gruppe mit bis zu 49 Arbeitnehmern eine einmalige Soforthilfe von 30.000 Euro zu gewähren.

Dimension mehr als beachtlich

Wir sind uns bewusst, dass es hier um eine höchst ungewöhnliche und auch von der Dimension mehr als beachtliche Leistung geht. Wenn eine größere Anzahl aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten diese Angebote in Anspruch nähme, wären wir schnell bei Summen von einer halben Milliarde Euro und mehr nur für die Soforthilfe.

Wir halten gleichwohl gerade die Hilfe für diese Kleinunternehmen und Selbstständigen für äußerst wichtig, da gerade diese in aller Regel nicht über größere Rücklagen verfügen und selten in der Lage sind, für längere Zeit ohne Einnahmen zu überleben. Damit die Hilfe möglichst rasch in Anspruch genommen werden kann, bereiten wir die Auszahlung über das RP Kassel und in enger Zusammenarbeit mit den IHKs und Handwerkskammern vor. Die Details des Soforthilfeprogrammes und des Antragsverfahrens werden wir nach Möglichkeit bereits morgen der Öffentlichkeit vorstellen.

Bei größeren Betrieben mit über 50 Beschäftigten können über die Hausbank Kredite zum Beispiel der KfW aus dem Bundesprogramm in Anspruch genommen werden. Von Seiten des Landes Hessens stehen darüber hinaus auch Expressbürgschaften unserer Bürgschaftsbank oder Mikrokredite über die WI-Bank zur Verfügung. Auch die von Finanzminister Dr. Schäfer in der vergangenen Woche vorgestellten steuerpolitischen Maßnahmen sind ebenfalls von größter Bedeutung und helfen der Wirtschaft, aber auch vielen Bürgern konkret. Nicht nur die Steuerstundungen, sondern insbesondere auch das Angebot an die Umsatzsteuerzahler, die letzte Rate der Umsatzsteuer auf Antrag zurückzuerhalten, dass Hessen als 1. Bundesland gemacht hat, hilft schnell. Wir sprechen hier alleine bei dieser Maßnahme von einer Summe in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro.

Die Zeit drängt

Das sind gewaltige Zahlen, aber ich bin überzeugt, dass es notwendig ist, hier jetzt möglichst schnell zu helfen, weil ansonsten die Schäden für unser Gemeinwesen noch höher wären. Zu diesem Zweck legen wir Ihnen heute auch den Nachtrag zum Landeshaushalt vor.

Ich bin mir bewusst, dass sowohl die Schnelligkeit des Verfahrens wie auch die Summe von zwei Milliarden Euro, um die es heute besonders geht, eine besondere Herausforderung für jeden Abgeordneten darstellen. Ich verstehe sehr gut, dass Entscheidungen von dieser Tragweite eigentlich ausführliche Beratung in den Ausschüssen und Fraktionen erfordern. Ebenso ist es selbstverständlich, dass die Ausnahme nicht zur Regel werden darf.

Aber jetzt drängt die Zeit. Wir haben deshalb, sobald wir selbst wussten, was zum Beispiel der Bund will, so gut es ging – im Regelfall – insbesondere die Fraktionsvorsitzenden und haushaltspolitischen Sprecher umgehend unterrichtet. Wenn jetzt von allen Seiten verständlicher Weise der Ruf nach finanzieller Unterstützung des Staates ertönt, können wir aber als Landesregierung nur handeln, wenn wir vom Landtag die Erlaubnis dazu erhalten. Deshalb legen wir Ihnen heute den Nachtragshaushalt vor und ich bitte Sie herzlich um Ihre Zustimmung.

Jetzt müssen wir alle zusammenstehen. Ungeachtet parteipolitischer Unterschiede erwarten die Bürger von uns allen zurecht, dass wir handeln. Zeigen wir den Bürgerinnen und Bürger, dass sie sich auf uns verlassen können. Zeigen wir: Wir Hessen handeln und stehen auch in der Krise zusammen.

Ich danke Ihnen allen und wünsche Ihnen, dass Sie gesund bleiben.“   Volker Bouffier


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