Die Zugvögel sind wieder massiv unterwegs. Schuld daran ist natürlich der kommende Winter aber auch das momentane Hochdruckgebiet, die es den Tieren besonders einfach macht
Die Zugvögel in Mitteleuropa beginnen meist im Spätsommer und Frühherbst ihren Flug in den Süden. Der genaue Zeitpunkt hängt von der Vogelart und den Wetterbedingungen ab, doch viele Arten starten ihren Zug zwischen September und Oktober. Einige Vögel verlassen allerdings schon im August ihre Brutgebiete, besonders die sogenannten Langstreckenzieher, die nach Afrika fliegen.
Wann ist die beste Zeit?
Zugvögel fliegen bevorzugt bei günstigen Wetterlagen, die ihnen helfen, Energie zu sparen und sicherer zu reisen. Das ideale Wetter hängt dabei von den Flugrouten und der Art der Zugvögel ab. Hier sind die Hauptbedingungen, die Zugvögel bevorzugen:
- Rückenwind: Rückenwind ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, da er den Flug erleichtert und Energie spart. Besonders Langstreckenzieher wie Störche und Schwalben warten oft auf Süd- oder Südwestwinde, um von Mitteleuropa nach Afrika zu fliegen. Nord- und Nordostwinde unterstützen den Rückflug im Frühjahr.
- Klares, trockenes Wetter: Zugvögel vermeiden meist Regen und Nebel, weil die schlechte Sicht und die Feuchtigkeit das Fliegen anstrengender machen und die Orientierung erschweren. Sie fliegen daher oft bei klarem Himmel oder leicht bewölktem Wetter, um sich besser an der Sonne und den Sternen zu orientieren.
- Warme Aufwinde (Thermik): Großvögel wie Störche, Bussarde und Adler nutzen warme Aufwinde, um durch sogenannte “Thermiksegeln” an Höhe zu gewinnen und dann zu gleiten. Diese Vögel sparen so viel Energie, da sie nur kurze Flügelschläge benötigen und oft kilometerweit “getragen” werden.
- Mäßige Temperaturen: Extreme Hitze oder Kälte meiden die meisten Zugvögel, da beides die Flugbedingungen verschlechtert. Besonders Langstreckenzieher starten früh morgens oder in den kühleren Abendstunden.
Welche Vögel fliegen weg?
Die bekanntesten Zugvögel in Mitteleuropa sind:
- Langstreckenzieher: fliegen weit in den Süden, meist nach Afrika.
- Mauersegler
- Schwalben (z.B. Rauchschwalbe)
- Störche
- Kuckuck
- Kurzstreckenzieher: fliegen nach Südeuropa oder in die Nähe des Mittelmeers.
- Rotkehlchen
- Stare
- Amseln (zum Teil, einige überwintern auch in Deutschland)
- Buchfinken
- Teilzieher: Einige Individuen einer Art ziehen in den Süden, andere bleiben im Brutgebiet.
- Blaumeise
- Buntspecht
- Zaunkönig
Wie lange dauert der Flug in den Süden?
Die Flugzeit hängt von der zurückgelegten Strecke, dem Wetter und der Vogelart ab. Langstreckenzieher wie Schwalben oder Mauersegler können mehrere Wochen unterwegs sein, während Kurzstreckenzieher nur wenige Tage bis Wochen brauchen. Die Reise wird oft in Etappen bewältigt, wobei sich die Vögel an Futterplätzen ausruhen.
Die Zuggeschwindigkeit beträgt für kleinere Singvögel oft etwa 50 km/h, bei günstigen Bedingungen mit Rückenwind sogar mehr. Störche legen bis zu 300 Kilometer am Tag zurück und sind oft ein bis zwei Monate unterwegs, wenn sie nach Südafrika ziehen.
Sicheres Indiz für den Winter?
Zugvögel sind nur bedingt ein Indiz für einen schnell kommenden Winter. Ihr Zugverhalten hängt hauptsächlich von der Tageslänge und den natürlichen Instinkten ab, die ihnen sagen, wann es Zeit ist zu ziehen. Einige Zugvögel orientieren sich zwar auch an den Temperaturen und der Nahrungslage, doch das ist oft nur ein sekundärer Faktor.
Warum Zugvögel kein eindeutiges Winterzeichen sind:
- Tageslicht: Die Länge der Tage und Nächte ist der entscheidende Faktor, der den Vogelzug auslöst.
- Instinkte: Viele Arten haben eine festgelegte innere Uhr, die sie unabhängig vom Wetter in den Süden fliegen lässt.
- Kälteempfindlichkeit: Zugvögel, die hauptsächlich Insekten fressen, wie Schwalben, verlassen Mitteleuropa oft schon im Spätsommer, weil die Nahrung bald knapper wird – und nicht unbedingt, weil der Winter naht.
Aber: Ein früher Vogelzug kann bei einigen Arten indirekt auf kältere Temperaturen hindeuten. Wenn die Temperaturen schon früh im Herbst deutlich fallen, fehlt Insektenfressern schneller die Nahrung, was ihren Abflug beschleunigen könnte.
Für eine genaue Wettervorhersage ist das Verhalten von Zugvögeln allein allerdings keine zuverlässige Methode.
Schaffen es alle Tiere?
Der Weg in die Winterquartiere und zurück ist für viele Zugvögel eine große Herausforderung, und es gelingt längst nicht allen, die Reise erfolgreich zu überstehen. Tatsächlich wird geschätzt, dass nur etwa 50-70 % der Zugvögel ihren Hin- und Rückflug schaffen. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Vogelarten und Altersgruppen:
- Junge Vögel: Für Jungvögel, die zum ersten Mal in den Süden fliegen, ist die Sterberate besonders hoch. Bis zu 70 % der Jungvögel überleben das erste Jahr nicht, oft aufgrund von Erschöpfung, Fehlen von Rastplätzen oder Fressfeinden.
- Langstreckenzieher: Arten, die besonders lange Strecken bis nach Afrika zurücklegen, wie Schwalben oder Störche, sind stärker gefährdet. Sie müssen weite Wüsten und Ozeane überqueren und sind auf Rastplätze und Nahrungsquellen angewiesen, die immer knapper werden. Sie sind deshalb oft stärker gefährdet als Kurzstreckenzieher.
- Wetterbedingungen: Extreme Wetterlagen wie Stürme und Kältewellen setzen den Vögeln zusätzlich zu. Ein einziger schwerer Sturm kann Tausende von Vögeln gefährden und die Sterblichkeitsrate auf dem Zugweg erhöhen.
- Menschliche Einflüsse: Die Zerstörung von Lebensräumen und Rastplätzen durch Landwirtschaft, Bebauung oder Umweltverschmutzung führt dazu, dass weniger Vögel ihren Rückweg schaffen. Auch illegale Jagd in manchen Regionen kostet Zugvögel das Leben.
Trotz dieser Risiken schaffen es erfahrene, gesunde erwachsene Vögel oft, über mehrere Jahre erfolgreich zu ziehen. Die gefährliche Reise in die Winterquartiere ist ein Überlebenskampf – nur die stärksten und geschicktesten Vögel meistern ihn Jahr für Jahr.