Krieg in Afrika: Die Kanonen der SMS Königsberg

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Wenn Schiffe untergehen war es das meist. Die Geschichte endet dann, es sei denn es waren beim Untergang Umstände vorhanden, die das Schiff zur Geschichte werden ließen. So bei der Titanic, der Pamir oder der Exxon Valdez.
Bei Kriegsschiffen ist das anders. Da ist das Schiff schon Teil der Geschichte und der Mensch neigt genauer hinzusehen. Nur werden auch 90%  der Kriegsschiffe nach dem Untergang schlicht vergessen. Vom Nebel der Zeit verschluckt. Egal wie berühmt sie am Tag des Unterganges waren. Ruhm ist vergänglich wie die SMS Seydlitz (HIER), die l’Orient oder die HMS Warspite erfahren mussten.
So wäre es auch mit der SMS Königsberg passiert. Einem kleinen Kreuzer der bei Kriegsausbruch 1914 allein vor der damaligen deutschen Kolonie Ostafrika (heute Tansania) stationiert war.
Der Kreuzer war, obwohl erst 1905 gebaut, nicht erst seit Kriegsausbruch, sondern eigentlich schon beim Stapellauf für seine Aufgabe in der kaiserlichen Heimatflotte veraltet.(HIER).
Da er aber “strahlend” neu war, wurde er bei den legendären kaiserlichen Sommerreisen von Wilhelm II. zweimal als Begleitschiff der Yacht SMS Hohenzollern (HIER) eingesetzt.
Dann schickte man den Kreuzer in die Kolonialflotte, um dort noch ältere Schiffe zu ersetzen.

 

 

Königsberg_Bundesarchiv_Bild_105-DOA3002,_Deutsch-Ostafrika,_Kreuzer_Königsberg

 

Bei Kriegsausbruch stand die SMS Königsberg allein im indischen Ozean einem weit überlegen britischen Gegner gegenüber, der nun den Kreuzer verzweifelt suchte, um ihn als Bedrohung der nun auch kriegswichtigen Schifffahrtsrouten auszuschalten.
Dennoch gelang es dem Schiff ein paar Handelsschiffe zu versenken oder aufzubringen. Darüber hinaus gelang ihr die Versenkung der HMS Pegasus, einem der drei Schiffe des britischen Cap-Geschwaders in Südafrika, das sie im Hafen von Sansibar überraschen konnte.

 

Versenkung der HMS Pegasus durch die SMS Königsberg im Hafen von Sansibar

 

Dieser Erfolg motivierte die ohnehin schon alarmierte Admiralität in London, die nun auch die SMS Emden (HIER) suchte, eine ganze Flotte zur Suche abzustellen. Darunter nun auch die modernsten Schiffe…

In die Enge getrieben, vom ständigen Kohlenmangel geplagt und vom Gefecht mit der HMS Pegasus beschädigt, suchte der Kreuzer dank seines geringen Tiefgangs und genauer Kenntnis des Gewässers Schutz im weit verzweigten Delta des Flusses Rufiji in Tansania.
Dort wollte man mit eigens angefertigten Ersatzteilen aus Daressalam den Kreuzer wieder flottmachen.

Das gelang zwar, aber in der Zwischenzeit konnten die Briten den ungefähren Standort des Kreuzers ausmachen und ihn schließlich per Luftaufklärung finden. Sie brachten schwerere Einheiten heran, die mit ihrer überlegenen Artillerie den stillliegenden Kreuzer unter Beschuss nahmen. Die Feuerleitung übernahm das Flugzeug per Funk. Eine Methode, die damals noch recht neu und daher auch nicht ausgereift war; drei Flugzeuge stürzten ab…
Letztlich wurde der Kreuzer zum Wrack geschossen und versank im seichten Wasser des Flusses am Ufer liegend auf Grund.

 

 

Beschießung der SMS Königsberg im Flussdelta. Insg. schlugen fast 800 Granaten in der Nähe des Schiffes ein.

 

Die SMS Königsberg nach der Dauerbeschießung

 

Man beachte die Löcher in Deck, wo die 10,5er standen!

 

Für die Briten war damit der Fall erledigt und die zwischenzeitig bis zu 15 Schiffe starke Suchflotte konnte andere Aufgaben erhalten.
Die Geschichte hätte hier ihren Schlussstrich erhalten können. Nur war man in Afrika und in den Kolonien tobte der Krieg weiter. Und da die Heimat weit weg war, war jedes Stück Technik, jede Waffe und jeder Schuss Munition sein Gewicht in Gold wert.
So wurde der Kreuzer ausgeschlachtet und jedes noch so unwichtig erscheinende Teil einer neuen Verwendung zugeführt. Selbst die Stahlplatten der Bordwände und der Decks fanden Verwertung.

Besondere Bedeutung hatten die Geschütze des Schiffes. Die langen 10,5-Geschütze (SK L/40) von Krupp auf Mittelpivotlafette M.P.L. Modell C 88 sowie die Sekundärartillerie von zehn 5,2cm-Geschützen (SK L/55) waren für den Kommandeur der Schutztruppe in Ostafrika, dem späteren Generalmajor von Lettow-Vorbeck ein Glücksgriff, da er kaum über leistungsfähige Artillerie verfügte.
So wurden die noch brauchbaren Kanonen ausgebaut und auf eigens dafür gefertigte Lafetten gesetzt. Fortan bildeten die 10,5cm-Geschütze der SMS Königsberg die größten in Afrika eingesetzten Feldgeschütze des Ersten Weltkrieges.

 

Bundesarchiv_Bild_105-DOA3100,_Deutsch-Ostafrika,_Artillerie

 

Ein 10,5cm-Geschütz kam auch auf dem Hilfskriegsschiff SMS Goetzen zum Einsatz, das 1915 am Tanganjikasee fertiggestellt wurde. Es war wohl das größte Puzzel der Welt, denn das Schiff war bei der Meyer-Werft in Papenburg (HIER) zwar gebaut, dann aber nach der Abnahme wieder zerlegt und in 5000 Kisten angeliefert vor Ort erneut zusammengebaut worden.
(Da dieses Schiff bis 2018 noch auf dem See als Fähre Liemba fuhr, nehmen wir das zum Anlass dazu einen weiteren Artikel zu schreiben.)

Quelle MEYER-Werft – Generalplan GOETZEN (S 300) mit (C)-Stempel

 

Im weiteren Kriegsverlauf, in der die insg. fast 15.000 Askaris und mehreren hundert Deutsche bis zu 250.000 Mann Kolonialtruppen ihrer Kriegsgegner banden und sogar aktiv bekämpften, wurden aber die tonnenschweren 10,5er zum Problem. Jedes der Geschütze musste (gelände- und wetterabhängig) von bis zu 400 Mann gezogen werden und jede Granate wog ca. 30kg.
Als die Munition knapp wurde, wurden immer mehr Geschütze zurückgelassen und dann von nachrückenden Truppen erbeutet. Andere Geschütze wurden zerstört.

Da die Deutsche Schutztruppe letztlich erst durch Zufall vom Ende des Krieges Nachricht erhielt und am 25.11.18 unbesiegt mit den verbliebenen 1300 Mann die Waffen niederlegte wurden die 10,5er zu besonderen Souvenirs der afrikanischen Kolonialtruppen.

Eine 10,5cm-Kanone der SMS Königsberg und eine 10,2cm-Kanone der HMS Pegasus stehen heute Seite an Seite vor dem Fort Jesus in der kenianischen Hafenstadt Mombasa, wo sie zur britischen Kolonialzeit aufgestellt wurden. Anzumerken ist hier, dass sich diese Kanonen nach Versenkung ihrer jeweiligen Schiffe noch einmal im Gefecht begegneten, da auch die Briten die Geschütze geborgen hatten. 1916 beschossen sie sich bei dem Gefecht um Kondoa-Irangi (Tansania).

10,5er der SMS Königsberg vor Fort Jesus in Mombasa (Kenia)

Zwei weitere erbeutete Königsberg-Geschütze sind in Pretoria (Südafrika) und Jinja (Uganda) aufgestellt.

 

(Wiki) Ein 10,5cm-Geschütz der SMS Königsberg vor dem Union Building in Pretoria auf improvisierter Feldlafette

 

Eine 10,5er der SMS Königsberg in Uganda

 

Die leichteren 5,2cm-Geschütze wurden bis zum Ende des Kriegs – soweit noch Munition vorhanden war – genutzt, da sie der im späteren Verlauf der geänderten Taktik von Lettow-Vorbeck eher entsprachen. Die Übermacht des Gegners zwang die Deutschen zu einem hochbeweglichen Guerilla-Krieg zu wechseln, bei der alle schweren und damit die Truppe verlangsamenden Ausrüstungsgegenstände zurückbleiben mussten.

Zur Unterstützung der Operationen in Afrika dachte man in Berlin sogar daran ein Luftschiff mit Versorgungsgüter und Munition zu entsenden, das dann vor Ort ausgeschlachtet und dessen Teile dann zusätzlich genutzt werden konnten. Doch diese Idee wurde verworfen.

So stehen nun drei der ursprünglichen zehn Geschütze der Hauptartillerie der SMS-Königsberg als museale Erinnerungsstücke in Afrika verteilt, die bewahrt werden (HIER).

Die tausenden Askaris erhielten auf Betreiben von General v. Lettow-Vorbeck eine Kriegerrente zuerkannt.
Lettow-Vorbeck sorgte dafür, dass die Askaris ihre zugesagten Pensionen erhielten und nutzte dazu seine ungebrochene Popularität aus.
Im Zweiten Weltkrieg kam es zum Ende der Zahlungen, die bis dahin aber auch im III.Reich weitergezahlt wurden. Die Pensionen der Askaris wurden schließlich von der Bundesrepublik Deutschland von Anfang der 1960er Jahre bis zum Tode der letzten Askaris Ende der 1990er Jahre wieder ausgezahlt.
1953 reiste von Lettow-Vorbeck letztmals nach Tansania und traf dort seine ehemaligen Soldaten, die zum größten Teil dem Kaiserreich aus eigenem Willen loyal gedient hatten.

So wurden diese Geschütze zum Teil des afrikanischen Erbes und zur Erinnerung an einen Krieg, den auf beiden Seiten hauptsächlich Afrikaner für ihre jeweiligen Kolonialmächte führten. Als ersten umfassenden quasi Stellvertreterkrieg auf afrikanischem Boden, der bis dato für diverse nichtafrikanische Interessen herhalten muss und musste.

Von der ursprünglichen 322 Mann starken Besatzung der SMS Königsberg kehrten nach Ende des Krieges nur 32 Mann mit dem Rest der deutschen Kolonialtruppe aus Deutsch-Ostafrika nach Deutschland zurück.

Zur SMS Königsberg:

S.M.S. Königsberg (1905) – deutsche-schutzgebiete.de
SMS KOENIGSBERG – Todeskampf im Rufiji Delta

engl. Video mit allen drei erhaltenen Kanonen: 
sms konigsberg the battle of rufiji delta – YouTube

 

Auch zur Geschichte:

105 Jahre Versenkung SMS Cöln – eine Tragödie zur See 1914 – (nordhessen-journal.de)
„Allen voran!“ – Die SMS SEYDLITZ: eine deutsche Schlachtschifflegende – (nordhessen-journal.de)
Der deutsche Flugzeugträger GRAF ZEPPELIN – (nordhessen-journal.de)
Unbekannte wollten Feuerschiff versenken – Spender gesucht! – (nordhessen-journal.de)
Der Schatz im Edersee: ein Königstiger – (nordhessen-journal.de)

Spenden werden gesucht:
Marine-Ehrenmal in Laboe muss saniert werden – (nordhessen-journal.de)
Marine-Ehrenmal in Laboe: Künstler Dierk Osterloh unterstützt die Sanierung – (nordhessen-journal.de)

 

 

Und wie immer auch ein Blick aus der Geschichte nach vorn, da jeder Krieg Opfer hat…:

Keiner bleibt allein: Bund Deutscher EinsatzVeteranen e.V. – (nordhessen-journal.de)

Als Interessenverband für alle Einsatzveteranen ist der Bund Deutscher Einsatzveteranen e.V. (HIER). Er ist Ansprechpartner und Anlaufstelle für alle Kameraden, die Hilfe brauchen. Es wird jedem, sofort und  professionell geholfen werden, der durch seinen Dienst für die Bundesrepublik Deutschland zu Schaden kam.

Wir bitten unsere Leser um Spenden für die gute Sache und hoffen auf breite Unterstützung für die Kameraden!

Spendenformular HIER

Flyer des Vereins: BDV_InfoBroschuere_Febr_2020

Es werden auch noch ehrenamtliche Helfer und Unterstützer gesucht! Jede Unterstützung ist willkommen!

 

 

 

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