Die MT Melsungen erwischte ohne den erkrankten Regisseur Lasse Mikkelsen einen guten Start und lag nach knapp neun Minuten mit 6:1 in Front. Den einzigen Treffer der Gastgeber hatte bis dahin Marian Michalczik per Strafwurf erzielt. In den folgenden zehn Minuten aber schlichen sich gehäuft Fehler ins Angriffsspiel der Nordhessen ein, die die Gastgeber immer wieder zu einfachen Toren nutzen konnten. Beim 10:10 (22.) war alles wieder offen. Dank einiger guter Szenen – unter anderem von Danner und Maric am Kreis – gelang der MT eine Zwei-Tore-Führung zum Halbzeitpfiff (13:15). Im zweite Durchgang blieb es lange beim engem Spielverlauf, in dem die Rotweißen den Gegner aber meist mit zwei, drei Toren auf Distanz halten konnte. Spannend wurde es dann doch noch einmal kurz vor Schluss – nicht zuletzt dank des erst in der zweiten Halbzeit hereingekommenen Christoffer Rambo. Der Norweger traf sechs Mal und ließ 138 Sekunden vor dem Abpfiff mit dem Ausgleich zum 27:27 die Hausherren wieder hoffen. Weil anschließend aber Tobias Reichmann die Nerven an der Siebenmeterlinie behielt und Domagoj Pavlovic die nun offene Mindener Deckung düpierte, wurde die MT ihrer Favoritenrolle gerecht und nahm beim 25:27 beide Punkte verdientermaßen mit nach Nordhessen. Beste Torschützen vor 2.314 Zuschauern in der Mindener Kampa Halle waren Christoffer Rambo (6) und Marian Michalczik (6/2) für die Gastgeber und Kai Häfner (9) für die MT. Am Samstag, also nur 48 Stunden nach dem Abpfiff in Ostwestfalen, empfängt das Grimm-Team den griechischen Meister Olympiacos Piräus zum EHF Cup-Hinspiel in der Kasseler Rothenbach-Halle (19:00 Uhr – es gibt noch Karten).
Erster Angriff, erster Treffer nach exakt 39 Sekunden durch Julius Kühn – ein perfekter Auftakt der MT Melsungen in das Match dieses 13. Spieltages bei GWD Minden. Bei dem Gegner also, den die MT traditionell als “unangenehm zu spielen” einstuft. Die Hausherren antworteten zwar kurz darauf mit einem durch Marian Michalczik verwandelten Strafwurf, aber das schmerzte die Gäste, die ohne ihren Regisseur Lasse Mikkelsen (Mittelohrentzündung) angereist waren, nur kurzzeitig.
Das zeigte der anschließende fast makellose 5:0-Lauf, bei dem je zweimal Kai Häfner und Michael Allendorf und einmal Julius Kühn zum 1:6 (9. Min.) vollstreckten. Nur “fast makellos” deshalb, weil es bei optimaler Chancenverwertung sogar 1:8 hätte heißen können. Aber Nebojsa Simic hatte mit seinem Wurfversuch übers ganze Spielfeld Pech und verfehlte knapp des verwaiste Mindener Gehäuse, danach scheiterte Tobias Reichmann von der Strafwurflinie aus an Espen Christensen.
Dann berappelten sich die Grünweißen. Erst in Person von Christoph Reissky, der aus dem Rückraum erfolgreich war. Danach trafen Kevin Gulliksen per Gegenstoß und Marian Michalczik ebenfalls aus 6 Metern – jeweils nach vorangegangenen Fehlpässen von Julius Kühn. So stand es plötzlich 4:6 (12.). MT-Trainer Heiko Grimm verordnete darauf hin dem Rückraumspieler eine Verschnaufpause und schickte Roman Sidorowicz auf die Platte. Wofür sich der Schweizer prompt mit dem Tor zum 4:7 bedankte.
In der Folge nahm jedoch die Fehlerquote auf Seiten der MT – meist Abspiele, die keinen Empfänger fanden – wieder zu und eröffneten den Hausherren leichte Torgelegenheiten. So hefteten sich die Mindener dank Kreisläufer Lucas Meister, Linksaußen Mats Korte und Halbrechts Savvas Savvas nun noch dichter an die Fersen der MT. Und als Roman Sidorowicz ein Fehlpass unterlief, nutze Korte per Tempogegenstoß die Gelegenheit, um zum ersten Mal nach dem 1:1 wieder auszugleichen (10:10, 22.).
Grund genug für MT-Trainer Heiko Grimm, seine Schützlinge per Timeout neu zu instruieren. Die SKY-Mikrofone übertrugen seine Ansprache (“Jetzt wird es hektisch, wir kriegen nur Tore durch Undiszipliniertheiten”), die mit der Vorgabe konkreter Spielzüge endete. Die Spieler hatten verstanden und stellten innerhalb von nur drei Minuten über Tore allesamt aus der Nahwurfzone (Allendorf, Reichmann, Maric) wieder einen kleinen Vorsprung her (10:13, 25.). Zum Zunge schnalzen übrigens war das Anspiel von Häfner auf Maric, indem der den Ball kompliziert um zwei Abwehrspieler herum zum Kreisläufer gedreht hatte. Kurz darauf verdiente sich Maric selbst eine Bestnote, als er zwei Gegner per Blitzdrehung nach einer Finte aussteigen ließ. Damit besiegelte der Kroate gleichzeitig den 13:15-Hlabzeitstand.
Den zweiten Durchgang begann die MT in derselben Besetzung, wie zum Start. Das heißt erneut mit Allendorf, Kühn, Pavlovic, Häfner, Reichmann, Maric und im Tor Simic. Für die Abwehr kamen jeweils Danner und Lemke. Dennoch gehörten der erste Treffer nach Wiederanpfiff den Ostwestfalen, Michalczik verkürzte zum 14:15. Was aber blitzschnell (nach nur 12 Sekunden!) von Allendorf mit dem 14:16 quittiert wurde.
Wie wertvoll Kai Häfner für die MT ist, zeigte der Halbrechte, der eigentlich schon seit Wochen auf konstant hohem Niveau spielt, in der Folge mit zwei herrlichen Toren: Erst lässt er den Gegner mit einem starken Eins-gegen-Eins aussteigen, um dann einen Angriff später per Sprungwurf einzunetzen. Der führte zum 15:19 und so war nach knapp 37 gespielten Minuten aus Sicht der Nordhessen wieder alles im Grünen Bereich.
Warum sie diesen Vorsprung nicht halten oder gar ausbauen konnten und es mit fortschreitender Spieldauer immer knapper wurde, die Gastgeber sogar wieder ausgleichen konnten, lag in erster Linie an einem Mindener, den keiner so richtig auf dem Zettel zu haben schien. Christoffer Rambo, in Halbzeit 1 noch gar nicht auf dem Spielfeld, trumpfte kurz nach seiner Einwechslung groß auf. Zunächst kaufte ihm zwar Simic seinen ersten geworfenen Ball ab, aber dann kam der Norweger und zwar gewaltig. Mit Würfen, für die er eigentlich einen Waffenschein gebraucht hätte. Vorwiegend von seiner Stammposition im rechten Rückraum hämmerte er die Bälle an den jeweiligen Abwehrspielern – egal ob Kühn oder Maric – unhaltbar für Simic ins Netz. Das sollte dem zwei Meter großen Linkshänder zwischen der 41. und 58. Minute gleich sechs Mal gelingen. Dabei hätte die MT gewarnt sein müssen, da der Blondschopf beim letzten Auftritt den Nordhessen in der vergangenen Saison an gleicher Stelle gar 11 Mal eingeschenkt hatte. Was damals übrigens in einer 27:32-Niederlage mündete. Sollte sich Geschichte also wiederholen?
Aus MT-Sicht zum Glück diesmal nicht. Denn selbst als das Spiel beim 27:27 zwei Minuten und 18 Sekunden vor dem Abpfiff auf des Messers Schneide stand – natürlich durch Rambo als Schütze des Ausgleichstores – behielt das Grimm-Team die Nerven. Erst in Person von Tobias Reichmann, der von der Siebenmeterlinie aus Espen Christensen keine Chance ließ. Und dann bei noch 11 zu spielenden Sekunden und inzwischen als Manndeckung formierter Mindener Abwehr durch Domagoj Pavlovic. Der zweikampfstarke Kroate überlief seinen Gegner und stellte die Anzeigentafel mit dem 27:29 endgültig auf Sieg. Der übrigens absolut in Ordnung geht, da die MT den Gastgeber kein einziges Mal in Führung gehen ließ und auch auf knappste Spielstände jeweils Antworten zu geben wusste.
Mit diesem Sieg sind die Nordhessen nach zwei Niederlagen rechtzeitig vor dem Auftritt auf europäischer Bühne in die Erfolgsspur zurückgekehrt. Nun sollen am Samstag in Kassel – also nur 48 Stunden nach dem Auftritt in Minden – gegen den griechischen Meister Olympiacos Piräus die Weichen für einen erfolgreichen Auftakt in den EHF Cup gestellt werden.
Heiko Grimm: Ohne respektlos sein zu wollen muss ich sagen, dass wir heute die deutlich bessere Mannschaft waren, da wir das Spiel fast über die gesamte Zeit kontrolliert haben. Es war ein sehr gute Leistung der Mannschaft, auch wenn uns derzeit etwas die Leichtigkeit fehlt. Minden hat teilweise offensiv agiert, zudem musste durch den Ausfall von Lasse Mikkelsen Domagoj Pavlovic durchspielen. So passieren einfach auch Fehler – erst recht, wenn es auf dem Spielfeld hektisch wird. Letztendlich sind wir sehr froh, heute dieses schwere Auswärtsspiel gewonnen zu haben und das meiner Meinung nach völlig verdient. Jetzt werden wir uns einen Tag lang regenerieren und dann gezielt auf den Start in den Europapokal vorbereiten.
GWD Minden – MT Melsungen 27:29 (13:15)
GWD: Christensen (1. – 26. Min., ab 47. Min.; 1 Tor, 8 Paraden / 14 Gegentore), Semisch (26. – 47. Min.; 2 P. / 11 GT) – Meister 5, Kranzmann, Nowatzki, Savvas 1, Rambo 6, Korte 3, Padshyvalau, Strakeljahn, Gullerud, Michalczik 6/2, Staar, Reissky 2, Gulliksen 3 – Trainer Frank Carstens.
MT: Simic (1. – 60. Min.; 11 Paraden / 25 Gegentore), Sjöstrand (n.e.) – Maric 2, Kühn 4, Lemke 1, Reichmann 4/1, Ignatow, Kunkel, Danner 2, Schneider, Allendorf 4, Sidorowicz 1, Häfner 9, Salger, Pavlovic 2, Gruber – Trainer Heiko Grimm.
Schiedsrichter: Jannik Otto (Syke-Barrien) / Raphael Piper (Kiel)
Zeitstrafen: 6 – 4 Min. (Meister, Gullerud, Michalczik – Reichmann, Pavlovic)
Strafwürfe: 2/3 – 1/3 (Savvas wirft über das Tor 24. Min. – Reichmann scheitert an Christensen, 8. Min., Allendorf scheitert an Christensen, 55. Min.)
Zuschauer: 2.314, Kampa Halle, Minden
Das nächste Spiel:
Sa, 16.11.19, 19:00 Uhr, EHF Cup: MT Melsungen – Olympiacos Piräus (GRE), Rothenbach-Halle Kassel
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