Waffenkontrollen in Bus und Bahn – Sicherheit nur fürs Schaufenster?

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Polizeieinsatz in Darmstadt sorgt für Empörung: Kontrolle im ÖPNV, während die Messerangriffe explodieren

Darmstadt, 26. Juni 2025 – Wer an diesem Morgen mit dem Bus oder der Straßenbahn unterwegs war, staunte nicht schlecht: Fahrgäste wurden von der Polizei zum Aussteigen aufgefordert, teilweise eingekesselt, rundum abgesichert von 20 bis 30 Beamten. Der offizielle Anlass: Waffenkontrollen im öffentlichen Nahverkehr. Die Wirkung? Einschüchternd. Die Botschaft? Undurchsichtig. Die Kritik? Berechtigt.


Generalverdacht auf Rädern

Die Kontrolle in Darmstadt war keine punktuelle Maßnahme gegen eine konkrete Bedrohung, sondern eine breit angelegte Aktion, die nach außen hin vor allem eines zeigen sollte: Präsenz. Dass man dabei sämtliche Fahrgäste kollektiv unter Verdacht stellte, wirkt wie eine Machtdemonstration, nicht wie zielgerichtete Gefahrenabwehr. Der Aufruf „Bitte alle aussteigen“ entpuppte sich als Synonym für: „Bitte alle verdächtig sein.“

Dabei stellt sich eine zentrale Frage: Warum in den Bussen – und nicht dort, wo reale Probleme auftreten? Wer Darmstadt kennt, weiß, dass etwa der Marienplatz, der Luisenplatz oder die Umgebung des Hauptbahnhofs deutlich eher für Zwischenfälle prädestiniert sind. Doch dort wäre die Polizei womöglich mit echten Risiken konfrontiert – in der Straßenbahn ist es einfacher.


Show-Polizeiarbeit statt echter Sicherheit

Was hier stattfand, war kein gezielter Zugriff auf eine Bedrohungslage – es war eine symbolische Geste. Ein Signal der Kontrolle, das in der Praxis keine nachhaltige Wirkung entfalten wird. Oder wie man es auch formulieren könnte: Polizeiarbeit mit der Streukartusche statt mit dem Zielfernrohr.

Während man also lieber Alltagsbürger mit Rucksack kontrolliert, explodiert andernorts die reale Gewalt.


Messerinzidenz: Die bittere Wahrheit

Seit dem 23. Juli 2024 wurden über 260 Messerangriffe im Rhein-Main-Gebiet bekannt – wohlgemerkt: Nur die, die den Weg in eine Pressemitteilung der Polizei gefunden haben. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen. Doch die wird die Öffentlichkeit kaum je erfahren, denn sie wäre vermutlich ein politischer Sprengsatz.

https://messerinzidenz.de/reports

Stattdessen gibt es Schaufensteraktionen wie in Darmstadt, die vor allem eines tun: Verunsichern, statt schützen. Wer morgens auf dem Weg zur Arbeit von einem Dutzend Beamten in Uniform flankiert und visuell abgeklopft wird, spürt keine Sicherheit – sondern Kontrollverlust.


Vertrauen kostet, was Vertrauen kostet

Diese Form der Polizeiarbeit ist gefährlich – nicht weil sie übergriffig ist (was sie ist), sondern weil sie langfristig das Vertrauen in den Rechtsstaat untergräbt. Wer mit Aktionismus Nebelkerzen wirft, verpasst die echten Probleme: Migration, Sozialbrennpunkte, Clankriminalität, Drogenhandel. Und vor allem: die wachsende Bereitschaft zur Gewalt im öffentlichen Raum.

Die Kontrollen in Darmstadt suggerieren eine Sicherheit, die nicht existiert – und lenken von einer Eskalation ab, die viele Bürger längst täglich spüren: Straßen, Plätze, Parks – die Gefahr liegt längst nicht mehr nur in Taschen.


Fazit: Gut gemeint, schlecht gemacht

Die Polizei hat das Recht, Gefahren abzuwehren. Aber sie hat auch die Pflicht, mit Augenmaß, Verhältnismäßigkeit und Respekt vor der Bevölkerung zu handeln.

Man muss keine Omas nach Waffen durchsuchen, die Delinquenz ist verschwindend niedrig.

Die Aktion in Darmstadt war genau das Gegenteil davon: eine gut inszenierte Sicherheitsillusion – mit hohem Kollateralschaden für das Vertrauen in die Ordnungsmacht.


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