Eigentlich müsste der 7. Oktober 1571 ein weltweiter Gedenktag der Christenheit sein. Immerhin trifft sich der italienische Adel seit diesem Tag Jahr für Jahr zum Gebet im Vatikan. In Venedig war dieser Tag einer der höchsten Feiertage schlechthin. Es war der Tag, an dem die Christenheit in Gestalt der „Heiligen Liga“ die Vormachtstellung der Osmanen zur See gebrochen und den Vormarsch aufgehalten hatte.
Die Seeschlacht von Lepanto fand im Ionischen Meer vor dem Eingang zum Golf von Patras bei Lepanto im heutigen Griechenland statt. Die christlichen Mittelmeermächte, organisiert unter Papst Pius V., mit Spanien an der Spitze, errangen hier einen überraschenden Sieg über das aufstrebende und stark expandierende Osmanische Reich.
Oberbefehlshaber auf der Seite der Heiligen Liga von 1571 war Don Juan de Austria, auf osmanischer Seite Kaptan-ı Derya (Großadmiral) Ali Pascha, der in der Schlacht fiel.
Sie gilt irrtümlich weithin als die Seeschlacht mit den meisten Gefallenen an einem Tag und besiegelte auch das Ende der Galeeren.
Die größten Verluste einer mit Galeeren (Ruderschiffen) ausgetragenen Seeschlacht war bei Ecnomus zwischen Römern und Karthagern 256 v. Chr. Mit weit über 100.000 Toten.
Vorgeschichte der Schlacht
1570 wurde die von der Republik Venedig kontrollierte Insel Zypern durch die Osmanen unter Piyale Pascha und Lala Kara Mustafa Pascha erobert. Unter dem Eindruck dieses Ereignisses suchten die christlichen Mächte auf Vermittlung des Papstes Pius V. die direkte Konfrontation mit dem Osmanischen Reich im östlichen Mittelmeer. Am 1. August 1571 war die letzte venezianische Garnison von Famagusta nach viermonatiger Belagerung an die Türken gefallen, die den unnachgiebigen Kommandanten Marcantonio Bragadin grausam hinrichteten. Seine Hinrichtung wurde in ganz Europa als Gräueltat propagandistisch ausgeschlachtet, was die Einigkeit der ansonsten zerstrittenen europäischen Fürsten förderte.
Letztlich war es diese Uneinigkeit der Christenheit, die den Aufstieg der Osmanen begünstigt hatte und schon 1453 die Eroberung von Byzanz und dem oströmischen Kaiserreich überhaupt erst möglich gemacht hatte.
Von Juli bis Mitte September 1571 versammelte sich die Flotte der christlichen Liga unter dem Oberbefehl von Don Juan d’Austria im Hafen von Messina. Von insgesamt 213 Schiffen stellten die Venezianer mit 105 Galeeren und 6 Galeassen das größte Kontingent. Hierbei waren die Galeassen als Geheimwaffe und Superschlachtschiffe anzusehen.
Anders als Galeeren, die nur im Bug geradeaus feuernde Geschütze hatten, waren Galeassen auch mit schweren Breitseitengeschütze armiert, die auf einem separaten Geschützdeck oberhalb des Ruderdecks bewaffnet waren. So konnten sie das Feuer auch auf passierende oder seitlich stehende Gegner eröffnen und um sich herum eine Killzone schaffen, in der normale Galeeren nicht operieren konnten.
Dazu kam, dass Galeassen so auch weit höher aus dem Wasser aufragten, was Entermanöver, die Hauptkampftaktik der Galeeren nach dem Rammen, unmöglich machte.
Diese kleine, aber wichtige Neuerung, wurde zum ausschlaggebenden Grund für den Sieg.
Diese Schiffe waren unter allerhöchster Geheimhaltung im ohnehin abgeschotteten Arsenal von Venedig gebaut worden.
Das Kräfteverhältnis
Im Jahr 1571 umfasste die gesamte osmanische Kriegsflotte ca. 500–600 Galeeren mit mehr als 150.000 Mann Besatzung.
Der Kapudan Pascha (Befehlshabende Admiral) im westlichen Meer, Müezzinzade Ali begann sofort mit Plünderungszügen gegen befestigte venezianische Stützpunkte im Ionischen Meer. Ein starkes Geschwader stieß im September sogar nach Zara vor.
Nach dem gemeldeten Anmarsch der christlichen Flotte zog sich die osmanische Flotte über die Bucht von Naupaktos in den Golf zurück und versammelte 255 Galeeren und Galeoten, mit rund 80.000 Mann Besatzung (davon 34.000 Soldaten) an Bord.
Am westlichen Eingang des Golfs von Patras, zwischen der Insel Oxia und Kap Skropha passierte die christliche Flotte und wurde dann von der osmanischen Flotte, welche in der Nacht des 6. Oktober Lepanto (Naupaktos) verlassen hatte, zum Kampf gestellt.
Die Schlacht wurde südlich der ehemaligen Insel Koutsilaris vor dem Eingang zum Golf von Patras ausgetragen.
Die Schiffe der Heiligen Liga formierten sich bei der kleinen Insel Oxia, um von dort die gegnerische Flotte in geplanter Schlachtordnung anzugreifen.
Der Verlauf der Seeschlacht
Am Morgen des 16. September lief die christliche Flotte aus und umrundete am 24. September den Stiefelabsatz von Apulien.
Am Morgen des 7. Oktober 1571 steuerten die beiden Flotten bei ruhiger See und klarer Sicht aufeinander zu. Don Juan de Austria, auf der Galeere La Real („Die Königliche“), führte 206 Galeeren in die Schlacht. Ihm unterstanden 40.000 Matrosen und Ruderer sowie 28.000 Soldaten. Die meisten Galeeren verfügten über eine große Kanone am Bug und vier kleinere, flankierende Geschütze. Die Flotte des Sultans war noch größer: Insgesamt zählte sie 255 Galeeren mit Kanonen sowie 18 zumeist kleinere Schiffe.
Generalissimus Don Juan organisierte die christliche Flotte in eine parallel laufende mehrere Kilometer breite Schlachtlinie. Im Zentrum der christlichen Linie standen 64 Galeeren unter Don Juan. Das Flaggschiff La Real war beidseitig flankiert von den Galeeren des venezianischen Vizekommandeurs Sebastiano Venier und dem päpstlichen Admiral Marcantonio Colonna. Dieser Verband galt auch als Leibwache für den Oberbefehlshaber, der in seiner goldenen Rüstung für Freund und Feind gut zu erkennen war.
Weitere spanische Unterführer in der Mitte waren Gil d`Andrada und Sancho de Leyva.
Am linken nördlichen Flügel der an Kap Skropha anlehnte, führten die Venezianer 53 Galeeren unter dem Oberbefehl des Provveditore Agostino Barbarigo, sowie Antonio Canale und Marco Querini als Führer der linken und rechten Flanke.
Der rechte Flügel unter Giovanni Andrea Doria, 54 Galeeren stark, konnte bei der Eröffnung der Schlacht nicht schnell genug formiert werden. Die Vorhut des sizilianischen Geschwaders unter Juan de Cardona y Requesens zog sich daher zurück und schloss die beim Formieren entstandene Lücke zwischen den Zentrum und dem nach Süden verlängerten Flügel unter Doria.
Hinter der Front wurde ein viertes Geschwader unter dem Befehl des Marques de Santa Cruz, bestehend aus 38 Galeeren, als Reserve platziert.
Die Front war somit in ihrer Gesamtheit in drei Hauptabschnitte aufgeteilt: einen südlichen, einen mittleren sowie einen nördlichen Abschnitt. Das entsprach einer klassischen Schlachtordnung für Galeeren.
Die sechs großen venezianischen Galeassen wurden im Norden und in der Mitte eingesetzt. Sie waren ein wichtiger Grund für den Sieg der Heiligen Liga, da sie mit ihren Kanonen Geschosse größeren Kalibers abfeuern konnten und wegen der hohen Bordwand nur äußerst schwer zu entern und zu kapern waren. Bestückt waren sie nicht nur am Bug mit neun größeren Kanonen, sondern – im Gegensatz zu den Galeeren – auch mit Geschützen an den Schiffsseiten. Dadurch waren sie im Nahkampf fähig, auch Schiffe, die zum Entern längsseits gingen, zu beschießen.
Müezzinzade Ali Pascha, der Oberbefehlshaber der Türken, hatte seine Schiffe ebenfalls in drei Geschwader und eine Reserveeinheit aufgeteilt. Seine Schlachtreihe war mehr als 1000 Meter länger als die der Christen. Das Zentrum befehligte Ali Pascha selbst, ebenso wie Don Juan de Austria das der Heiligen Liga.
Den rechten Flügel kommandierte Ali Şuluk Reis, später im Westen bekannter als Mehmed Sirocco und den linken Flügel führte der Vizebefehlshaber der osmanischen Flotte, Uludsch Ali Pascha.
Um 9.30 Uhr, nach dem Gottesdienst für die Flotte, ließ Don Juan an Bord seines Flaggschiffes Real eine Signalkanone abfeuern. Ali Pascha antwortete von Bord seines Flaggschiffes Sultana in gleicher Weise. Daraufhin begann die Schlacht. Eine Schlacht ohne Ankündigung zu beginnen und ohne dass beide Seiten bereit waren, galt auf beiden Seiten als unehrenhaft.
Um 10.00 Uhr kam leichter Westwind auf, und beide Nordflügel bewegten sich vorwärts.
Um 10.20 Uhr bezogen zwei Galeassen vor dem zentralen christlichen Geschwader Stellung, was bei den Osmanen Unverständnis hervorrief. Es war ein an Selbstmord grenzendes Manöver sich von Freunden isoliert vor die eigenen Reihen zu postieren.
Was die Osmanen nicht wussten war, dass alle passierende Galeeren unter das vernichtende Breitseitenfeuer der schweren venezianischen Geschütze der Galeeren gerieten und deren Ruderdecks verheerten.
Die so beschossenen Galeeren scherten aus, blockierten die Angriffswege eigener Folgekräfte und brachten die osmanische Schlachtordnung durcheinander. Hinderte sie so am Rammen der christlichen Schiffe.
Um 10.30 Uhr eröffneten zwei weitere venezianische Galeassen, vor dem Nordflügel liegend, das Feuer. Bereits mit dem dritten Schuss versenkten sie eine türkische Galeere. Die vernichtende Feuerkraft der Galeassen schlug tiefe Breschen in die feindliche Schlachtordnung.
Im Zentrum und besonders am Nordflügel kamen viele türkische Galeeren vom Kurs ab, ihre Ruderer waren entweder verwundet oder tot.
Um 10.40 Uhr prallten die Geschwader am Nordflügel aufeinander und die Galeeren verhakten sich ineinander. Die meisten christlichen Soldaten waren gepanzert und mit Arkebusen bewaffnet, schweren Schusswaffen, deren Bleikugeln sogar starke Rüstungen durchschlagen konnten. Die meisten türkischen Soldaten kämpften hingegen noch mit Pfeil und Bogen.
Da der enge Golf keinen Platz für raumgreifende Manöver ließ, wurde im Grunde ohne Strategie oder Taktik im Nahkampf, Schiff gegen Schiff und Mann gegen Mann, gekämpft.
Die ineinander verkeilten schiffe bildeten so zusammenhängende Plattformen, auf denen Kompaniestarke Kontingente einzelne Schiffe freikämpften um dann zum nächsten Schiff hinüberzuklettern.
Um 11.00 Uhr kreisten fünf türkische Galeeren das venezianische Flaggschiff ein, und türkische Soldaten enterten das Flaggschiff der Republik Venedig, die San Marco.
Admiral Barbarigo, der das Visier seines Helms geöffnet hatte, um sich besser Gehör zu verschaffen, wurde, von einem türkischen Pfeil ins rechte Auge getroffen und tödlich verletzt.
Als die Türken den feindlichen Befehlshaber fallen sahen, verstärkten die Türken ihren Sturm auf die Galeere. Nur mit größter Mühe konnten die Venezianer ihr Schiff halten, bis ihnen eine Galeere aus dem Reservegeschwader zu Hilfe kam.
Entlang der gesamten Schlachtlinie tobte der Kampf erbittert weiter, bis es der Liga nach und nach gelang, die türkischen Galeeren gegen die nahen Klippen zu drängen. Viele Türken sprangen daraufhin von Bord und versuchten, schwimmend das Land zu erreichen.
Zur gleichen Zeit befahl Ali Pascha, mit der Sultana direkten Kurs auf Don Juans Flaggschiff La Real zu nehmen. Innerhalb kürzester Zeit drängten sich in diesem Treffen über 30 Galeeren auf engstem Raum aneinander.
Die Elitekrieger des Sultans, die Janitscharen, kämpften an vorderster Front gegen die Leibtruppen Don Juans.
Don Juan selbst wurde bei der Abwehr der Entertruppen am Bein verletzt. Seine Leibwachen zogen ihn aus dem Kampfgetümmel und brachten ihn in Sicherheit.
Der venezianische Vizekommandeur, Sebastiano Venier, selbst erst kurz zuvor von Don Juan de Austria degradiert, eilte dem Oberkommandierenden zu Hilfe. Hunderte Kämpfer waren nun in einen blutigen Nahkampf verwickelt. Den Spaniern gelang es, die Türken zurückzudrängen.
Als es auf Messers Schneide stand, wurden die Rudersklaven, allesamt verurteilte Verbrecher und Kriegsgefangene, mit dem Versprechen auf Begnadigung und Freilassung bewaffnet und in den Kampf geworfen. Die so motivierten hunderten Rudersklaven sollen „wie kreischende Teufel“ über die völlig überraschten Türken hergefallen sein. Ihr Einsatz gab den Ausschlag und rettete nicht nur das Flaggschiff der Heiligen Liga vor dem sicheren Untergang., sondern ermöglichte den Gegenangriff.
Erste Truppen enterten nun ihrerseits die Sultana. Ali Pascha wurde von einer Kugel in die Stirn getroffen. Daraufhin erlahmte der Widerstandswille seiner Truppen, und die Sultana wurde erobert. Ali Paschas Kopf wurde abgeschlagen und weithin sichtbar hochgehalten.
Ein Geschwader des türkischen Südflügels versuchte noch, dem Zentrum zur Hilfe zu kommen, aber es war zu spät. Um 13.20 Uhr waren im Zentrum der Schlachtlinie alle türkischen Galeeren erobert oder versenkt worden, und unzählige Soldaten des Sultans waren gefallen. Der Gegner völlig demoralisiert.
Am Südflügel hatte sich die Lage zwischenzeitlich zum Vorteil der Türken entwickelt. Hier war es Uludsch Ali gelungen, die ihm gegenüber stehenden Verbände der Heiligen Liga nach und nach aufzureiben.
Seine kampferprobten Männer konnten die dortigen christlichen Streitkräfte, hauptsächlich die gefürchteten Malteserritter, in die Defensive drängen und schließlich das Flaggschiff der Malteser erobern.
Der Oberbefehlshaber der Malteserflotte wurde dabei getötet, ebenso wie viele weitere Ritter des Malteserordens, für die eine Kapitulation nicht in Betracht kam. Sie wurden fast vollkommen ausgelöscht.
Don Juan erhielt Nachricht von der kritischen Situation am Südflügel und ließ umgehend einen großen Verband auf auf die Gefahr zuschwenken, um eine Umklammerung der Mitte auszuschließen.
Als Uludsch Ali dies sah, war ihm klar, dass die Schlacht verloren war. Um nicht eingeschlossen zu werden, gab er den Befehl zum Durchbruch durch die Reihen des Gegners. Mit etwa 30 Schiffen gelang es ihm, sich abzusetzen und mit seinem Verband um die Peloponnes herum nach Konstantinopel zu segeln, wo er dem Sultan Selim II. die erbeutete große Kriegsflagge des Malteserordens übergab.
Er erhielt vom Sultan den Ehrennamen „Kilic“ (Schwert) und war daraufhin als Kilic Ali Pascha bekannt.
Nach fünfeinhalb Stunden Kampf war die Schlacht für die Heilige Liga gewonnen. 117 feindliche Galeeren waren erbeutet, mehr als 30.000 gegnerische Soldaten getötet worden. 8000 Tote, allein 4800 davon aus Venedig, und etwa 8000 Verwundete zählten die Verbündeten. Die Heilige Liga verlor nur 13 ihrer Schiffe. Die osmanische Flotte setzte 30 ihrer Schiffe selbst auf Grund, über 60 weitere wurden versenkt.
12.000 christliche Rudersklaven wurden aus den eroberten Galeeren befreit. Damit war der Nimbus der Unbesiegbarkeit der osmanischen Mittelmeerflotte gebrochen.
Die Folgen der Seeschlacht
Der Sieg der Heiligen Liga war für das christliche Europa psychologisch sehr wichtig, konnte aber nicht ausgenutzt werden, da kein ausreichendes Landheer zur Verfügung stand. Auch hatte das bestehende Landheer als Seesoldaten eingesetzt bei Lepanto starke Verluste erlitten.
Die Schlacht hatte insofern große Bedeutung, als mit diesem Sieg der Mythos der unbesiegbaren Osmanen gebrochen war. Der Sieg wurde daher erst glorifiziert und später zunehmend mystifiziert.
Zum ersten Jahrestag der muslimischen Niederlage am 7. Oktober 1571 wurde 1572 das Rosenkranzfest eingeführt, um die Fürsprache der Jungfrau Maria während der Schlacht zu unterstreichen. Der Tag des Sieges bleibt bis heute der katholische Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Sieg, später in Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz umbenannt.
Die Venezianer wollten Konstantinopel direkt angreifen, um die aktuelle Schwäche des Feindes auszunutzen. Doch Philipp II. von Spanien wollte von einer Entscheidungsschlacht gegen die Türken nichts wissen.
Im Mai 1572 starb Pius V., der energischste Verfechter und Rückhalt des Bündnisses. Damit zerbrach die Allianz endgültig.
Venedig stand nun wieder allein dem osmanischen Großreich gegenüber. Nun suchte man, auch aus Angst vor einem Rachefeldzug der Türken und in Hinblick auf die gegenseitige Abhängigkeit in Handelsfragen, einen Ausgleich mit der Hohen Pforte, dem osmanischen Hof in Istambul (ehemals Byzanz).
Die osmanische Flotte hatte schon binnen Jahresfrist ihre Verluste ausgeglichen, baute über 150 neue Kriegsgaleeren und verfügte damit wieder insgesamt wieder über 250 Galeeren. Ebenso ließ der neue Oberbefehlshaber der Flotte über 20.000 Arkebusen anfertigen, deren Bedeutung für den Seekrieg sträflich unterschätzt worden waren.
Der Großwesir Sokollu Mehmed Pascha zeigte sich von der Niederlage unbeeindruckt, als er dem venezianischen Botschafter in Konstantinopel blumig den Unterschied zwischen „Eurer“ und „unserer“ Niederlage diktierte:
Indem wir Euch das Königreich Zypern entrissen haben, haben wir Euch einen Arm abgetrennt. Indem Ihr unsere Flotte besiegt habt, habt Ihr uns nur den Bart abrasiert. Der Arm wächst nicht wieder nach, aber der Bart wächst nun umso dichter.
Bereits 1574 eroberten die Osmanen Tunis. Dennoch war der osmanische Traum von einer Weltmacht zur See mit der Niederlage von Lepanto zerstört.
Der Verlust der meisten erfahrenen Kommandeure, Kapitäne und Seeleute auf türkischer Seite konnte für viele Jahre nicht kompensiert werden.
Das osmanische Reich, eine Landmacht, das sich auf die Seestreitkräfte von Verbündeten und unterworfenen Völkern stützen musste, konnte diese Verluste nicht zeitnah ausgleichen und war über Jahrzehnte im Seekrieg eingeschränkt.
Venedig schloss bereits im März 1573 einen Separatfrieden mit dem Sultan. Um die alten Privilegien im Levantehandel zu sichern, machten die Venezianer trotz des Sieges von Lepanto weitreichende Zugeständnisse. Die Republik ließ alle türkischen Gefangenen ohne Lösegeldzahlung frei und zahlte dem Sultan eine stattliche Kriegsentschädigung. Zypern blieb türkisch.
Die Schlacht vor Lepanto führte zu einer Bereinigung der Einflusssphären im Mittelmeer. Die Osmanen beschränkten sich danach auf die Sicherung ihrer Vormachtstellung im östlichen Teil, während spanische, maltesische und italienische Flotten das westliche Mittelmeer unter sich aufteilten – allerdings bis ins frühe 19. Jahrhundert bedroht von den Korsaren (Piraten) der Barbareskenstaaten in Nordafrika, die aus den dortigen osmanischen Provinzen hervorgingen.
Der osmanische Versuch die verhassten Malteserritter auf Malta zu schlagen misslang schon 1565 kläglich und die Eroberung der Kriegsflagge des Ritterordens galt in Istambul als Rache.
1683 wurde dann die Expansion des osmanischen Reiches vor Wien gestoppt, während die sog. Türkenkriege weitergingen und den Balkan zum Dauerschlachtfeld machten, auf dem Prinz Eugen von Savoyen und andere Ruhm ernteten.
Das Verhältnis zwischen den Völkern dort – einschließlich Griechenlands, das nach dem Fall von Byzanz unter osmanischer Vorherrschaft kam – und zur heutigen Türkei als „Erbe“ und Nachfolgestaat des osmanischen Reiches ist daher bis dato belastet.
Der Seesieg von Lepanto hatte auch noch andere Folgen. Seit der Antike waren immer wieder große Kriegsflotten gebaut und versenkt worden. Zigtausende von Schiffen waren aus Holz gebaut worden, das an den Küsten des Mittelmeeres wuchs. Einst bewaldete Inseln und Landstriche wurden kahlgeschlagen. Sizilien, Libanon, Sardinien, Südspanien und Südfrankreich genauso wie Nordafrika oder die Türkei.
Das hat das Klima des Mittelmeerraumes über fast 3500 Jahre nachhaltig und wirklich menschengemacht verändert.
Pro Schiff waren mehrere hundert Bäume erforderlich. Und deren Rümpfe waren schnell durch Bohrwürmer und Schwämme unbrauchbar, da der Schutz durch Kupferplatten noch nicht bekannt war. Daher mussten die Schiffe zusätzlich noch dauernd mit frischem Holz ausgebessert werden.
Venedig baute daher, auch um Kosten zu sparen, vorfabrizierte Schiffsteile, die trocken im Arsenal gelagert und standardisiert gebaut, einen schnellen Flottenaufwuchs ermöglichte, ohne eine bestehende schwimmende Flotte ständig warten und ausbessern zu müssen.
Technisch bedeutete die Schlacht eine Wende im Kriegsschiffbau. Die schnelle und wenige Galeere mit nach vorn gerichteter Hauptarmierung war Geschichte. Sie war schlicht im Breitseitenfeuer der venezianischen Galeassen überholt worden.
Spanien baute daher auch, unter besonderer Berücksichtigung der transatlantischen Besitzungen, die großen und hochseetüchtigen Galeonen mit bis zu siebzig Breitseitengeschützen.
England, unter Königin Elizabeth, beraten von Sir Francis Drake und anderen, eine kleinere Variante der Galeone, die schneller und wendiger sowie mit wenigen aber schwereren weitreichenderen Geschützen armiert war. Einer Technik, die die Armada 1588 im Kanal besiegen konnte.
Die für diese Geschütze nötige Herstellungstechnik, stahlen englische Spione aus Norditalien, wo man diese Kanonen nun in größerer Anzahl zu gießen begann.
Marinetechnisch machte Lepanto aber auch klar, dass Seegefechte nicht mehr als Schlachten auf ineinander verkeilten Schiffen zu gewinnen waren, auf denen Landtruppen Seesoldaten spielten. England schuf die Seesoldaten aus denen Jahrhunderte später dann die Marines hervorgingen.
Seeschlachten wurden als Linearfechte geführt, die der niederländische Admiral de Ruyter erfand und perfektionierte, in der sich passierende Schiffsflotten in Breitseitengefechten zusetzten.
So hat die inzwischen vergessene Seeschlacht von Lepanto zahlreiche Auswirkungen auf unsere Geschichte bis hin zu unserem heutigen Leben gehabt.
Sie war die osmanische Seeschlacht von Salamis (480 v.Chr.). Ein Wendepunkt der Geschichte, der ein christliches Europa weiterbestehen ließ. Ein Europa, das nahe daran war von den Osmanen überrannt zu werden, weil es uneins und in Partikularinteressen zerstritten war. So dem osmanischen Ansturm scheibchenweise zum Opfer fiel.
Sic semper tyrannis!
Videos: HIER
P.S. als Fußnote der Literaturgeschichte:
Der Dichter des „Don Quijote“, Cervantes, hat die Schlacht von Lepanto schwer verletzt überlebt…
Quellen: Wiki, Osprey, History Channel und “Die Schlacht von Lepanto 1571″
Wilde, Sina. – München : GRIN Verlag, 2020, 1. Auflage
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