20.04.2018
Berlin (Reuters) – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat ein Gesetzespaket zur Entlastung der gesetzlich Krankenversicherten auf den Weg gebracht.
Diese sollen insgesamt sieben Milliarden Euro weniger zahlen müssen, weil sich die Arbeitgeber wie im Koalitionsvertrag vereinbart ab dem 1. Januar an der Finanzierung der Zusatzbeiträge zur Hälfte beteiligen. Bei einem Bruttoeinkommen von 3000 Euro mache die Entlastung 15 Euro netto im Monat aus, rechnete Spahn vor. Der CDU-Politiker geht mit dem Gesetz über die Verabredungen zwischen Union und SPD hinaus: Er will die 112 Kassen zur Absenkung ihrer Zusatzbeiträge zwingen.
Der am Freitag an die anderen Ministerien verschickte Gesetzentwurf sieht vor, dass die Finanzreserven der Kassen die Ausgaben eines Monats nicht mehr überschreiten dürfen. Rechnet man alle Kassen zusammen, haben sich laut Ministerium über eine Monatsausgabe hinaus rund 4,4 Milliarden Euro angesammelt. Dies betrifft 68 Kassen mit rund 35 Millionen Versicherten. Mit dem Geld könnten die Zusatzbeiträge im Schnitt um 0,3 Prozentpunkte gesenkt werden. Konkret sollen die Kassen verpflichtet werden, die überschüssigen Beitragseinnahmen über einen Zeitraum von drei Jahren abzubauen. Passiert das nicht, müssen sie die Beiträge an den Gesundheitsfonds abführen.
Würden die Kassen ihre Rücklagen auf eine Monatsausgabe senken, verfügten sie laut Ministerium immer noch über das Vierfache der bislang vorgeschriebenen Reserve. Spahn betonte, die Kassen sollten auch künftig Rücklagen für schlechtere Zeiten haben. “Aber sie sollen nicht übermäßig Geld horten, denn es ist das Geld der Beitragszahler.”
Der Zusatzbeitrag beträgt im Schnitt 1,0 Prozent des Bruttoeinkommens und wird allein von den Mitgliedern getragen. Von der Rückkehr zur paritätischen Finanzierung gehe ein “klares Signal der Entlastung” aus, sagte Spahn. Der allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Hälfte zahlen, bleibt unverändert.
ENTLASTUNG AUCH FÜR SELBSTSTÄNDIGE
Das Gesetz soll zudem 600.000 Kleinunternehmer helfen, die sich laut Spahn den Mindestbeitrag in der gesetzlichen Versicherung oft nicht leisten können. Für diese Selbstständigen soll der Beitrag zum 1. Januar auf 171 Euro halbiert werden. Der Minister sagte, es sei ihm ein großes Anliegen, die Menschen, die unternehmerisch ein Risiko eingegangen seien, zu entlasten.
Das Gesetz soll Ende Mai vom Kabinett beraten und laut Spahn schnell ins Parlament eingebracht werden. Als weitere Pakete hat er ein Sofortprogramm in der Pflege und ein Gesetz gegen lange Wartezeiten beim Arzt angekündigt.
Bei den Krankenkassen stößt der Entwurf auf Kritik. Der Ersatzkassenverband VDEK begrüßte zwar, dass durch die Rückkehr zur Parität die Versicherten die Kosten für den medizinischen Fortschritt nicht mehr allein tragen sollten. Bevor jedoch Eingriffe in die Beitragssatzgestaltung vorgenommen würden, müssten die Kosten der Reformen der Koalition seriös abgeschätzt werden. Zudem müsse es eine Reform des Finanzausgleichs der Kassen geben.
Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch
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