Der transatlantische Beichtstuhl – Sigmar, der Getreue

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Eine ziemlich satirische Betrachtung

Es gibt Geschichten, die so hanebüchen sind, dass man sie Hollywood nicht mal als Billig-Drehbuch verkaufen könnte. Und dann gibt es Sigmar Gabriel – eine Tragikomödie auf zwei Beinen, ein wandelnder Widerspruch mit SPD-Parteibuch, dem moralischen Kompass eines Lobbyregisters und der inneren Überzeugung einer Plastikpflanze.

Einst trat er an mit großen Worten: Dem deutschen Volk dienen. Schaden von ihm abwenden. Es war wohl eine dieser Phrasen, die man mit dem kleinen Zeh unterschreibt, während man mit der rechten Hand schon mal bei der Atlantik-Brücke anklopft. Denn heute – lange nach seinen aktiven Tagen im Außenministerium – schwingt sich ausgerechnet dieser politische Wiederverwertungskünstler zur moralischen Instanz auf. Der Mann, der in der Politik alles war außer Bundeskanzler (und das wohl auch nur, weil er beim Bewerbungsgespräch „Selbstachtung“ als Fremdwort buchstabierte), belehrt nun die SPD über Verirrungen, wenn sie sich erdreistet, über Gespräche mit Russland nachzudenken.

Gespräche, versteht sich – nicht Waffenlieferungen oder Panzerparaden. Gespräche. Im Sinne von Diplomatie. Für Gabriel offenbar ein gefährliches Teufelszeug. Man hätte fast erwartet, dass er sich beim nächsten Interview als Sprecher des Pentagon outet oder ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ich ♥ Lockheed Martin“ trägt.

Dass Sigmar mittlerweile Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) ist, macht die Sache nicht besser. Diese Organisation ist inzwischen so glaubwürdig wie ein Diätclub, der von Nutella gesponsert wird. Dass dort ausgerechnet ein Mann das Sagen hat, der nach dem Ministeramt mehr Lobbyhüte aufhatte als ein Karnevalsverein, ist nur die Pointe in einer politischen Schmierenkomödie, die man sich nicht ausdenken könnte.

Und als wäre das nicht schon traurig genug: Während Herr Gabriel sich auf Talkshow-Couches fläzt und Russland-Verständnis als Irrweg geißelt, kassiert er brav weiter Pension vom deutschen Volk – jenem Volk, dem er einst verpflichtet war. Aber Prinzipien sind wie Wahlversprechen: leicht gesagt, schnell vergessen.

Seine Aussagen zum SPD-Russlandpapier? Man fühlt sich an den Pförtner erinnert, der den Vorstand entlässt, weil ihm der Dresscode nicht gefällt. Dass ausgerechnet Sigmar “Ich-brauche-einen-neuen-Nebenjob” Gabriel anderen Verirrungen vorwirft, ist, als würde ein Taxifahrer mit fünf Promille über rücksichtslose Fahrradfahrer schimpfen.

Aber vielleicht tut man ihm unrecht. Vielleicht glaubt er wirklich an das, was er sagt. Vielleicht hat er sich so oft im Spiegel gesehen, dass er mittlerweile selbst denkt, er sei eine Instanz. Eine Art Über-Ich der SPD, gewachsen auf dem Komposthaufen vergessener Ideale.

Man sollte sich merken: Wer den Amerikanern mit solcher Inbrunst dient, dass selbst George W. Bush vor Rührung weinen würde, hat im Zweifel wenig Raum für echten deutschen Interessen. Und wer wie Gabriel anderen eine “Verirrung” vorwirft, sollte sich fragen, ob er nicht längst im politischen Bermuda-Dreieck aus Pensionsgier, Lobbyliebe und moralischer Flexibilität verschollen ist.


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