Kassel. Auf dem Nordfriedhof im Stadtteil Fasanenhof wurde zwischen dem 24. und 25. Juni ein dreister Diebstahl begangen: Unbekannte Täter haben großflächig die Kupferverkleidung vom Dach der Friedhofskapelle entfernt und entwendet. Der materielle Schaden beläuft sich laut Polizei auf rund 30.000 Euro. Doch der eigentliche Schaden geht weit darüber hinaus.
Ein Friedhof ist kein beliebiges Gelände. Es ist ein Ort der Stille, des Gedenkens, ein Raum, in dem Menschen trauern, innehalten und ihre Verstorbenen ehren. Wer sich an einem solchen Ort vergreift, handelt nicht nur kriminell, sondern auch ohne jedes Gespür für das, was diesen Ort ausmacht. Der Diebstahl von Kupfer mag ökonomisch lukrativ sein – aber er ist auch ein Akt der Respektlosigkeit gegenüber unserer Kultur, unseren Werten und letztlich auch gegenüber den Angehörigen der Verstorbenen.
Dass sich Kriminelle inzwischen nicht einmal mehr von Friedhöfen abschrecken lassen, ist kein gutes Zeichen. Es zeigt, wie verroht und abgeklärt manche Täter mittlerweile agieren. Dabei war der Diebstahl offenkundig vorbereitet. Die Täter kamen nicht zufällig vorbei – sie wussten, was sie wollten. Und sie nahmen in Kauf, dass sie mit ihrer Tat auch emotionale Wunden bei den Menschen hinterlassen, die diesen Ort aufsuchen.
Die Polizei ermittelt, doch die Erfahrung zeigt: Solche Fälle werden selten aufgeklärt, die Beute wandert meist schnell ins Ausland oder in undurchsichtige Schrott- und Metallhandelswege. Die Täter verschwinden im Dunkel der Nacht – und am Ende bleibt eine Gemeinde zurück, die für Reparaturen zahlen muss, während das Gefühl von Sicherheit und Anstand weiter erodiert.
Man darf sich deshalb durchaus fragen: Wer begeht so eine Tat? Wer hat weder Respekt vor dem Tod noch vor religiösen Symbolen oder gesellschaftlichen Normen? Die Täter mögen unbekannt sein – ihre Haltung ist es nicht. Sie ist Ausdruck eines zunehmenden Werteverfalls, der nicht ignoriert werden sollte.
Die Hoffnung bleibt, dass aufmerksame Bürgerinnen und Bürger zur Aufklärung beitragen. Wer etwas beobachtet hat – insbesondere zwei Fahrzeuge (ein blauer VW Polo und ein größeres schwarzes Auto), die am Dienstagabend zwischen 20:30 Uhr und 21:30 Uhr in der Nähe des Felsenkellers gesehen wurden – möge sich bitte an das Polizeipräsidium Nordhessen unter der Nummer 0561-9100 wenden.