
Die Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland hat in den letzten Monaten an Intensität gewonnen. Vertreter der CSU, wie Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, fordern aufgrund der veränderten Bedrohungslage eine Reaktivierung der Wehrpflicht noch in diesem Jahr. Hahn betonte, dass die Aussetzung der Wehrpflicht nicht mehr zur aktuellen Gefährdungslage passe und Deutschland eine glaubwürdige Abschreckung durch wehrwillige und wehrpflichtige Staatsbürger in Uniform benötige. bild.de
Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und die Wehrpflicht
Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) bestimmt: “Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.” Dieser allgemeine Gleichheitssatz verpflichtet den Staat, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.
Die Einführung oder Wiedereinführung der Wehrpflicht muss daher mit diesem Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang stehen.de.wikipedia.org+2gesetze-im-internet.de+2de.wikipedia.org+2de.wikipedia.org
Historisch gesehen war die Wehrpflicht in Deutschland ausschließlich Männern vorbehalten, basierend auf Artikel 12a GG, der die Dienstpflichten regelt.
Diese geschlechtsspezifische Differenzierung wurde vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß angesehen, da Artikel 12a GG und Artikel 3 GG denselben Verfassungsrang besitzen.
Somit stellt die Wehrpflicht nur für Männer eine verfassungsrechtliche Bereichsausnahme zum Gleichbehandlungsgrundsatz dar. verfassungsblog.de+1de.wikipedia.org+1

Dennoch wird in der aktuellen Debatte diskutiert, ob eine ausschließliche Wehrpflicht für Männer noch zeitgemäß ist oder ob sie gegen das Diskriminierungsverbot des Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG verstößt, der eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts untersagt.
Einige Stimmen in der Literatur argumentieren, dass eine geschlechtsneutrale Wehrpflicht eingeführt werden sollte, um der Gleichberechtigung gerecht zu werden.
Eine solche Änderung würde jedoch eine Verfassungsänderung erfordern.
Einziehung aller jungen Menschen und mögliche Auslandseinsätze

Die Forderung nach Wiedereinführung der Wehrpflicht wirft die Frage auf, ob alle jungen Menschen zum Wehrdienst herangezogen werden sollen.
In der Praxis war es jedoch stets so, dass nicht alle Wehrpflichtigen eines Jahrgangs eingezogen wurden.
Aufgrund begrenzter Ressourcen und spezifischer Anforderungen der Bundeswehr erfolgte eine Auswahl der Einzuberufenden nach bestimmten Kriterien.
Dies führte in der Vergangenheit zu Diskussionen über die sogenannte Wehrgerechtigkeit, also die faire und gleichmäßige Belastung aller Wehrpflichtigen. bundesverfassungsgericht.de
Bezüglich der Frage, ob Wehrpflichtige künftig in Auslandseinsätze, beispielsweise in die Ukraine, entsendet werden könnten, ist festzuhalten, dass der Einsatz von Wehrpflichtigen im Ausland rechtlich und politisch sensibel ist.
Traditionell wurden Wehrpflichtige hauptsächlich für die Landesverteidigung eingesetzt, während Auslandseinsätze freiwilligen Soldaten vorbehalten waren. Eine Änderung dieser Praxis würde erhebliche rechtliche Anpassungen und politische Debatten erfordern.
Aktuelle politische Positionen und Umsetzbarkeit

Während die CSU eine schnelle Wiedereinführung der Wehrpflicht fordert, gibt es innerhalb der Bundesregierung unterschiedliche Positionen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius lehnt eine schnelle Reaktivierung der Wehrpflicht ab und betont, dass die Bundeswehr derzeit nicht über die notwendigen Kapazitäten verfügt, um alle Wehrpflichtigen eines Jahrgangs aufzunehmen.
Er verweist darauf, dass es wichtiger sei, denjenigen eine Perspektive zu bieten, die freiwillig zur Bundeswehr möchten. welt.de+2dbwv.de+2mdr.de+2
Zudem betonen Experten, dass die Wiedereinführung der Wehrpflicht nicht “über Nacht” erfolgen kann.
Es bedarf umfangreicher Vorbereitungen, infrastruktureller Anpassungen und einer sorgfältigen Planung, um eine solche strukturelle Veränderung im Verteidigungssystem umzusetzen. mdr.de

Fazit
Die Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland ist komplex und berührt verfassungsrechtliche, gesellschaftliche und sicherheitspolitische Aspekte. Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 Absatz 1 GG spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob eine geschlechtsneutrale Wehrpflicht eingeführt werden sollte. Die praktische Umsetzung einer solchen Maßnahme erfordert jedoch sorgfältige Planung und breite politische sowie gesellschaftliche Zustimmung.
Aktuelle Debatte zur Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland
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