Digitale Preisschilder halten immer stärker Einzug in den deutschen Einzelhandel. Was zunächst futuristisch klingt, ist technisch längst möglich – und für viele Unternehmen inzwischen wirtschaftlich sinnvoll. Doch was bedeutet diese Entwicklung konkret? Wer profitiert wirklich davon? Und droht dem Verbraucher nun ein wildes Preiskarussell wie an der Tankstelle?
Was sind digitale Preisschilder überhaupt?
Digitale Preisschilder – auch ESLs („Electronic Shelf Labels“) genannt – sind kleine Displays, meist auf E-Ink-Basis, die herkömmliche Papieretiketten im Regal ersetzen. Sie werden zentral über ein System gesteuert und lassen sich in Sekundenschnelle aktualisieren – theoretisch mehrmals täglich, vollautomatisch und in Echtzeit.
Wer profitiert davon?
Der Handel – und zwar kräftig
Für Supermärkte, Drogerieketten oder Elektronikmärkte sind digitale Preisschilder ein Segen:
- Personalersparnis: Kein Mitarbeiter muss mehr mühsam Papieretiketten austauschen.
- Flexibilität: Preise lassen sich dynamisch anpassen – je nach Tageszeit, Nachfrage oder Konkurrenzlage.
- Fehlerreduktion: Preisänderungen erfolgen automatisiert und systemeinheitlich, was falsche Auszeichnungen minimiert.
- Reaktion in Echtzeit: Bei Sonderaktionen, Lieferengpässen oder Abverkaufsstrategien kann schnell reagiert werden.
Die Hersteller
Auch Lieferanten und Marken profitieren: Wer etwa Marketingaktionen mit dem Handel koordiniert, kann nun blitzschnell Sonderpreise, Rabattaktionen oder Produktinformationen anzeigen lassen – ohne Wochen Vorlauf.
Was bedeutet das für die Kunden?
Mehr Transparenz?
In der Theorie: ja. Kunden könnten tagesaktuelle Preise, Lagerbestände oder QR-Codes für Zusatzinfos am Regal sehen. In der Praxis zeigt sich aber: Der eigentliche Fokus liegt oft auf Preisanpassung – nicht auf Kundennutzen.
Preise wie an der Tanke?
Hier wird es brisant. Denn mit digitaler Infrastruktur ist eine Preispolitik möglich, die sich am Kundenstrom orientiert – Stichwort dynamische Preisgestaltung. Morgens der Butterpreis noch bei 1,69 €, am Nachmittag – wenn alle Feierabend machen – plötzlich 1,99 €? Technisch kein Problem mehr.
Verbraucherschutzverbände schlagen bereits Alarm
Denn was in der Mobilitätspolitik längst Alltag ist (Tankstellenpreise ändern sich im Minutentakt), könnte nun auch im Supermarkt Wirklichkeit werden – nur leiser, versteckter und für Kunden oft schwer nachvollziehbar.
Beispiel-Szenarien aus der Praxis
- Restposten gegen Abend günstiger? Gut möglich – Supermärkte könnten so weniger wegwerfen.
- Regen = Regenschirm teurer? Wenn Algorithmen mit Wetterdaten gekoppelt sind, ist auch das denkbar.
- Samstags teurere Grillkohle? Je mehr Nachfrage, desto höher der Preis? Willkommen im Zeitalter der „Peak Pricing“-Strategien.
Fazit: Fortschritt mit Haken
Die Einführung digitaler Preisschilder ist technologisch faszinierend – aber sie birgt auch Tücken. Für Händler ist es ein Effizienzgewinn. Für Verbraucher ein zweischneidiges Schwert: Einerseits könnten Informationen schneller und aktueller bereitstehen, andererseits droht ein Preiskarussell, bei dem man kaum noch durchblickt.
Die Preisgestaltung könnte so dynamisch werden wie der Aktienmarkt – bloß ohne Börsenticker im Regal. Und das Gefühl, beim Einkauf systematisch ausgetrickst zu werden, dürfte nicht lange auf sich warten lassen.
Was bleibt?
Wer künftig auf Schnäppchenjagd geht, sollte eines wissen: Der Preis von heute kann morgen schon Geschichte sein. Und wer meint, mittags sei der Käse noch günstig, erlebt womöglich am Abend sein blaues Wunder.
Digitale Preisschilder: Willkommen im Supermarkt der Zukunft. Aber zieh besser vorher den Preisvergleich – und zwar schnell.
Bildnachweis: KI-Bild von ChatGPT 4.0