Ein Kommentar zur schleichenden Selbstentkernung der Sozialdemokratie
Die SPD ist nicht mehr zu retten. Diese Aussage mag hart klingen, aber sie ist überfällig. Was sich derzeit an der Parteispitze abspielt, ist nicht der Versuch einer Erneuerung, sondern das hektische Auswechseln der Totengräber. Nach dem grandiosen Versagen von Saskia Esken und Matthias Miersch drängt sich die Frage auf: Ist das noch eine politische Bewegung – oder nur noch ein trauriger Verwaltungsakt historischer Bedeutungslosigkeit?
Der tiefe Fall der Genossen
Einst stellte die SPD Kanzler, arbeitete sich durch Krisen, strukturierte das Land mit – jetzt wirkt sie wie ein abgewrackter Tanker ohne Kompass, der von Personalwechsel zu Personalwechsel taumelt, ohne auch nur ansatzweise die See zu verstehen, auf der er fährt. Das Wahlergebnis von 16,4 % im Jahr 2025 ist kein Ausrutscher – es ist das Echo jahrzehntelanger Realitätsverweigerung, innerer Widersprüche und ideologischer Selbstverirrung.
Saskia Esken, von Anfang an umstritten, trat mit viel Pathos an, mit einer Agenda für „mehr soziale Gerechtigkeit“. Am Ende hinterlässt sie ein Trümmerfeld – sowohl programmatisch als auch personell. Ihr Rückzug zum Bundesparteitag kommt zu spät, um noch als Größe zu erscheinen. Es ist kein Schritt zur Erneuerung – es ist das Eingeständnis des Scheiterns.
Lars Klingbeil – vom Antifa-Sympathisanten zum Königsmacher
Und dann wäre da Lars Klingbeil – ein Name, der inzwischen mehr für taktisches Netzwerken als für politische Substanz steht. Der ehemalige Generalsekretär, der seine Karriere nicht zuletzt mit wohlklingenden Worthülsen wie „digitale Gesellschaft“ flankierte, übernimmt nun mit eiserner Hand die Führung. In der neuen Regierung Merz sitzt er plötzlich als Vizekanzler und Finanzminister. Da reibt sich so mancher Wähler verwundert die Augen: Die SPD in einer konservativ geführten Regierung – und ihr Chef als Steigbügelhalter?
Ein ehemaliger Antifa-naher Funktionär, der sich nun als Staatsmann in Maßanzügen inszeniert. Klingbeil steht exemplarisch für die politische Beliebigkeit, die der SPD das Genick bricht: Statt Haltung gibt’s Taktik. Statt Opposition gegen die Union gibt’s Koalition mit ihr. Statt linkem Aufbruch nur der nächste taktische Kniff zur eigenen Karriereförderung. Wer solche Parteiführer hat, braucht keine politischen Gegner mehr.
Bärbel Bas – Hoffnungsträgerin oder tragische Figur?
Und dann wird auch noch Bärbel Bas ins Spiel gebracht – als neue Co-Vorsitzende. Sie, die im Bundestag oft für eine ruhige Hand und soziale Themen stand, soll nun das linke Gewissen der Partei retten. Doch realistisch betrachtet wird sie kaum mehr als das Feigenblatt in Klingbeils Schattenregierung sein. Eine Frau, auf die die Partei ihre moralischen Restbestände projiziert, während hinter ihr schon die nächsten Seilschaften an den Strippen ziehen.
Bas ist beliebt bei den sozialdemokratischen Stammwählern – nur gibt es von denen nicht mehr viele. Und selbst sie dürften bald erkennen, dass es ihr nicht gelingen wird, gegen den übermächtigen Apparatschik Klingbeil und seine Kamarilla anzuregieren. Die SPD ist längst nicht mehr in einem Machtkampf zwischen linkem und rechtem Flügel – sie ist ein Machtapparat ohne Flügel. Ohne Richtung. Ohne Antrieb.
Einheitspartei mit nostalgischer Fassade
Die Sozialdemokratie ist nicht mehr links, nicht mehr sozial, nicht mehr demokratisch in dem Sinne, dass innerparteiliche Debatten zu konkreter Programmatik führen würden. Stattdessen herrscht ein Clubdenken, eine Clique von Berufspolitikern, die sich in Ämtern rotieren, während draußen das Wählervolk längst andere Wege geht – zu BSW, CDU, Grünen oder gleich in die Resignation.
Inhaltlich wirkt die SPD inzwischen wie die Pressestelle der Grünen oder das Ideenarchiv der Union. Das „C“ in CDU steht längst klarer für die Soziale Marktwirtschaft als das „S“ in SPD für Sozialdemokratie. Der Markenkern ist verwaschen, das Programm ein Flickenteppich aus Placebo-Versprechen und moralinsaurer Besserwisserei.
Was bleibt? Die Illusion der Erneuerung
Wer glaubt, dass mit dem Duo Klingbeil/Bas die große Wende gelingt, der glaubt auch noch, dass Peer Steinbrück ein Kanzlerkandidat aus Leidenschaft war. Die Realität ist eine andere: Die SPD zerfällt schleichend – ideologisch, personell und gesellschaftlich. Sie hat den Bezug zu ihrer Klientel verloren und ersetzt ihn durch Diversity-Gebrabbel und Berlin-Mitte-Kompatibilität.
Was bleibt, ist ein harter Kern von Funktionären, die sich gegenseitig bestätigen, wie wichtig sie seien – während draußen keiner mehr zuhört. Die Partei, die einst für Fortschritt stand, für soziale Aufstiegschancen, für echte politische Repräsentanz der kleinen Leute, hat sich selbst überlebt.
Fazit: Die SPD ist keine Volkspartei mehr – sie ist ein Auslaufmodell, das krampfhaft versucht, im Museum des politischen Betriebs noch eine Nische zu finden. Die Personalrochaden sind keine Lösung, sondern das Symptom eines tieferliegenden Problems: Eine Partei, die sich selbst nicht mehr versteht, kann auch von den Menschen nicht mehr verstanden werden.