Stadt Kassel legt Bodenschutzbericht vor – Blick auf erfolgreiche Nachsorge, Ausblick auf verstärkte Vorsorge

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Die Stadt Kassel hat in den vergangenen Jahren intensiv und kontinuierlich einen nachsorgenden Bodenschutz betrieben und setzt verstärkt auf vorsorgenden Bodenschutz – so die Essenz aus der Fortschreibung des Bodenschutzberichts, der am 11. November 2021 im Ausschuss für Klima, Umwelt und Energie vorgestellt wurde.

Der nachsorgende Bodenschutz umfasst alle Maßnahmen, die erforderlich werden, nachdem es zu einer Untergrundverunreinigung gekommen ist. „Nachsorgender Bodenschutz ist dabei immer auch vorsorgender Grundwasserschutz,“ so Roswitha Wischler, Leiterin der Unteren Wasser- und Bodenschutzbehörde beim Umwelt- und Gartenamt.

Neben der Bearbeitung von Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen wie Heizöl oder Lösemitteln wurden ehemalig gewerblich oder industriell genutzte Flächen ebenso wie Altablagerungen (alte Deponien) untersucht und hinsichtlich ihres Gefährdungspotentials für die Natur bewertet. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse konnte z.B. für die Goetheanlage der Altlastverdacht aufgehoben werden, hier besteht keinerlei Risiko für die aktuelle Nutzung. Andere Projekte wie z.B. die Altablagerung auf dem Gelände des Kleingartenvereins Fackelteich bedürfen einer Sanierung und befinden sich derzeit in Bearbeitung.

Als Grundlage für den nachsorgenden Bodenschutz sind aktuelle grundstücksbezogene Informationen zu Risikoflächen von essentieller Bedeutung. Nur anhand aktueller Daten können Verdachtsflächen gezielt untersucht werden bzw. fundierte und verlässliche Altlastenauskünfte an Kaufinteressierte oder Bauwillige erteilt werden. „In diesem Bereich der Datenvalidierung war Kassel vorbildlich aktiv“, so Dr. Anja Starick, Leiterin des Umwelt- und Gartenamtes. „Die Stadt gehört zu den wenigen hessischen Kommunen, die ihrer Pflicht der Datenaktualisierung und -übermittlung gegenüber dem Hessischen Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie regelmäßig nachkommt.“

Neben dem nachsorgenden Bodenschutz beleuchtet der Bericht den verstärkt in den Fokus rückenden vorsorgenden Bodenschutz. Ziel des vorsorgenden Bodenschutzes ist, schädliche Auswirkungen auf den Boden im Vorhinein zu vermeiden bzw. zu minimieren. Umweltdezernent Christof Nolda beschreibt die Böden als eine unserer wesentlichen Existenzgrundlagen, gleichwertig zu Wasser und Luft. „Boden ist Lebensraum für Mensch, Tier- und Pflanzenwelt. Hinzu kommt die sehr vielfältige, wenngleich nicht sichtbare Welt der Bodenorganismen. Boden ist Filter bzw. Puffer zum Schutz des Grundwassers und der Gewässer. Damit hat der Boden an sich auch eine wichtige Klimaschutzfunktion“, so Nolda. „Dabei sind Böden fragil und, einmal zerstört, kaum wieder reparabel. Wir müssen den Schutz unserer Böden mit dem gleichen Nachdruck verfolgen, wie wir das bereits beim Gewässer-, Arten- und Biotop- sowie Immissionsschutz seit Jahrzehnten gewohnt sind.“

Der Bericht zeigt dabei auch das Spannungsfeld zwischen berechtigten Siedlungs- und Wirtschaftsinteressen und dem sorgsamen Umgang mit der endlichen Ressource Boden auf. „Offen und kritisch haben wir Bebauungsplanverfahren hinsichtlich des vorsorgenden Bodenschutzes hinterfragt. Es bleibt weiter Luft nach oben, wir sehen aber zunehmend gut gelungene Beispiele, in denen eine Neubebauung auf Flächen mit weniger hochwertigen Böden gelenkt wurde, Flächen entsiegelt oder auch recycelt wurden. Dabei muss auch klar sein, dass sich Zielkonflikte bspw. zwischen Wohnungsbau und Bodenschutz nicht komplett vermeiden lassen werden“, sagt Christof Nolda.

Auch wenn die konkreten Regelwerke im Bereich vorsorgenden Bodenschutz bundesweit weiterhin Entwicklungsbedarf haben, ist die Stadt Kassel bereits jetzt aktiv dabei, Aspekte des vorsorgenden Bodenschutzes bei Entscheidungsprozessen und in Planungsverfahren stärker zu berücksichtigen. Der Bericht zeigt verschiedene Möglichkeiten für einen aktiven vorsorgenden Bodenschutz auf. Beispiele sind ein Monitoring der Flächeninanspruchnahme, die Einführung einer bodenkundlichen Baubegleitung, die bodenbezogene Kompensation von Eingriffen und die verbindliche Festlegung einer Obergrenze für die jährliche Flächeninanspruchnahme.

Letzteres ist vor allem gemeinsam mit den umliegenden Gemeinden auf Zweckverbandsebene sinnvoll. Nolda: „Die Stadt Kassel hat zum einen die Aufgabe, für Bodenschutz im Stadtgebiet zu sorgen. Der Bericht macht noch einmal deutlich, wie elementar der Grundsatz ‚Innen- vor Außenentwicklung‘ ist. Klar ist aber auch, dass wir über Boden und Flächenversiegelung im regionalen Kontext sprechen müssen. Eine Baulücke in gut erschlossenen Gebieten zu schließen, zieht weitaus weniger neue Infrastruktur und Neuversiegelung nach sich als Neubauten in Außenbereichen oder der grünen Wiese, wo die Bodenqualität ohnehin in der Regel höher ist.“

Abschließend ruft Umweltdezernent Nolda Bürgerinnen und Bürger auf, im eigenen Wirkungskreis schonend mit dem Schutzgut Boden umzugehen. „Erhalten Sie die vielfältige Leistungsfähigkeit des Bodens. Denken Sie über die Entsiegelung versiegelter Flächen – zu denen auch Schottergärten gehören – nach und leisten Sie so einen Beitrag zur Artenvielfalt, zum Klima- und Bodenschutz“.

 

documenta-Stadt Kassel


 

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